Arbeitgeber muss Freizeitausgleich bei Freistellung regeln
Nach der Kündigung erfolgt in der Praxis häufig eine bezahlte Freistellung des Mitarbeiters. Der Arbeitgeber verzichtet damit auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers. Aus Arbeitgebersicht ist es sinnvoll, die Freistellung bereits im Kündigungsschreiben ausdrücklich "unter Anrechnung etwaiger Resturlaubs- und Freizeitausgleichsansprüche" zu erklären. Spätestens wenn die Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich vereinbart wird, sollte beides explizit geregelt werden, wie die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zeigt. Wird dies versäumt - vorliegend fehlte eine Regelung zum Freizeitausgleich - kommt der Arbeitgeber nicht umhin die Überstunden, die der Mitarbeiter auf einem Arbeitszeitkonto angesammelt hat, abzugelten.
Vergleich: Freistellungsvereinbarung ohne Ausgleichsklausel
Im konkreten Fall wehrte sich eine Sekretärin vor Gericht gegen ihre fristlose Kündigung. In dem Kündigungsschutzprozess einigten sich die Parteien im November 2016 auf einen gerichtlichen Vergleich. Das Arbeitsverhältnis sollte danach Ende Januar 2017 durch ordentliche Arbeitgeberkündigung enden. Zudem wurde vereinbart, dass der Arbeitgeber die Mitarbeiterin bis zu diesem Zeitpunkt "unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der vereinbarten Vergütung freistellt". In diesem Zeitraum sollte auch der Resturlaub ausgeglichen werden. Eine allgemeine Abgeltungs- beziehungsweise Ausgleichsklausel wurde in den Vergleich nicht aufgenommen.
Klage auf Abgeltung von Zeitguthaben
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte die ehemalige Sekretärin vom Arbeitgeber die Abgeltung ihrer Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto. Dies verzeichnete insgesamt 67,10 Gutstunden, vor Gericht forderte die Arbeitnehmerin 1.317,28 Euro brutto nebst Zinsen. Dies lehnte der Arbeitgeber ab. Nach seiner Auffassung seien die Überstunden gemäß dem Vergleich durch die bezahlte Freistellung ausgeglichen worden.
BAG: Arbeitgeber muss Überstunden abgelten
Nachdem das LAG Hamm einen solchen Anspruch abgelehnt hatte, führt die Revision vor dem BAG zu einem Erfolg für die Arbeitnehmerin. Die Klausel, dass der Arbeitnehmer unwiderruflich von der Arbeitspflicht befreit ist, regelt nicht ausreichend, dass damit Überstunden abgegolten sind, entschied das Bundesarbeitsgericht.
In der Begründung hieß es, dass der Arbeitgeber bei Ende des Arbeitsverhältnisses die Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto des Arbeitnehmers in Geld abgelten müsse. Vorausgesetzt, dass das Positivsaldo auf dem Arbeitszeitkonto nicht mehr durch Freizeit ausgeglichen werden könne.
Freistellung zur Erfüllung des Freizeitausgleichs?
Die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht in einem gerichtlichen Vergleich ist aus Sicht der Richter nur dann geeignet den Anspruch auf Freizeitausgleich zum Abbau von Gutstunden auf dem Arbeitszeitkonto zu erfüllen, wenn der Arbeitnehmer dies auch deutlich erkennen kann. Damit für den Arbeitnehmer deutlich werde, dass der Arbeitgeber ihn zur Erfüllung des Anspruchs auf Freizeitausgleich von der Arbeitspflicht freistellen will, brauche es eine explizite Regelung.
Arbeitszeitkonto: Keine hinreichend deutliche Regelung im Vergleich
Daran habe es vorliegend gefehlt, bemängelten die Richter. In dem gerichtlichen Vergleich sei weder ausdrücklich noch konkludent hinreichend deutlich festgehalten worden, dass die Freistellung auch dem Abbau des Arbeitszeitkontos dienen sollte und damit der Freizeitausgleichsanspruch aus dem Arbeitszeitkonto erfüllt werden solle.
Hinweis: BAG, Urteil vom 20.11.2019, Az: 5 AZR 578/18; Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil vom 19.06.2018, Az: 12 Sa 218/18
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