Fristlose Kündigung einer Theaterintendantin unwirksam
Gut ein Jahr ist es her, dass das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch sich im Streit von seiner damaligen Intendantin Adolphe Binder trennte. Die Kulturmanagerin klagte mit Erfolg: Die fristlose Kündigung sei unwirksam, hatte ein Richter des Arbeitsgerichts Wuppertal im Dezember 2018 entschieden. Nun hatte sich die nächste Instanz, das LAG Düsseldorf, mit dem Fall zu beschäftigen – und bestätigte im Kern die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Dennoch konnten nicht alle Fragen geklärt werden.
Der Fall: Fristlose Kündigung und Anfechtung des Arbeitsvertrags
Die ehemalige Intendantin war ein Jahr lang bei dem weltweit bekannten Tanztheater beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag war auf fünf Jahre befristet, wobei die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darin nicht vorgesehen war. Nach monatelangen Unstimmigkeiten zwischen den Parteien kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im Juli 2018 außerordentlich fristlos.
Begründet wurde die Kündigung damit, dass die Intendantin keinen umsetzbaren Spielplan für die folgenden Spielzeiten vorgelegt habe, sowie Mitarbeiter nicht mehr mit ihr zusammenarbeiten wollten. Darüber hinaus habe sie vor ihrer Einstellung nicht darüber informiert, dass sie – was angeblich der Fall sein soll – bei ihrem vorherigen Arbeitgeber fristlos gekündigt oder zumindest suspendiert worden sei, weshalb der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag angefochten hat.
Viele Fehler bei der fristlosen Kündigung
Die Arbeitnehmerin klagte hiergegen erfolgreich vor dem Arbeitsgericht Wuppertal. Nach Auffassung des Gerichts war die fristlose Kündigung des Arbeitsvertrags unwirksam. Im Zusammenhang mit der Erstellung des Spielplans für die kommenden Spielzeiten konnte das Arbeitsgericht keine Verletzung der vertraglichen Pflichten feststellen, die eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt hätte. Auch die Voraussetzungen einer sogenannten Druckkündigung, also die Kündigung durch den Arbeitgeber auf Verlangen Dritter, hielt das Arbeitsgericht nicht für gegeben – ebenso wie im übrigen eine wirksame Anfechtung des Arbeitsvertrags.
LAG bestätigt Urteil des Arbeitsgerichts
Diesem Ergebnis sowie in der Begründung schloss sich auch das LAG weit überwiegend an. Weil das Tanztheater im Arbeitsvertrag keine Probezeit und kein ordentliches Kündigungsrecht vereinbart hatte, blieb nur die Möglichkeit einer außerordentlich fristlosen Kündigung aus einem wichtigen Grund (§ 626 BGB). Das der Intendantin vorgeworfene, angebliche Fehlverhalten erreichte zur Überzeugung der Kammer schon nicht das für einen außerordentlichen Kündigungsgrund erforderliche Gewicht. Im Übrigen fehle die erforderliche einschlägige Abmahnung.
Soweit das Tanztheater der Klägerin einen unfertigen Spielplan vorwirft, handelt es sich weitgehend um inhaltliche Kritik. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach dem Arbeitsvertrag als Intendantin im Rahmen des zur Verfügung stehenden Etats Alleinverantwortliche für alle künstlerischen Fragen ist. Im Übrigen wurde der von der gekündigten Intendantin entworfene Spielplan 2018/2019 jedenfalls teilweise umgesetzt.
Soweit das Tanztheater der Klägerin aufgrund von Beschwerden anderer Mitarbeiter die Eignung zur Tätigkeit als Intendantin abgesprochen hat, blieben diese Vorwürfe in tatsächlicher Hinsicht substanzlos. Sie erreichen im Übrigen keineswegs das Gewicht eines fristlosen Kündigungsgrunds.
Keine wirksame Anfechtung des Arbeitsvertrags
Das LAG Düsseldorf entschied weiter, dass der Arbeitsvertrag auch nicht wirksam angefochten war. Das Tanztheater habe schon nicht ausreichend dargelegt, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Arbeitsvertrags arglistig getäuscht habe. Zudem war dem Tanztheater bereits bei Vertragsabschluss bekannt, dass es Presseberichte um angebliche Konflikte am bisherigen Arbeitsplatz der Intendantin gab. Es hatte der Intendantin sogar davon abgeraten, sich gegen diese Vorwürfe juristisch zur Wehr zu setzen. Insoweit fehlte es an ausreichendem Vortrag dazu, dass eine unterlassene Aufklärung durch die Klägerin für den Abschluss des Arbeitsvertrags kausal war.
Anschlussberufung: Einigung bei offener Vergütung und Weiterbeschäftigung?
Weil das Arbeitsverhältnis also weiterhin besteht, hatte das LAG jedoch lediglich per Teilurteil entschieden. Über die per Anschlussberufung geltend gemachten Ansprüche der Intendantin konnte das Gericht noch nicht entscheiden, weil noch einige Fragen offen sind. Dabei geht es um ausstehende Vergütungszahlungen aus Annahmeverzug für die Zeit nach der Kündigung, die tatsächliche Weiterbeschäftigung der Klägerin als Intendantin bis zum Abschluss des Verfahrens sowie die Entfernung von Abmahnungen.
In diesem Bereich versuchte das LAG eine Brücke für beide Parteien zu bauen, denn zu diesen Themen soll Ende 2019 oder Anfang 2020 verhandelt werden. Im Zuge dessen regten die Richter jedoch dringend an, die Zeit bis dahin zu nutzen, um einvernehmliche Lösung zu finden.
Hinweis: LAG Düsseldorf, Teilurteil vom 20.8.2019, Az. 8 Sa 99/19; Vorinstanz: ArbG Wuppertal, Urteil vom 13.12.2018, Az: 5 Ca 1714/18
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