Krawatte lockern oder Pullover tragen: Welcher Betriebsrat darf's regeln?
Besonders hohen oder eher niedrigeren Temperaturen begegnet man üblicherweise mit entprechender Kleidung nach dem Motto: "Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur unpassende Kleidung". Abweichungen von einer Dienstkleidungvorschrift sollten drin sein, wenn das Thermometer in geschlossenen Räumen die 30-Grad-Grenze überschreitet, oder wenn es am Arbeitsplatz nur 17 Grad ist oder weniger. Der Betriebsrat eines Gemeinschaftsbetriebs bei der Postbank mit 86 Filialen im Bereich Stuttgart dachte ebenso und erstritt vor der Einigungsstelle eine entsprechende Lockerung der Kleidungsvorschriften.
Zuständigkeit gewahrt?
Unternehmensweit gilt aber eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Unternehmenskleidung, die die Mitarbeiter zu einer im Einzelnen vorgeschriebenen Unternehmenskleidung verpflichtet. Es sind nach dieser Regelung mindestens Hemd/Bluse sowie Hose/Rock und Krawatte zu tragen. Die Arbeitgeberin erkannte im durch den Betriebsrat erstrittenen Einigungsstellenspruch zur Lockerung dieser Regelung einen Verstoß gegen die Gesamtbetriebsvereinbarung und monierte die nicht vorhandene Zuständigkeit des streitbaren Betriebsrats. Nur der Gesamtbetriebsrat könne über eine Kleidungsregelung - wie ja schon geschehen - mitbestimmen. Daneben bestehe keine Regelungszuständigkeit für einzelne Betriebsräte.
Dienstkleidung nur mit betriebsrätlicher Zustimmung
Vorgaben zu einer einheitlichen Dienstkleidung der Mitarbeiter unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats. So ist das Gesetz in § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG - "Fragen der Ordnung des Betriebs" - zu verstehen und so hat dies das Bundesarbeitsgericht zuletzt mit einem Beschluss vom 17. Januar 2012 entschieden (Aktenzeichen 1 ABR 45/10).
Keine Zuständigkeitstrennung
Das Landesarbeitsgericht erkannte jedoch keinen Anwendungsfall des sogenannten Grundsatzes der Zuständigkeitstrennung. Danach würde nur ein Gremium, also entweder der Betriebsrat, oder eben der Gesamtbetriebsrat für die Vereinbarung eines Mitbestimmungstatbestandes zuständig sein können. Hier liege der Fall anders. Der Betriebsrat habe die Lockerung der Kleidervorschriften im Rahmen seiner Zuständigkeit erstritten, der Einigungsstellenspruch gelte neben der Gesamtbetriebsvereinbarung. Es handele es sich nicht um den gleichen Mitbestimmungstatbestand, der Betriebsrat habe auch die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die unternehmensweit geltende Kleiderordnung keineswegs in Frage gestellt.
Abgeschlossen ist der Fall unter Umständen aber noch nicht, die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.10.2015, Aktenzeichen 4 TaBV 2/15
-
Wann Urlaubsverfall und Urlaubsübertragung möglich sind
8.7224
-
Entgeltfortzahlung: Wenn unterschiedliche Krankheiten aufeinander folgen
8.579
-
Zusatzurlaub bei Schwerbehinderung von Arbeitnehmenden
6.979
-
Wann müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
6.3762
-
Zulässige Differenzierung bei Inflationsausgleichsprämie
5.408
-
Urlaubsanspruch richtig berechnen
4.253
-
Wie Arbeitgeber in der Probezeit kündigen können
4.216
-
Nebenjob: Was arbeitsrechtlich erlaubt ist
3.661
-
Arbeitszeitkonto: Diese rechtlichen Vorgaben gelten für Arbeitgeber
3.311
-
Wann Arbeitnehmende einen Anspruch auf Teilzeit haben
3.2291
-
"Ethik kann helfen, die Arbeitskultur in Unternehmen zu stärken"
20.12.2024
-
Betriebsrat wegen Drogenkonsums gekündigt
19.12.2024
-
Gibt es ein Recht auf Nichterreichbarkeit im Urlaub?
18.12.20244
-
Die wichtigsten BAG-Urteile des Jahres 2024
17.12.2024
-
Unwirksame Versetzung aus dem Homeoffice
16.12.2024
-
Überstundenregelung diskriminiert Teilzeitbeschäftigte
12.12.2024
-
Keine Inflationsausgleichsprämie für Langzeiterkrankte
11.12.2024
-
Mindestlohn für Azubis erhöht sich 2025
10.12.20247
-
Urlaubsabgeltung bei fortdauernden Beschäftigungsverboten
09.12.2024
-
Beim Ehrenamt sind arbeitsrechtliche Fehleinschätzungen vorprogrammiert
05.12.2024