Noch ist die Vereinbarung einer Familienpflegezeit für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer mit einigem Aufwand verbunden. Beide Seiten müssen sich darüber einig sein und entsprechendes schriftlich regeln. Der Arbeitnehmer hat zudem ein entsprechendes Zeitguthaben anzusammeln, der Arbeitgeber wiederum einen möglichen Ausfall des Mitarbeiters abzusichern. Daher möchte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig die Möglichkeiten des Familienpflegezeitgesetzes nun weiterentwickeln, ebenso wie jene des Pflegezeitgesetzes.
Bis zu zwei Jahre Teilzeit möglich
Schwesig sprach deshalb bei der ersten Beratung eines entsprechenden Gesetzentwurfs im Bundestag auch von einem Schritt zur Familienarbeitszeit: "Wir machen es möglich, eine Zeit lang die Arbeitszeit zu reduzieren, um mehr Zeit für die Familie zu haben." Die Arbeitgeber sehen die erweiterten Rechte der Arbeitnehmer dagegen kritisch. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände warnte unlängst bereits vor unnötigen Belastungen für Betriebe. Gerade der neue Teilzeitanspruch von bis zu zwei Jahren sei kostenträchtig und nur schwer handhabbar.
Eben dieser Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit – bis zu zwei Jahre können Arbeitnehmer künftig im Job kürzertreten und ihre Arbeitszeit auf bis zu 15 Stunden reduzieren – ist aber eines der Kernelemente des Gesetzentwurfs. Lediglich Mitarbeiter in kleineren Unternehmen ("in der Regel 15 oder weniger Beschäftigte") sind von diesem Anspruch ausgenommen.
Für Organisation der Pflege freigestellt
Eine andere wichtige Änderung: Künftig sollen Arbeitnehmer bei einem neuen Pflegefall in der Familie zehn Tage lang zur Organisation der Pflege bezahlt im Job pausieren können. Der Arbeitgeber ist auch weiterhin "zur Fortzahlung der Vergütung nur verpflichtet, soweit sich eine solche Verpflichtung aus anderen gesetzlichen Vorschriften oder auf Grund einer Vereinbarung ergibt", wie es § 2 Abs. 3 Pflegezeitgesetz beschreibt. Daher bezahlt künftig die Pflegekasse während der kurzzeitigen Freistellung ein Pflegeunterstützungsgeld von etwa 90 Prozent des Nettogehaltes als Lohnersatzleistung – insgesamt rund 100 Millionen Euro pro Jahr, schätzt die Bundesregierung.
Zinsloses Darlehen finanziert Auszeit
Zudem enthält die Gesetzesnovelle die Möglichkeit, dass Beschäftigte ein zinsloses Darlehen für einen Teil des entgehenden Nettogehalts erhalten können – sowohl für die neue Familienpflegezeit, als auch für den bereits bestehenden Anspruch auf Pflegezeit (bis zu sechs Monaten). Und: Wird das Gesetz in der jetzigen Form beschlossen, besteht ab Januar nicht nur Kündigungsschutz für Beschäftigte in der Pflegezeit, sondern auch für jene in der Familienpflegezeit oder der zehntägigen Freistellung.
Nicht zuletzt soll ab Januar der Kreis der "nahen Angehörigen" erweitert werden. Neben Eltern, Großeltern, Kindern, Geschwistern und Ehepartnern werden in § 7 Ab.3 Pflegezeitgesetz um Stiefeltern, lebenspartnerschaftliche Gemeinschaften sowie Schwägerinnen und Schwager ergänzt.
Kritik aus der Opposition, Stellungnahme des Bundesrats
Die von der Familienministerin vorgesehenen Änderungen gehen der Opposition im Bundestag jedoch nicht weit genug. Der Linken-Familienpolitiker Jörn Wunderlich bemängelte, dass die 5,6 Millionen in kleineren Betrieben beschäftigten Menschen bei der Familienpflegezeit leer ausgingen. Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, sagte: "Dadurch werden Beschäftigte in diesen Betrieben mit ihrer Pflegesituation allein gelassen und benachteiligt." Die Grünen-Pflegeexpertin Elisabeth Scharfenberg kritisierte, die zehntägige bezahlte Auszeit dürfte in vielen Fällen kaum ausreichen, um sich im Pflegedschungel zurecht zu finden und alles zu regeln.
Zuvor hatte bereits der Bundesrat in einer Stellungnahme bemängelt, dass die sechs Monate dauernde Pflegezeit nicht – analog zur Elternzeit – in mehrere Zeitabschnitte aufzuteilen sei. Zudem kritisierte das Gremium, dass nicht klargestellt sei, ob Arbeitgeber bei der Pflegezeit den Erholungsurlaub anteilig kürzen könnten. Auch den Umstand, dass die Beamten aus dem Pflegeunterstützungsgeld ausgenommen seien sowie die zu erwartenden Mehrausgaben für Länder und Kommunen, beanstandete der Bundesrat in seiner Sitzung.
Weitere Informationen zur Familienpflegezeit haben wir hier für Sie zusammengestellt.