Getränkelieferant unterliegt im Streit um Betriebsratswahl
Die Vorschriften zur Betriebsratswahl sind kompliziert. Aber nur bei besonders gravierenden Fehlern ist eine Betriebsratswahl nichtig. Auch vorliegend hielt sich das Gericht an diesen Grundsatz und sah keinen Grund für einen Wahlabbruch. Im konkreten Fall hielt der Arbeitgeber, ein Getränkelieferant, die Einladung zur Bestellung des Wahlvorstands auf einer Betriebsversammlung für nicht ordnungsgemäß. Der Antrag, die Betriebsratswahl am 2. April 2020 per einstweiliger Verfügung untersagen zu lassen, blieb ohne Erfolg.
Arbeitgeber will Betriebsratswahl untersagen
Das Lieferunternehmen beschäftigt insgesamt 512 Mitarbeiter, die im Schichtdienst arbeiten. Ende 2019 teilten drei Mitarbeiter und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten dem Arbeitgeber mit, dass sie zunächst am 11. Januar 2020, anschließend am 13. Januar 2020 eine Betriebsversammlung zur Bestellung eines Wahlvorstandes für eine Betriebsratswahl abhalten wollten. Nachdem der Arbeitgeber anregte, die Wahlversammlung aufgrund urlaubs- und ferienbedingter Abwesenheit vieler Mitarbeiter, frühestens Ende Januar 2020 stattfinden zu lassen, fand die Betriebsversammlung, auf der ein Wahlvorstand gewählt wurde, am 27. Januar 2020 statt. Es nahmen 34 Mitarbeiter teil, das heißt 6,64 Prozent der Belegschaft. Der Wahlvorstand terminierte die Betriebsratswahl auf den 2. April 2020. Der Arbeitgeber intervenierte hiergegen und wollte die Wahl per einstweiliger Verfügung verbieten lassen.
Fehlerhafte Einladung zur Betriebsversammlung?
Die Einladung zur Betriebsversammlung erfolgte mit Schreiben vom 16. Januar 2020 und wurde zwei Tage später im Betrieb ausgehängt. Der Arbeitgeber argumentierte, dass in der Zeit zwischen Einladung und Betriebsversammlung 185 Mitarbeiter durchgängig nicht im Betrieb gewesen seien, weil sie entweder keine Schicht hatten, arbeitsunfähig oder in Urlaub waren. Damit hätten 36 Prozent der Belegschaft keine Kenntnis von der Einladung gehabt. Dies sei mit dem Grundsatz einer allgemeinen Wahl nicht vereinbar. Der Wahlvorstand hält die Einladung zur Wahlversammlung für ordnungsgemäß. Er wies daraufhin, dass die Einladung zudem in einer Whatsapp-Gruppe geteilt wurde und in einer betrieblichen Facebook-Gruppe eingestellt wurde.
Hohe Anforderungen an die Nichtigkeit einer Betriebsratswahl
Das LAG Düsseldorf entschied: Die Betriebsratswahl darf stattfinden. Die Richter konnten keinen Grund für einen Wahlabbruch erkennen. Sie wiesen in ihrem Urteil darauf hin, dass ein Wahlabbruch nur in Betracht komme, wenn die vom Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl nichtig sei. Eine Nichtigkeit sei nur in Ausnahmefällen anzunehmen: Konkret seien dafür Verstöße gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in einem so hohen Maß erforderlich, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr vorliege. Der Mangel müsse zudem offenkundig und deshalb ein Vertrauensschutz in die Gültigkeit der Wahl zu versagen sein - kurz, die Wahl müsse „den Stempel der Nichtigkeit auf der Stirn tragen“.
Eine Nichtigkeit der Wahl konnten die Richter nicht erkennen. Sie betonten, dass eine etwaige zu kurze Einladungsfrist nicht zur Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands führe, selbst wenn Teile der Belegschaft von der Einladung zur Wahlversammlung keine Kenntnis genommen hätten. Dies folge schon aus der Wertung, dass in einem betriebsratslosen Betrieb der Gesamtbetriebsrat einen Wahlvorstand bestellen kann, ohne dass die Mehrheit der Arbeitnehmer daran beteiligt ist.
Führt fehlerhafte Bestellung des Wahlvorstandes zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl?
Das LAG wies weiter darauf hin, dass weder der Fall vorliege, in dem die Einladung zur Wahlversammlung überhaupt nicht ausgehängt worden sei, noch dass die Einladung zur Wahlversammlung rechtsmissbräuchlich oder aus machttaktischen Gründen mit zu kurzer Einladungsfrist erfolgt sei. Unabhängig davon sei schon umstritten, ob eine etwaige fehlerhafte Bestellung des Wahlvorstands überhaupt zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen kann.
Das LAG musste nicht darüber entscheiden, ob die Betriebsratswahl möglicherweise anfechtbar war. Selbst eine sichere Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl reicht nicht aus, um die anstehende Wahl im einstweiligen Verfügungsverfahren abzubrechen.
Gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts ist kein Rechtsmittel gegeben.
Hinweis: LAG Düsseldorf, Beschluss vom 25.03.2020, Az: 7 TaBVGa 2/20; Vrinstanz: ArbG Düsseldorf, Beschluss vom 14.02.2020; 11 BVGa 4/20
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