Sachgrundlose Befristung: BAG schafft Ausnahme zum Vorbeschäftigungsverbot
Eine sachgrundlose Befristung eines Mitarbeiters ist laut Gesetz grundsätzlich nicht möglich, wenn bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hat. Ursprünglich hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) dieses sogenannte Vorbeschäftigungsverbot aus § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) recht großzügig ausgelegt. Dies wiederum hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Sommer 2018 revidiert (Bundesverfassungsgericht stärkt Verbot der Vorbeschäftigung) und mit einer Entscheidung vage, aber enge Grenzen für eine zulässige Vorbeschäftigung gesetzt (zum Interview: "Die Ausnahmen des BVerfG bieten keine Rechtssicherheit").
Sachgrundlose Befristung: BVerfG setzt enge Grenzen
Diese enge Linie wenden die obersten Arbeitsrichter seitdem an und konkretisieren so nach und nach die Vorgaben des BVerfG. Aktuell hatte das BAG jedoch einen Ausnahmefall vorliegen. Das Gericht musste entscheiden, ob ein sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis möglich ist, obwohl bereits 22 Jahre zuvor ein anderes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestanden hatte. Eine Befristung bei einer Vorbeschäftigung vor acht Jahren hatten sie im Januar in einem anderen Fall abgelehnt (Vorbeschäftigungsverbot: BAG schränkt sachgrundlose Befristung ein).
Der Fall: 22 Jahre liegen zwischen beiden Jobs
Aktuell haben die BAG-Richter die Klage einer Frau aus Schleswig-Holstein verhandelt, die zuerst als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld und dann als Telefonserviceberaterin eingesetzt war. Die beiden Arbeitsverhältnisse der Frau lagen jedoch, wie erwähnt, 22 Jahre auseinander. Der letzte Job als Serviceberaterin war zunächst – ohne Sachgrund – auf achteinhalb Monate begrenzt. Im Anschluss wurde das Arbeitsverhältnis erneut als sachgrundlose Befristung um ein Jahr bis Ende Juni 2016 verlängert. Mit ihrer Klage begehrte sie die Feststellung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung am 30. Juni 2016 geendet hat. Sie wollte also wegen der vermeintlich unwirksamen Befristung weiterhin beschäftigt werden.
BAG: Verbot der sachgrundlosen Befristung zumutbar einschränken
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Das BAG widersprach nun dem LAG und berief sich im Urteil auf die BVerfG-Entscheidung.
Die Befristung des Arbeitsvertrags ohne Sachgrund sei wirksam, entschieden die arbeitsrechtlichen Bundesrichter. Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG sei es zwar nicht zulässig, einen Arbeitsvertrag ohne sachlichen Grund kalendermäßig zu befristen, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Nach der BVerfG-Entscheidung könnten und müssten die Fachgerichte jedoch durch verfassungskonforme Auslegung den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einschränken.
Vorbeschäftigungsverbot: Im konkreten Fall unzumutbar
Unzumutbar wäre – unter Berufung auf das BVerfG – das Verbot der sachgrundlosen Befristung beispielsweise, soweit keine Gefahr der Kettenbefristung durch Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten bestehe. Oder: Wenn das Verbot der sachgrundlosen Befristung bei vorhandener Vorbeschäftigung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.
Das Vorbeschäftigungsverbot kann zudem unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt. Um einen solchen Fall handelte es sich bei dem konkreten Sachverhalt, da die Vorbeschäftigung bei der erneuten Einstellung 22 Jahre zurücklag. Besondere Umstände, die dennoch die Anwendung des in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bestimmten Verbots gebieten könnten, lagen laut BAG nicht vor.
Die Frau aus Schleswig-Holstein verlor damit in letzter Instanz ihre Klage. Die angestrebte Weiterbeschäftigung hatte sie damit nicht erreicht.
Hinweis: BAG, Urteil vom 21. August 2019, Az. 7 AZR 452/17; Vorinstanz: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Juli 2017, Az. 4 Sa 221/16
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