Urteil Sachgrundlose Befristung: Vorbeschäftigungsverbot

Arbeitgeber müssen die Vorbeschäftigung von Mitarbeitern künftig noch stärker im Blick haben. Das BAG hat seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden: Die sachgrundlose Befristung eines Mitarbeiters, mit dem bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis bestand, war unzulässig.

Nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer nicht zuvor schon bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war. Doch was genau heißt "zuvor"?

Das BAG legte diese Vorschrift bisher so aus, dass der Arbeitnehmer maximal drei Jahre nicht im Unternehmen beschäftigt sein durfte – alles danach sei nicht mehr "zuvor". Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung als grundgesetzwidrig eingestuft. In seinem Urteil hat es jedoch eine sachgrundlose Befristung nicht völlig ausgeschlossen – und auf Ausnahmen hingewiesen, beispielsweise, wenn eine Vorbeschäftigung "sehr lange" zurückliegt. 

Sachgrundlose Befristung: zulässig wenn Beschäftigung "sehr lange zurückliegt"?

Nur ab welcher Dauer ein "sehr langer" Zeitraum gegeben sein soll, hat das Bundesverfassungsgericht nicht vorgegeben. Das LAG Düsseldorf hatte eine Vorbeschäftigung, die fünf Jahre zurück lag, als "nicht sehr lang her" erachtet (LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.10.2018, Az: 7 Sa 792/17)

Auch das BAG hatte sich im aktuellen Urteil mit der Frage auseinanderzusetzen -  jedoch nicht präzisiert, wann eine Vorbeschäftigung "sehr lange" zurückliegt. Im konkreten Fall ordneten die Richter jedenfalls ein Arbeitsverhältnis, das acht Jahre zuvor bestand, als "nicht sehr lange her", ein. 

Der Fall: Sachgrundlose Befristung bei Vorbeschäftigung vor acht Jahren

Der Arbeitnehmer war von 2003 bis 2004 anderthalb Jahre als gewerblicher Mitarbeiter tätig. Acht Jahre später stellte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erneut sachgrundlos befristet für zwei Jahre als Facharbeiter ein. Der Vertrag wurde mehrfach verlängert. Im Sommer 2015 sollte das Arbeitsverhältnis durch Befristung endgültig enden. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht - mit Erfolg.

Verbot der Vorbeschäftigung: BAG gibt unzulässige Beschränkung auf drei Jahre auf

Das BAG verwies in seiner Entscheidung darauf, dass es seine bisherige Rechtsprechung aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Juni 2018 (Az: 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) nicht aufrechterhalten kann. Es sei danach aber weiter Aufgabe der Fachgerichte zu prüfen, ob der Anwendungsbereich von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG durch verfassungkonforme Auslegung eingeschränkt werde müsse, weil ein Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar sein könne, urteilten die Richter.

Vorbeschäftigungsverbot: Ausnahmen grundsätzlich möglich

Die Erfurter Richter prüften vorliegend unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, inwiefern das Verbot der Vorbeschäftigung einschränkend ausgelegt werden muss und kann, wenn konkret „eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten“. Als Beispiel hierfür hatte das Bundesverfassungsgericht insbesondere die Fälle genannt, in denen eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet war oder von sehr kurzer Dauer gewesen ist. Hier könne ein generelles Verbot der Vorbeschäftigung unzumutbar sein.

Ein solcher Fall war im vorliegenden Fall aus Sicht des BAG nicht gegeben. Die Richter stellten fest, dass eine Vorbeschäftigung nicht sehr lange zurückliegt, wenn das vorangegangene Arbeitsverhältnis acht Jahre zuvor bestand. Weitere Merkmale waren für das Gericht zudem, dass das frühere Arbeitsverhältnis mit dem gewerblichen Mitarbeiter über eineinhalb Jahre bestand und seine ausgeführte Tätigkeit in beiden Fällen gleich geartet war. 

Kein Vertrauenschutz: Arbeitgeber durfte BAG-Rechtsprechung nicht vertrauen

Der Arbeitgeber habe auch nicht auf die Rechtsprechung des BAG vertrauen dürfen, betonte der Senat. Das Gericht ließ die Argumentation des Arbeitgebers, dass er den Vertrag im Vertrauen auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vereinbart habe, nicht gelten. Arbeitgeber hätten nach Meinung des BAG beim Abschluss der Arbeitsverträge zumindest in Betracht ziehen müssen, dass die BAG-Auslegung des § 14 TzBfG vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben könnte.

Hinweis: BAG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 7 AZR 733/16
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. August 2016, Az: 3 Sa 8/16


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