Wirksame Kündigung nach Elternzeitverlangen per Fax
Verlangt ein Arbeitnehmer Elternzeit, so erfordert dies nach § 16 Abs. 1 Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) eine strenge Schriftform im Sinne von § 126 Abs. 1 BGB. Die Erklärung muss also eigenhändig unterschrieben werden – alternativ genügt auch eine Unterzeichnung mittels notariell beglaubigten Handzeichens. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die im BEEG verlangte Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit des Elternzeitverlangens.
Kündigung trotz vermeintlicher Elternzeit
Im konkreten Fall hatte eine Rechtsanwaltsfachangestellte am 10. Juni 2013 per Telefax ihrem Arbeitgeber, einem Rechtsanwalt, mitgeteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Die Kündigung des Anwaltsverhältnisses beinahe ein halbes Jahr später, am 15. November 2013, sei daher unwirksam. Der Anwalt habe wegen des besonderen Kündigungsschutzes das Arbeitsverhältnis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündigen dürfen. Dem stimmten auch die Vorinstanzen zu und gaben der Kündigungsschutzklage statt.
Der Neunte Senat des Bundearbeitsgerichts sah dies nun anders. Das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 15. November 2013 aufgelöst worden, urteilten die BAG-Richter. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts konnte sich die Rechtsanwaltsfachangestellte nicht auf den Sonderkündigungsschutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG berufen. Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit - vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung - zum Ruhen gebracht wird.
BAG: Fax genügt nicht dem Schriftformerfordernis
Die Ex-Arbeitnehmerin kündigte ihre Elternzeit jedoch mittels Telefax an. Der Formfehler führt dazu, dass aus Sicht der BAG-Richter das Elternzeitverlangen nicht wirksam war. Lediglich bei Besonderheiten des konkreten Falls könne sich der Arbeitgeber dadurch treuwidrig (§ 242 BGB) verhalten, indem er sich darauf beruft, das Schriftformerfordernis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt. Im entschiedenen Fall konnte das BAG solche Besonderheiten nicht erkennen, auch wenn der Anwalt erst einige Monate nach dem vermeintlichen Elternzeitverlangen kündigte.
Hinweis: BAG, Urteil vom 10. Mai 2016, Az. 9 AZR 145/15; Vorinstanz: Hessisches LAG, Urteil vom 8. Januar 2015, Az. 9 Sa 1079/14
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