Diskussion zum Tarifeinheitsgesetz geht weiter
Die Union sendet nach der Verabschiedung des heftig umstrittenen Tarifeinheitsgesetzes im Bundestag unterschiedliche Signale zum künftigen Umgang mit Streiks. Im Wirtschaftsflügel wird für weitere Einschränkungen geworben, der Arbeitnehmerflügel warnt davor. Für den Koalitionspartner SPD wies der stellvertretende Vorsitzende und Parteilinke Ralf Stegner Kritik am beschlossenen Gesetz zurück: Es gehe nicht darum, das Streikrecht einzuschränken.
Streik: Ankündigungsfrist und zwingende Schlichtung nötig
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) kündigte beispielsweise gegenüber der "Passauer Neuen Presse" Gespräche mit der SPD über weitere Schritte an. So sei es zwingend notwendig, dass für strategisch wichtige Unternehmen wie die Deutsche Bahn eine 48-Stunden-Ankündigungsfrist für Streiks eingeführt werde. Notwendig sei auch ein gesetzlich vorgeschriebener Schlichtungsversuch nach der zweiten Streikrunde.
Dies sind Vorschläge, die schon ganz zu Beginn der Diskussion Arbeitsrechtsprofessor Gregor Thüsing im Interview mit dem Personalmagazin ins Spiel brachte (Personalmagazin, Ausgabe 10/2014, Seite 72f.). So sei zum Beispiel im Luftfahrtbereich in Frankreich ein Gesetz erlassen worden, das eine Schlichtungsvereinbarung zwingend vorsehe. "Der einzelne Arbeitnehmer soll mit einer Frist von zwei Tagen mitteilen, ob er am angekündigten Streik teilnimmt", erklärte damals der Professor an der Universität Bonn, der sich ebenfalls als Sachverständiger zu dem Gesetz äußerte.
Der stellvertretende Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, warnte indes vor einer Gefährdung des sozialen Friedens. "Wer ständig nach der Einschränkung des Streikrechts ruft, beeinträchtigt die Tarifautonomie", sagte er dem Handelsblatt. "Ohne die Möglichkeit, effektiv zu streiken, verkommen Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmerseite zur kollektiven Bettelei."
Gewerkschaften sollen sich einigen
Die auch von Unionspolitikern wie Fuchs geforderte gesetzliche Zwangsschlichtung hält Bäumler für verfassungswidrig. "Schon das vom Bundestag beschlossene Tarifeinheitsgesetz greift indirekt in das Streikrecht ein. Weitere Einschränkungen verletzten die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie."
Das Gesetz hatte am Freitag die letzte Hürde im Bundestag genommen. Damit soll die Macht kleiner Spartengewerkschaften eingedämmt werden. Wenn zwei Gewerkschaften in einem Betrieb dieselben Arbeitnehmergruppen vertreten, gilt künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern in dem Betrieb. SPD-Vize Stegner sagte am Samstag im Deutschlandfunk, die Koalition wolle erreichen, dass sich Gewerkschaften nicht zerstritten, weil dies am Ende nicht den Arbeitnehmern nütze, sondern den Unternehmen.
Kleine Gewerkschaften erneuern Wille zur Klage
Kleine Gewerkschaften wollen schnell gegen das Tarifeinheitsgesetz vorgehen. "Wir werden Klage beim Verfassungsgericht einreichen, sobald die Tarifeinheit im Gesetzblatt steht", sagte der Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, der "Rheinischen Post".
Der Beamtenbund kündigte für Juli eine Klage an. "Ich rechne fest damit, dass eine Vielzahl an Klageschriften beim Verfassungsgericht eingehen wird", sagte sein Chef Klaus Dauderstädt. Man werde sich mit anderen Gewerkschaften wie Marburger Bund oder Vereinigung Cockpit abstimmen: "Am Ende wird es aber getrennte Klagen geben." Henke sagte im Sender WDR 5, zunächst gelte es abzuwarten, wie sich der Bundesrat und Bundespräsident Joachim Gauck, der das Gesetz auf Verfassungskonformität prüft, verhielten.
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