Toilettenfrau klagt ihren Trinkgeld-Anteil ein
Die klagende Arbeitnehmerin war für ein von einem Einkaufszentrum beauftragten Reinigungsunternehmen mit der Reinigung der Toilettenanlagen und sonstiger Flächen tätig. Im Wesentlichen war sie als sogenannte "Sitzerin" beschäftigt.
Das Einkaufszentrum erhebt von den Besuchern für die Nutzung der Toilettenanlagen kein Entgelt. Gleichwohl sind in den Eingangsbereichen der Toilettenanlagen auf dort vorgehaltenen Tischen Sammelteller aufgestellt, auf denen Toilettenbesucher einen Geldbetrag hinterlassen können.
Hauptaufgabe der Arbeitnehmerin war es, sich ständig an einem dieser Tische mit Sammelteller aufzuhalten, dabei einen weißen Kittel zu tragen, das Geld, welches die Toilettenbesucher freiwillig auf den Teller legten, dankend entgegen zu nehmen, dieses regelmäßig bis auf wenige Geldstücke abzuräumen, zunächst in ihre Kitteltasche zu stecken und je nach Aufkommen mehrmals je Schicht in einen Tresor des Reinigungsunternehmens einzulegen. Mit Reinigungsarbeiten war die Arbeitnehmerin, die einen Stundenlohn von 5,20 Euro brutto erhielt, nicht betraut. Sie hatte jedoch die Toilettenanlagen zu kontrollieren und im Bedarfsfall das Reinigungspersonal zu rufen.
Toilettenfrau durfte Trinkgeld nicht behalten
Nach einer schriftlichen Arbeitsanweisung des Reinigungsunternehmens sind die "Sitzerinnen" gehalten, gegenüber den Besuchern nicht zu offenbaren, dass sie keine Reinigungstätigkeiten ausüben. Auf etwaige Fragen der Besucher nach dem Verwendungszweck des Geldes soll mit dem Hinweis, dass selbiges dem Reinigungsunternehmen zufließe, welches daraus unter anderem die Personalkosten bestreite, geantwortet werden. Entsprechende gemeinsame Hinweisschilder, welche im Jahre 2009 - nach Angaben des Unternehmens direkt über den Tellern, nach Angaben der Arbeitnehmerin an kaum einsehbarer Stelle - angebracht waren, sind unstreitig bereits im Laufe des Jahres 2012 demontiert worden. Nach Angaben des Reinigungsunternehmens erfolgte dies im Zuge von Umbau- und Renovierungsarbeiten.
Arbeitnehmerin will ihren Anteil an den Einnahmen
Die Arbeitnehmerin vertritt die Auffassung, dass sie an über die Teller erzielten Einnahmen teilhaben müsse. Den Besuchern werde zielgerichtet suggeriert, dass freiwillig ein Trinkgeld für das Reinigungs- und Aufsichtspersonal gegeben werde könne. An diese Zweckbestimmung sei das Reinigungsunternehmen gebunden. Trinkgeld stehe nach Maßgabe gewerbe- und steuerrechtlicher Bestimmungen allein den Arbeitnehmern zu. Da sie nicht wissen könne, wie hoch genau die Einnahmen gewesen seien, habe das Unternehmen im Rahmen einer Stufenklage zunächst Auskunft über die Höhe der Trinkgeldeinnahmen zu erteilen, von den sie dann später in einer weiteren Stufe einen bezifferten Anteil von 1/20 beanspruchen werde. Die Arbeitnehmerin geht davon aus, dass an normalen Tagen mehrere hundert, an Spitzentagen mehrere tausend Euro über die Teller erwirtschaftet werden.
Das Reinigungsunternehmen hält die Klage für insgesamt unbegründet. Es handle sich - auch nach der Vorstellung der Toilettenbesucher - nicht um ein Trinkgeld für das Personal, sondern vielmehr um ein freiwilliges Nutzungsentgelt. Dieses stehe allein dem Reinigungsunternehmen zu, worüber man das eingesetzte Personal nie im Zweifel gelassen habe. Man sei gegenüber dem Einkaufszentrum verpflichtet, ständig das der Sicherheit und dem Wohlbefinden der Besucher dienende Aufsichtspersonal einzusetzen. Dessen Arbeitslohn werde vollständig aus den Einnahmen über das freiwillige Nutzungsentgelt bestritten und nicht vom Einkaufszentrum refinanziert, womit sich das Ganze ohnehin als Zuschussgeschäft darstelle.
Reinigungsunternehmen muss Auskunft über Trinkgeld-Einnahmen erteilten
Das Arbeitsgerichts Gelsenkirchen hat der Arbeitnehmerin mit Teilurteil, gegen welches das Reinigungsunternehmen gesondert Rechtsmittel einlegen kann, zunächst den Auskunftsanspruch zugesprochen. Die Richter gehen danach davon aus, dass der Klägerin ein der Höhe nach noch unbestimmter Zahlungsanspruch gegen das Reinigungsunternehmen zusteht (Entscheidung des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 21.1.2014).
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