Wenn der Arbeitgeber sich verrechnet
"Pech gehabt!" So lautet das Fazit einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln. Gestritten wurde über die Höhe des abzugeltenden Urlaubs. Der klagende Arbeitnehmer erhielt von seinem Arbeitgeber das Kündigungsschreiben. In dem Schreiben heißt es, er erhalte eine Urlaubsabgeltung von 43 Tagen. Die Angabe über die Urlaubsabgeltung erfolgte auf Wunsch des Arbeitnehmers.
Der Fall: Falsche Angabe der verbleibenden Urlaubstage
Im Laufe des Arbeitsgerichtsprozesses machte der Arbeitnehmer für die 43 Tage etwa 9.000 Euro geltend und erhielt auch vom Arbeitsgericht Recht: Der beklagte Arbeitgeber sei an die Zusage, 43 Urlaubstage abzugelten, gebunden. Soweit er dem Arbeitnehmer nur die Abgeltung der ihm noch zustehenden Urlaubstage habe zusagen wollen, komme dies in der Erklärung nicht zum Ausdruck.
Dagegen wehrte sich der Arbeitgeber vor Gericht und trägt nun vor, aufgrund eines neuen Personalabrechnungssystems S seien die Urlaubstage falsch berechnet worden und in den Lohnabrechnungen unzutreffend angegeben worden. Dem Arbeitnehmer hätten maximal 13 Urlaubstage zugestanden. Die mit der Abrechnung beauftragte Angestellte habe mit dem Arbeitnehmer die letzte Lohnabrechnung besprochen, die dann erstellt worden sei. Er verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn er auf der Abgeltung von 43 Urlaubstagen bestehe.
Arbeitgeber muss für falsch berechnete Urlaubstage zahlen
Der Arbeitgeber hat das deklaratorische Schuldanerkenntnis nicht wirksam angefochten. Auch auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung des Arbeitnehmer über die Anzahl der abzugeltenden Urlaubstage, beruft er sich nicht. Er führt vielmehr an, die fehlerhafte Angabe der Urlaubstage im Personalabrechnungssystem sei bei Abgabe der Erklärung in dem Kündigungsschreiben übernommen worden. Es kommt nur ein Motivirrtum in Betracht, nämlich ein Irrtum darüber, es bestehe eine Verpflichtung zur Abgeltung von 43 Urlaubstagen, während der Beklagte nunmehr annimmt, diese habe nicht bestanden. Ein derartiger Irrtum im Beweggrund (Motivirrtum) begründet kein Anfechtungsrecht (vgl. BAG, Urteil vom 11.5.1983, 7 AZR 500/79).
Keine unzulässige Rechtsausübung
Selbst wenn der Arbeitnehmer positive Kenntnis von einem Berechnungsirrtum des Erklärenden hat, folgt daraus noch nicht eine unzulässige Rechtsausübung. Als mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar wird man die Annahme einer fehlerhaft berechneten Verpflichtung nur dann ansehen können, wenn die Vertragsdurchführung für den Erklärenden schlechthin unzumutbar ist, etwa weil er dadurch in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten würde (vgl. BGH, Urteil vom 7.7,1998, X ZR 17/97 ; KG Berlin, Urteil vom 5.3.2001, 12 U 2335/00). Im vorliegenden Fall steht nicht einmal fest, dass der Arbeitnehmer die Angabe von 43 abzugeltenden Urlaubstagen für unzutreffend hielt.
Hinweis: LAG Köln, Urteil vom 4.4.2012, 9 Sa 797/11
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