Ausschlussklauseln nur bezüglich Mindestlohn unwirksam
Allgemeine Ausschlussklausel sind zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter üblich. Sie regeln, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist außergerichtlich geltend zu machen sind. Sogenannte zweistufige Verfallklauseln sehen auf einer zweiten Ebene sogar noch eine weitere Frist vor, innerhalb der der Arbeitnehmer – sollte der Arbeitgeber die Ansprüche auf der ersten Ebene, also außergerichtlich, abgelehnt haben – Klage erheben muss.
Mindestlohn in Pflege: BAG hält Verfallklausel für unwirksam
Spätestens seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom August 2016 stellt sich jedoch die Frage: Muss eine allgemeine Ausschlussklausel zwischen den Ansprüchen auf den Mindestlohn und sonstigen Ansprüchen unterscheiden? Laut BAG scheint eine solche Unterscheidung zumindest für das Mindestentgelt in der Pflegebranche erforderlich. Weil in der konkreten Situation die Verfallklausel auch Ansprüche auf den Pflegemindestlohn umfasst hatte, hatte das BAG nämlich die gesamte Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzverbot für unwirksam erklärt – und das, obwohl es in dem Fall selbst gar nicht um Mindestlohnansprüche ging.
Aktuell hat nun das LAG Nürnberg zum Verhältnis der Verfallklauseln zum gesetzlichen Mindestlohn – also gerade nicht zu den Sondervorschriften des Pflegebereichs – entschieden. Denn nach der BAG-Entscheidung ist unklar, ob diese ohne Weiteres auf den gesetzlichen Mindestlohn zu übertragen ist. Konkret also: Beschränkt eine allgemeine die Ausschlussklausel einen möglichen Mindestlohnanspruch und verstößt daher gegen das Mindestlohngesetz (MiloG)? Schließlich schreibt § 3 MiloG vor: „Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam.“
Ausschlussfrist: Verfallklausel umfasst auch gesetzlichen Mindestlohn
Auch im Fall vor dem LAG Nürnberg waren Ansprüche auf den – dieses Mal gesetzlichen – Mindestlohn selbst nicht Gegenstand des Verfahrens. Vielmehr wollte ein Arbeitnehmer Ansprüche auf Überstunden- und Urlaubsabgeltung durchsetzen. Diese hatte er zwar dem Arbeitgeber gegenüber geltend gemacht, er reichte jedoch nach der Ablehnung der Ansprüche – nach Maßstab der zweistufigen Verfallklausel – seine Klage zu spät vor Gericht ein.
Wegen MiloG: Ausschlussklausel nur "insoweit unwirksam"
Während laut BAG im Pflegebereich die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel insgesamt unwirksam ist, wenn sie auch einen Anspruch auf das Mindestentgelt umfasst, sieht das LAG diese Folge im Hinblick auf den gesetzlichen Mindestlohn gerade nicht. „Nachdem der Gesetzgeber in § 3 MiloG das Wort „insoweit“ eingefügt hat, ist die Ausschlussfrist nur insoweit unwirksam, wie sie Ansprüche auf Mindestlohn ausschließen würde“, entschieden die Nürnberger Richter vielmehr. Ein Ausschluss von Mindestlohnansprüchen lag im Fall des LAG jedoch nicht vor.
Ausschlussklausel "insoweit" wirksam, Transparenzgebot erfüllt
Auch einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erkannte das LAG Nürnberg hierin nicht. Die Ausschlussklausel sei ausreichend klar und verständlich formuliert. Auch wenn die AGB-Klausel ein gesetzliches Verbot – vorliegend zum gesetzlichen Mindestlohn – nicht wiedergibt, ist sie infolgedessen nicht intransparent, sondern nur insoweit unwirksam.
Enthält die Ausschlussfrist also keine Ausnahme für Ansprüche wegen des gesetzlichen Mindestlohns, so führt dies gerade nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Ausschlussfrist. Vielmehr ist sie insoweit – also, wenn Ansprüche auf Mindestlohn tangiert sind – unwirksam.
Hinweis: LAG Nürnberg, Urteil vom 9. Mai 2017, Az. 7 Sa 560/16
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