Kündigungsfrist: Verlängerung auf drei Jahre ist unangemessen
Eine besondere Form der Mitarbeiterbindung hatte ein Spediteur aus Sachsen umgesetzt, indem er die Kündigungsfrist einiger Arbeitnehmer per Zusatzvereinbarung auf drei Jahre verlängerte. Der Arbeitgeber erkaufte sich diese Klausel mit einem höheren Monatsgehalt. Dieser Praxis hat das Bundesarbeitsgericht nun einen Riegel vorgeschoben. Die höchsten deutschen Arbeitsrichter haben entschieden: Wird die gesetzliche Kündigungsfrist erheblich verlängert, kann dies den Mitarbeiter unangemessen benachteiligen – auch dann, wenn der Arbeitgeber sich selbst dieselbe verlängerte Kündigungsfrist auferlegt.
Kündigungsfrist: Verlängerung auf drei Jahre vereinbart
Im konkreten Fall ist – umgekehrt als üblicherweise in Kündigungsstreitigkeiten – der Arbeitgeber gegen die Kündigung des Mitarbeiters gerichtlich vorgegangen. Der Speditionskaufmann fühlte sich durch eine installierte Überwachungssoftware derart kontrolliert, dass er dem Arbeitgeber im Dezember 2014 - nach fünf Jahren im Beschäftigungsverhältnis – die Trennung zum 31. Januar 2015 mitteilte. Der Spediteur wiederum pochte auf die vereinbarte verlängerte Kündigungsfrist, also auf einen Austrittstermin zum 31. Dezember 2017.
Auf die Zusatzvereinbarung zur verlängerten Kündigungsfrist hatten sich die Arbeitsvertragsparteien im Juni 2012 verständigt. Neben der Drei-Jahres-Frist zum Monatsende beinhaltete die Abmachung, das monatliche Bruttogehalt von 1.400 Euro auf 2.400 Euro beziehungsweise – ab einem monatlichen Reinerlös von 20.000 Euro – auf 2.800 Euro anzuheben. Zudem sollte das Entgelt bis Mai 2015 nicht erhöht werden und bei einer späteren Neufestsetzung wieder mindestens zwei Jahre unverändert bleiben.
Zu lange Kündigungsfrist verstößt gegen AGB-Recht
Das Bundesarbeitsgericht kassierte nun die vereinbarte Zusatzklausel. Nach Ansicht der Bundesrichter werde der Mitarbeiter durch die Verlängerung der Kündigungsfrist unangemessen benachteiligt. Die Zusatzvereinbarung widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben und sei als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Zwar halte sich die vom Arbeitgeber vorformulierte Kündigungsfrist an die Grenzen des § 622 Abs. 6 BGB – danach darf für die Arbeitnehmerkündigung keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Arbeitgeber. Dennoch sei die Zeitspanne von drei Jahren wesentlich länger als die gesetzliche Regelfrist des § 622 Abs. 1 BGB. Daher stellte das BAG fest, dass die verlängerte Frist nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalls und unter Beachtung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG eine unangemessene Beschränkung der beruflichen Bewegungsfreiheit darstellt. Die vorgesehene Gehaltserhöhung wiege diesen Nachteil für den Arbeitnehmer nicht auf – zumal die Zusatzvereinbarung das Vergütungsniveau langfristig einfriere.
BAG bestätigt LAG: AGB-Recht anwendbar
Das BAG bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Das Landesarbeitsgericht habe ohne Rechtsfehler eine solche unausgewogene Gestaltung trotz der beiderseitigen Verlängerung der Kündigungsfrist bejaht, urteilten die BAG-Richter.
Das Sächsische LAG hatte bereits angenommen, dass die Abmachung der Parteien – obwohl als Zusatzvereinbarung und mit der Klausel ausgestaltet, dass die Absprache individuell vereinbart sei – am Maßstab des ABG-Rechts, also letztlich auch an § 307 BGB, zu messen sei. Laut LAG hatte der Mitarbeiter nämlich praktisch keinen Einfluss auf den Inhalt der Übereinkunft. Vielmehr lag eine vorformulierte Abmachung vor, bei der die Parteien die die Kündigungsfrist betreffende Regelung nicht ausgehandelt hatten.
Hinweis: BAG, Urteil vom 26. Oktober 2017, Az. 6 AZR 158/16; Vorinstanz: Sächsisches LAG, Urteil vom 19. Januar 2016, Az. 3 Sa 406/15
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