Darf ein Dienstleister diskriminierende Kundenwünsche berücksichtigen?
Haufe Online-Redaktion: Inwieweit kann das Aussehen einer Person entscheidend oder ein Grund für den Zuschlag auf einer Stelle sein?
Dr. Marc Spielberger: Entscheidend ist, ob der Anknüpfungspunkt für eine unterschiedliche Behandlung mit einem der in § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) genannten Merkmale verknüpft ist, also Rasse, ethnischen Herkunft, Geschlecht, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität. So könnte grundsätzlich danach ausgesucht werden, ob eine Person (vermeintlich) "schön aussieht" oder nicht, sofern das nicht beispielsweise mit dem Alter verknüpft wird. Hier geht es aber um eine Anknüpfung an die ethnische Herkunft. Ausländische Sänger sollen wegen dieser Eigenschaft nicht beschäftigt werden. Das stellt eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne des AGG dar. Die Frage ist, ob sich das im Einzelfall rechtfertigen lässt.
Haufe Online-Redaktion: Was käme als Rechtfertigung in Betracht?
Dr. Marc Spielberger: Eine unterschiedliche Behandlung von Personen verschiedener Herkunft könnte zulässig sein, wenn wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung diese Differenzierung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Musterbeispiel hierfür ist es, wenn bestimmte Produkte nur von Personen bestimmter Altersgruppen glaubhaft repräsentiert werden können (Jugendmode nur durch Jugendliche). Der Anwendungsbereich für Ausnahmen ist aber bei der unterschiedlichen Behandlung von Aus- und Inländern sehr eng. Denkbar ist, dass z.B. die Rolle des "Othello" einem Menschen mit dunkler Hautfarbe vorbehalten wird. Wenn ein bayerisches Volksschauspiel aufgeführt wird, kann es das künstlerische Konzept erfordern, dass die Schauspieler Bayerisch sprechen und auch landestypisch aussehen sollen. Bei Opernsänger dürfte das aber wieder anders sein. Hier steht die Gesangsleistung im Vordergrund und die hat mit der Herkunft nichts tun.
Haufe Online-Redaktion: Kann ein vorhandener oder vermuteter wirtschaftlicher Verlust dazu führen, Bewerber bestimmter Herkunft nicht einzustellen?
Dr. Marc Spielberger: Das wird man verneinen müssen. Präferenzen und diskriminierende Kundenwünsche kommen grundsätzlich keine Rechtfertigungswirkung zu. Andernfalls ließe sich durch solche diskriminierenden Wünsche der Schutz des AGG aushebeln. Wer so argumentiert, macht sich schadensersatz- und entschädigungspflichtig. In der Praxis würde ohnehin ein Arbeitgeber so nicht argumentieren. Unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des BAG muss der Arbeitgeber seine Auswahlentscheidung nicht begründen. Selbst wenn also nicht diskriminierungsfrei entschieden werden würde, käme das bei einem konsequenten Schweigen des Arbeitgebers, ohne weitere handfeste Indizien, praktisch kaum heraus.
Das Interview führte Renate Fischer, Ass. jur.
Autor: Dr. Marc Spielberger, Partner der Kanzlei BEITEN BURKHARDT in München, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
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