Vielleicht kennen Sie folgenden Sachverhalt auch: Bei Umfragen unter Angestellten einer Firma wird die zusätzliche betriebliche Altersversorgung (bAV) als häufigster Wunsch genannt, wenn es um Zusatzleistungen geht. Danach kommen vermögenswirksame Leistungen (VL) und eine zusätzliche betriebliche Krankenversicherung (bKV).
bAV: Neuer Schub durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz?
Es gibt sogar inzwischen Tarifverträge, die VL nur noch bei einer bAV vorsehen und andere Sparformen nicht mehr unterstützen. Oder in Betriebsvereinbarungen werden Zusatzzahlungen durch den Arbeitgeber vereinbart, wenn der Mitarbeiter eine betriebliche Altersvorsorge abschließt. Das Thema ist nicht erst seit den Plänen zur Kürzung der gesetzlichen Rente ein Dauerbrenner. Durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz wird dies jetzt noch mal bei allen Beteiligten in den Fokus rücken und gegebenenfalls nach dem Jahr 2001 noch mal einen Schub erhalten.
Die Annahme liegt nahe: Viele Manager, die sich nicht näher damit beschäftigt haben, entscheiden sich dann gerne für etwas Naheliegendes oder sind der Meinung, dass alle möglichen fünf Durchführungswege, also Direktversicherung (DV), Pensionskasse (PK), Pensionsfonds (PF), Unterstützungskasse (UK) oder Direkte Rentenzusage (DZ), alle gleich gut sind.
bAV: Den passsenden Durchführungsweg finden
Ich weiß nicht, ob Sie schon mal einem Mitarbeiter diesen Sachverhalt in allen Facetten verständlich und nachvollziehbar erklären konnten. Offenbar ist es jedoch so:
Es gibt natürlich erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Durchführungswegen – mit den entsprechenden Konsequenzen, je nachdem, welcher Weg gewählt wird. Ein späteres Umsteigen ist immer mit erheblichem Aufwand verbunden. Daher zehn Punkte, die Sie bei der Auswahl nicht übersehen sollten:
Zehn Punkte zur bAV-Auswahl
- Seit 2017 ist die gesetzliche Mindestverzinsung nur noch 0,9 Prozent. 2011 waren es noch 2,25 Prozent und es waren sogar schon mal 4,0 Prozent. Wer also noch einen Vertrag hat, der vor 2012 abgeschlossen wurde, sollte diesen nutzen.
- Beim Abschluss sollte darauf geachtet werden, dass der gewählte Tarif gewählt nicht gezillmert ist. August Zillmer ist der Mathematiker, der die Berechnung der Abschlussprovision „erfunden“ hat. Diese sorgt dafür, dass in den ersten Jahren keine Verzinsung stattfindet, weil das Konto im Minus steht.
- Wenn jedes Jahr für den Jahresabschluss ein versicherungsmathematisches Gutachten für die Rückstellungen zur bAV erstellt werden muss, ergeben sich erhebliche Kosten. Es ist aber bei jedem Durchführungsweg zu prüfen, ob eine Unterdeckung vorliegt, die in dem Gutachten zu berücksichtigen ist.
- Nie zu unterschätzen ist die Administration von Anwartschaften, also von Mitarbeitern, die einen unverfallbaren Anspruch erworben, aber das Unternehmen verlassen haben.
- Auch die Abrechnung der Versorgungsbezüge von Betriebsrentnern bringt nicht nur Kosten mit sich, sondern benötigt auch Spezialwissen in der Abrechnung.
- Unmittelbaren Durchführungswege müssen dem Pensions-Sicherungsverein (PSV) gemeldet und entsprechende Beiträge dahin entrichtet werden. Durch die gute wirtschaftliche Lage betrug der Beitrag zuletzt 0,0 Promille.
- Nicht alle Durchführungswege sind flexibel bezüglich der Höhe der Beitragszahlungen. Wenn also jährlich wechselnde Zuzahlungen interessant sind, sollte man die genau prüfen.
- Einige Durchführungswege hatten bisher die Beschränkung bei Steuer- beziehungsweise Sozialversicherungsfreiheit auf vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze, einige haben keine Limitierung.
- Wenn eine Abschlussleistung bei Vertragsabschluss festgelegt ist (also die Höhe der Rentenzahlung) und der Betrag nicht erreicht wird, sind Firmen schon zur Nachschusszahlung verpflichtet worden.
- Nicht alle Durchführungswege bieten auch die Möglichkeit, den Vertrag als Riester-Rente durchzuführen, um möglichst alle stattlichen Förderungen nutzen zu können.
Es ist also sehr sinnvoll, sich mit allen Möglichkeiten genau zu beschäftigen, um keine Überraschungen zu erleben.
Was meinen Sie?
Haben Sie auch schon Erfahrungen mit solch einem Fall gemacht? Oder kennen Sie auch Sachverhalte, die Sie als Entgeltabrechner den Mitarbeitern nur schwer erklären können, weil diese schwierig nachzuvollziehen sind?
Dann freuen wir uns auf Ihre Kommentare, Anmerkungen oder Sachverhalte.
als langjähriger Referent der Haufe-Akademie zum Thema betriebliche Altersversorgung machen mich solche Artikel mit so offensichtlichen Fehlern eher traurig. Gerade in einem solchen wichtigen Thema und um die Arbeitgeber aus den zunehmend verwirrenden Rahmenbedingungen mit klarem Ziel abzuholen, sollte und müsste mehr Sorgfalt investiert werden.
Eine bAV geht im Übrigen schon immer ohne Versicherung und ist zukünftig wohl nur noch ohne Versicherungen vernünftig. Und das schon aus Haftungsgründen und der Fürsorgeverpflichtung eines Arbeitgebers. Es wird Zeit, dass sich diese Erkenntnis bei den von Produkten wirklich unabhängigen Beratern endlich praxiswirksam breitmacht.
Die 10 Punkte sind insbesondere hier zu kritisieren:
3. Seit dem BilMoG muss ein bilanzierenden jede bAV-Verpflichtung zu jedem Bilanzstichtag mit einem versicherungsmathematischen Gutachten auf eine Unterdeckung prüfen und dann zumindest eine Angabe im Anhang der Handelsbilanz vornehmen. Das gilt also auch für jede bAV-Versicherung (Direktversicherungen, Pensionskassenverträge usw.). Hier entstehen also generell zusätzliche Kosten, aber endlich auch Klarheit über Finanzierungsdefizite beim Arbeitgeber.
6. Nicht eine Rückdeckung(sversicherung) entscheidet über den PSV-Schutz und damit Beitrag. bAV in unmittelbarer Durchführung, über Unterstützungskassen und Pensionsfonds (Direktversicherung unter bestimmten Umständen) unterliegt zwingend -- und aus Mitarbeitersicht wohl glücklicherweise -- dem PSV-Schutz. Der Beitragssatz für 2017 beträgt übrigens 0,0 % -- auch das wäre mal zu erwähnen.
7. Nein, die Beiträge bei Durchführung über eine Unterstützungskasse müssen nicht konstant sein! Auch eine bAV über eine Unterstützungskasse kann völlig variabel bespart und bis zum Rentenbeginn ausfinanziert werden. Ob und wie weit eine Rückdeckungsversicherung genutzt oder überhaupt eine Dotierung in eine Unterstützungskasse vorgenommen wird, ist eine ganz andere Frage und eher aus betriebswirtschaftlicher Sicht des Arbeitgebers zu entscheiden.
Das mag hier reichen. unter dem guten Label Haufe bitte zukünftig wieder mehr Qualität und Sachkenntnis!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Lutz Schade, Göttingen
die Aussage von Herrn Dr. Schade zum Punkt 7 ist vollkommen richtig. Im ersten Schritt müssen die Beiträge bei der Durchführung über eine Unterstützungskasse nicht konstant bleiben. Wenn dies gewünscht wird, muss man sich einer pauschaldotierten Unterstützungskasse bedienen, welche auch die originäre Form der Unterstützungskasse ist. Später kam dann noch die rückgedeckte Unterstützungskasse hinzu. Bei dieser Form der Unterstützungskasse müssen die Beiträge für die Zukunft konstant gehalten werden. Für Arbeitgeberbeiträge gilt dies generell (Ausnahmen bestätigen die Regel), für Arbeitnehmerbeiträge bestehen Abänderungsmöglichkeiten, die nach der Abänderung wiederum für die Zukunft bis zur Rente gelten.
Wahrscheinlich hatten Sie Kontakt zu einem Anbieter der ausschließlich rückgedeckte Unterstützungskassenzusagen anbietet und nicht auf die pauschaldotierte Unterstützungskassenzusage hingewiesen hat.
Um das Ganze noch komplizierter zu machen, können Unterstützungskassen sowohl pauschaldotierte Zusagen als auch rückgedeckte Zusagen anbieten. Auch muss die Rückdeckung der Zusage nicht konkruent zur arbeitsrechtlichen Zusage sein. Das macht die Sache dann noch komplizierter.
Freundliche Grüße
Markus Fuchs, Hamburg