Sachbezugsfreigrenze auf Fitnessverträge anwendbar
Mit verschiedenen Firmenfitness-Mitgliedschaftsmodellen bieten Arbeitgeber ihren Beschäftigten Gesundheitsprogramme an, die eine weitreichende Nutzung von bundesweiten Verbundanlagen umfasst. Die Vertragsgestaltung sieht vor, dass der Arbeitgeber durch den Abschluss einer Firmenfitness-Mitgliedschaft für ein bestimmtes kalkulatorisch ermitteltes Entgelt für teilnehmende Mitarbeiter das Recht erwirbt, sämtliche Sportstätten der Verbundpartner nutzen zu können.
Firmenfitness-Mitgliedschaft: Zuflusszeitpunkt ist entscheidend
So war es auch im aktuellen Urteilsfall: Der Arbeitgeber ermöglichte seinen Mitarbeitern im Rahmen eines Firmenfitness-Programms, in verschiedenen Fitnessstudios zu trainieren. Hierzu erwarb er jeweils einjährige Trainingslizenzen, für die monatlich jeweils rund 50 Euro (brutto mit Umsatzsteuer) zu zahlen waren. Die teilnehmenden Arbeitnehmer leisteten einen Eigenanteil von 16 Euro beziehungsweise später 20 Euro. Der Arbeitgeber ließ die Sachbezüge bei der Lohnbesteuerung außer Ansatz, da diese ausgehend von einem monatlichen Zufluss unter die 44-Euro-Freigrenze für Sachbezüge fielen.
Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, den Mitarbeitern sei die Möglichkeit, für ein Jahr an dem Firmenfitness-Programm teilzunehmen, "quasi in einer Summe" zugeflossen, weshalb die Sachbezugsfreigrenze (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) überschritten sei. Es unterwarf die Aufwendungen für die Jahreslizenzen abzüglich der Eigenanteile der Arbeitnehmer einem Pauschsteuersatz von 30 Prozent (Pauschalsteuer nach § 37b EStG für Geschenke und Incentives an Arbeitnehmer und Geschäftsfreunde). Dem schlossen sich jedoch weder das Finanzgericht noch der Bundesfinanzhof (BFH) an.
Vorteil aus Jahresmitgliedschaft fließt monatlich zu
Nach dem veröffentlichten Urteil des obersten Steuergerichts (BFH Urteil vom 07.07.2020 - VI R 14/18) ist der geldwerte Vorteil aus der Fitnessmitgliedschaft den teilnehmenden Mitarbeitern als laufender Arbeitslohn monatlich zugeflossen. Der Arbeitgeber habe sein vertragliches Versprechen, den Arbeitnehmern die Nutzung der Fitnessstudios zu ermöglichen, unabhängig von seiner eigenen Vertragsbindung monatlich fortlaufend durch Einräumung der tatsächlichen Trainingsmöglichkeit erfüllt.
Ohne Bedeutung war, dass eine Kündigung der Vereinbarung über die Teilnahme am Betriebssport durch die Mitarbeiter nur zum Ende eines Jahres möglich war. Ebenso war es nach Auffassung des BFH für die Frage des Zuflusses unerheblich, ob die Vereinbarung über die Teilnahme an dem Firmenfitness-Programm befristet oder unbefristet erfolgte.
Hinweis: Der BFH nimmt auch eine Abgrenzung zu einer auf den ersten Blick abweichenden Vorentscheidung zum Zufluss bei einer Jahresnetzkarte für die Deutsche Bahn vor (BFH Urteil vom 14.11.2012 - VI R 56/11, BStBl II 2013 S. 382). Der BGH hatte dort geurteilt, dass der geldwerte Vorteil mit Ausübung des Bezugsrechts in einer Summe zugeflossen war, das heißt, mit dem Erwerb der Jahresnetzkarte. Der Unterschied war, dass die Mitarbeiter in der Folge insoweit keine Ansprüche mehr gegen ihren Arbeitgeber, sondern nur noch gegenüber dem Verkehrsunternehmen hatten.
44-Euro-Grenze ist auf Kostenbasis nicht überschritten
Neben dem Zuflusszeitpunkt ist aber bei vielen Firmenfitnessmitgliedschaften ein weiteres Problem die Bewertung der nahezu unbegrenzten Trainingsmöglichkeiten und damit verbunden die eventuelle Überschreitung der Sachbezugsfreigrenze. Im Urteilsfall konnten die Mitarbeiter deutschlandweit Anlagen der angeschlossenen Partnereinrichtungen nutzen. Auch dazu hat der BFH entschieden.
Grundsätzlich ist der monatliche geldwerte Vorteil mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten Endpreis am Abgabeort anzusetzen (§ 8 Abs. 2 Satz 1 EStG). Vergleichbare Verträge für Endverbraucher wurden jedoch nicht angeboten und die Leistungen waren auch nicht mit einem üblichen Fitnessstudio vergleichbar.
Deshalb ist es nach dem Urteil des BFH nicht zu beanstanden, den Wert der Fitnessleistung im Wege einer Schätzung anhand der Kosten zu bemessen, die der Arbeitgeber seinerseits für die Fitnessberechtigung aufgewendet hat. Bei einem Bruttopreis von rund 50 Euro und unter Berücksichtigung der von den Mitarbeitern geleisteten Eigenanteile (von 16 Euro beziehungsweise 20 Euro) sei daher die 44-Euro-Freigrenze eingehalten worden, sodass der geldwerte Vorteil aus der Teilnahme an dem Firmenfitness-Programm nicht zu versteuern sei.
Die Verwaltung wendet das Urteil einschließlich der ausnahmsweisen Kostenbewertung an (BMF, Schreiben v. 11.02.2021 - IV C 5 - S 2334/19/10024 :003). Näheres zum Verwaltungserlass und welche weiteren zentralen Punkte sich durch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts im Gegensatz zur Entscheidung in der Vorinstanz beim Finanzgericht ergeben, erläutern wir im Beitrag "Sachbezug Fitnessstudio: Antworten auf wichtige Praxisfragen".
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