Scheinselbstständigkeit eines Bauleiters

Selbstständige Tätigkeit oder abhängiges Beschäftigungsverhältnis? Diese Entscheidung ist nicht immer einfach und immer wieder landen solche Fälle vor Gericht. So auch im Fall eines Bauleiters. Die Entscheidung des Sozialgerichts im Überblick. 

Seit 2018 war der Bauleiter aufgrund eines Rahmenvertrags mit dem Ziel der Begründung einer selbstständigen Tätigkeit im Architekturbüro des im Prozess beigeladenen Unternehmens tätig. 

Vertragliche Gestaltung sollte selbstständige Tätigkeit belegen

Demnach habe Weisungsfreiheit bestehen sollen, jedoch habe der Unternehmer Terminvorgaben und Details der Leistungserbringung festlegen können. Kontaktaufnahmen zu Kunden des Unternehmers haben der Zustimmung des Unternehmers bedurft. Vereinbart wurde eine Vergütung mit einem Stundensatz in Höhe von 45,- Euro netto. Die Tätigkeit habe in der Überwachung von Baustellen als Bauleiter bestanden. Ein Zeitnachweis sei nicht geführt, aber auf den Baustellen seien Fotos und Tagesberichte zur Dokumentation des Baufortschrittes erstellt worden. Eigenes Kapital habe der Bauleiter nicht eingesetzt. Die Haftung habe der Unternehmer übernommen. Dieser habe auch die Preisgestaltung mit den Kunden vereinbart.

Rentenversicherungsträger stellt Versicherungspflicht fest

Der beklagte Rentenversicherungsträger stellte die Versicherungspflicht des Bauleiters in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Hiergegen wandte sich der Bauleiter ohne Erfolg.

Sozialgericht: Indizien für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis 

Nach Auffassung des Sozialgerichts Dortmund habe keine die Versicherungspflicht ausschließende selbstständige Tätigkeit des Bauleiters vorgelegen. Vielmehr habe dieser seine Tätigkeit als Bauleiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ausgeübt. Als maßgebliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung wertete das Gericht, dass der Bauleiter in die Arbeitsorganisation des Architekturbüros des Beigeladenen eingegliedert gewesen sei und seine Arbeitsleistung dabei in eigener Person zu erbringen gehabt habe. Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation habe sich daraus ergeben, dass der Bauleiter bei seiner Aufgabenerledigung an die Vorgaben des Unternehmers gebunden gewesen sei, die dieser mit dem jeweiligen Kunden vereinbart hatte. 

Betriebliche Praxis bestätigt Scheinselbstständigkeit

Gegenüber den Kunden des Unternehmers sei der Bauleiter nicht als selbstständiger Vertragspartner, sondern als Mitarbeiter des Unternehmens aufgetreten. Entsprechend habe der Bauleiter die Abläufe auf den Baustellen des Unternehmers zu koordinieren und Weisungen zu erteilen gehabt. Fehlende Einzelweisungen in der betrieblichen Praxis seien – gerade bei höherqualifizierten Tätigkeiten – kein Indiz für eine grundsätzliche Weisungsfreiheit des Beschäftigten. Hinsichtlich seiner Arbeitszeiten sei der Bauleiter nicht frei gewesen, sondern habe diese an den sich ergebenden Notwendigkeiten der betrieblichen Aufgabenstellungen des Unternehmers auszurichten gehabt. Auch habe der Bauleiter für seine Tätigkeit bei dem Unternehmer kein eigenes Kapital eingesetzt und damit kein erhebliches Unternehmerrisiko getragen. Die Zahlung einer festen Stundenvergütung lasse die Annahme eines Unternehmerrisikos bei dem Bauleiter nicht zu. Schließlich sei es ohne Belang für die Beurteilung der Tätigkeit, dass der Kläger für den Unternehmer lediglich eine Teilzeitbeschäftigung ausgeübt habe.

Die Tätigkeit als Bauleiter in einem Architekturbüro stellt also eine abhängige Beschäftigung dar und unterliegt deshalb der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. 

Hinweis: Sozialgericht Dortmund, Urteil v. 10.3.2020, S 34 BA 4/19 (nicht rechtskräftig)

Sozialgericht Dortmund

Schlagworte zum Thema:  Scheinselbständigkeit