"Gesucht: Workaholic-Dental-Maniac. Ob Frau oder Mann – wer ist bereit, Woche für Woche 40 harte Stunden zu knüppeln (oder auch mehr – falls die Hände zu langsam sind!!!) und dabei ständig neue kleine Nüsschen zu knacken ... Arbeit und Kundenschelte in ständigem Wechsel zu ertragen ... und das Ganze unter Dauerkritik wohlmeinender Teamkollegen und Chefs (...)"
Mit diesem Text suchte kürzlich ein Zahntechnik-Labor nach einem neuen Mitarbeiter. Vielleicht sind Sie über dieses Fundstück bereits im Internet gestolpert, da es mit seinem skurrilen Anzeigentext schnell zu Diskussionen im Social Web angeregt hat, beispielsweise im Blog von Jo Diercks, Geschäftsführer der Cyquest GmbH.
Es ist sicherlich mutig und innovativ, potenzielle Bewerber mit einem Anzeigentext, der zunächst einmal negativ ausgelegt werden kann, neugierig auf den Job zu machen, und mit skurrilen Formulierungen für eine hohe Aufmerksamkeit zu sorgen. Was ich aber fast noch interessanter finde als den Mut zur Andersartigkeit, ist die Tatsache, dass die Anzeige in einem Printmedium erschienen ist. Seit Jahren wird gesagt "Die Printanzeige ist tot". Doch sie lebt immer noch. Zwar sind die kiloschweren Anzeigenteile mit Stellenanzeigen, wie sie noch vor zehn Jahren samstags von den Zeitungszustellern zu den Abonnenten geschleppt wurden, mittlerweile Geschichte. Und sie werden mit Sicherheit in dieser Form nicht wiederkehren. Aber für bestimmte Berufsgruppen (zum Beispiel Handwerk oder Pflege) und in bestimmten Branchen (zum Beispiel öffentliche Verwaltung, Forschung und Lehre) werden weiterhin sehr häufig Printanzeigen geschaltet.
Print wird nicht sterben
Auch Industrieunternehmen setzen nicht nur auf Online-Jobbörsen und Social Media, sondern durchaus auch auf das gedruckte Medium. Beispielsweise Brose Fahrzeugteile. Wie Tilmann Meyer, Director Recruiting and Expatriates bei Brose, kürzlich auf einem Praxisworkshop in München erläuterte, schaltet das Unternehmen gezielt auch Imageanzeigen in Printmedien. Print werde für ihn nicht sterben. Es sei vielmehr ein guter Weg, Personalmarketing zu betreiben, meinte Tilmann Meyer. Zusätzlich zu den Printanzeigen setzt das Unternehmen, das die Zahl seiner Beschäftigen zwischen 2003 und 2013 von rund 7.500 auf rund 21.500 erhöht hat, noch auf einen Mix vieler weiterer Kanäle – angefangen beim Sport-Sponsoring, um die Marke bekannt zu machen, über Praktikantenprogramme, um junge Talente früh an das Unternehmen zu binden, bis hin zu Social Media-Aktivitäten und ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm. Letzteres ist übrigens ein sehr erfolgreicher Rekrutierungskanal, der etwa ein Viertel aller Einstellungen im Unternehmen zur Folge hat.
Skurrilität ist nicht alles
Kommen wir nochmal zurück zum skurrilen Zeitungsinserat des Zahntechnik-Labors: Sicherlich hat der Betrieb mit seinem witzigen Text bei den Zeitungslesern in der Region für Aufmerksamkeit gesorgt. Er hat es sogar geschafft, dass die Aufmerksamkeit über das Medium Print hinausgegangen ist und die Anzeige überregional in Internetforen und Blogs diskutiert wurde. Doch kann er damit wirklich Erfolg haben? Der Leiter eines Zahntechnik-Labors, dem ich dieses Inserat vorgelegt hatte, zweifelt am Erfolg: "Zahntechniker ticken anders", sagte er. "Es sind nicht die kreativen Köpfe, die Innovationen wollen und Herausforderungen suchen. Vielmehr kommt es bei einem guten Zahntechniker auf die Präzision und Genauigkeit seiner Arbeit an." Jemand, dessen Arbeitsweise von Zuverlässigkeit, Akribie und Sorgfalt geprägt ist, könnte von einem zu flippigen Anzeigentext eher verunsichert werden.
Zudem zeigt ein Blick auf die Webseite des Unternehmens, dass es sich um einen eher traditionellen Betrieb mit langer Familienhistorie handelt: Präzision und Technik, Zusammenarbeit, Teamgeist und Vertrauen werden dort als Werte hochgehalten. Wer sich vom skurrilen Anzeigentext angesprochen fühlt, könnte enttäuscht werden, wenn er das Unternehmen betritt und feststellt, dass dort weniger Kreativität und Individualität, sondern eher "Offenheit, Vertrauen, kollegiale Zusammenarbeit" (so die Beschreibungen auf der Webseite) vorherrschen. Oder stimmen die Angaben auf der Webseite nicht und die Atmosphäre ist, wie im Inserat beschrieben, geprägt von Dauerschelte und Dauerkritik?
Seien Sie authentisch!
Sie sehen: Dieses Inserat, das zwar aufmerksamkeitsstark ist, aber so gar nicht mit dem Berufsbild und der Selbstdarstellung des Unternehmens zusammenpasst, wirft mehr Fragen auf, als es beantworten kann. Deshalb beachten Sie – egal welches Medium oder welche Medien Sie wählen, um auf Ihre Vakanzen aufmerksam zu machen: Seien Sie authentisch! Stellen Sie sich als Arbeitgeber dar, wie Sie wirklich sind. Befragen Sie Ihre Mitarbeiter, was für sie die Tätigkeit in Ihrem Unternehmen ausmacht und kommunizieren Sie diese Wesenszüge nach außen. Nur so können Sie es vermeiden, dass sich die falschen Leute bei Ihnen bewerben und dass sie – falls sie eingestellt werden – unglücklich in ihrem Job sind, weil ihre Erwartungen und die Realität einfach nicht zusammenpassen.