Die digitale Inkompetenz der Recruiter


Kolumne Recruiting: Digitale Inkompetenz der Recruiter

Der Vorwurf wabert durch die Twitter-Timelines: Personaler beweisen sich offenbar allzu häufig in digitaler Inkompetenz. Was daran wirklich stimmt und welche digitalen Grundlagen Personaler - und vor allem Recruiter - heute beherrschen müssen, zeigt Kolumnist Henner Knabenreich.

"Leider tendiert die digitale Kompetenz der personaler gegen Null." Das kommt nicht von mir, das schreibt Thomas Sattelberger, Deutschlands Vorzeige-Streitpersonaler, auf Twitter. Und zwar genau so. Nun kann man sich zu Recht darüber streiten, ob Rechtschreibung zu digitaler Kompetenz zählt. Vielleicht nicht zwingend, nein. Dennoch, ein gewisses Feingefühl im Umgang mit der deutschen Sprache zählt definitiv dazu. Fragen wir uns aber lieber, wie er zu dieser Feststellung kommt. Ihn direkt zu fragen hat leider wenig Erfolg gehabt. Zumindest auf Twitter. Soweit also zu seiner digitalen Kompetenz. Oder ist es digitale Ignoranz?


Wie auch immer. Auf eins können Sie als Leser dieser Zeilen schon einmal stolz sein: Ein Mindestmaß an digitaler Kompetenz bringen Sie auf jeden Fall mit. Ansonsten hätten Sie diese Kolumne in diesem verflixten Neuland Internet nämlich gar nicht gefunden.

Top-Management bremst Personaler aus

Schon klar, digitale Kompetenz von Personalern bezieht sich nicht alleine auf die Nutzung des Internets fürs Recruiting. Aber in dieser Kolumne geht es nun einmal genau darum. Im Übrigen ist es natürlich in der Tat so, dass es vielen Personalern an digitaler Kompetenz mangelt. Aber der Fisch stinkt ja bekanntlich vom Kopf – will sagen, wenn das Top-Management nicht als leuchtendes Beispiel vorangeht, kann man kaum erwarten, dass die HR-Verantwortlichen mit digitaler Kompetenz glänzen. Auf der anderen Seite werden Personaler, die darüber verfügen, nicht selten von ihren Führungskräften ausgebremst. Da haben wir dann den Salat!

Studien belegen die geringe digitale Kompetenz in HR

Und so sehen gemäß des „Sixth Annual Digital Survey“ von PwC zwar vier von fünf Top-Managern den technologischen Wandel als entscheidend für die Geschäftsmodelle der Zukunft. Dummerweise bescheinigen aber nur 20 Prozent der befragten rund 1.500 Entscheider ihrem Unternehmen eine herausragende digitale Kompetenz. Eine Metastudie von Centrestage, die die Auswertung von 90 Einzelstudien umfasst, bekräftigt diesen Eindruck. Insbesondere HR bekommt schlechte Noten: Sowohl in der Nutzung sozialer Technologien als auch als Treiber für neue Arbeitsformen liegt HR demnach am unteren Ende der Messlatte.


McKinsey wiederum stellt in "Wettbewerbsfaktor Fachkräfte" nicht nur fest, dass viele Unternehmen die Möglichkeiten des Personalmarketings nicht voll ausschöpfen beziehungsweise über keine weitsichtig angelegte Recruiting-Strategie verfügen – wenn es denn überhaupt eine gibt. Stattdessen konstatieren die Berater auch gleich, dass Verbesserungen meist in der Gestaltung der Online-Präsenz möglich sind.

Digitales Grundlagenwissen müsste schon beherrscht werden

Tatsächlich sollten die für das Thema Personalbeschaffung Verantwortlichen im Jahr 2015 die Klaviatur des Online-Recruitings beherrschen und sich mit Themen wie Suchmaschinenoptimierung, mobile Recruiting, der richtigen Stellenanzeige in der richtigen Jobbörse oder – als Ausgangsbasis für Active Sourcing – gepflegten und aussagekräftigen Profilen auf Xing oder Linkedin beschäftigen, um nur einige Punkte zu nennen. Und nicht nur beschäftigen, sondern auch beherrschen. Wobei das Beschäftigen zumindest schon ein erster, richtiger Schritt in Richtung digitale Kompetenz wäre.

Nichts überstürzen: Social Media professionell nutzen

Stürzen Sie sich also nicht blindlings auf eine Jobmesse mit Öffnungszeiten in Social Media. Vermeiden Sie, potenzielle Kandidaten mit gut gemeinten, aber doch eher als Spam empfundenen Xing-Nachrichten zu verschrecken. Und lesen Sie vor der Nutzung von Whatsapp für Recruiting-Zwecke unbedingt die Nutzungsbedingungen und prüfen Sie, ob Sie mit Ihrer Aktion gegen geltendes (Datenschutz-) Recht verstoßen.  


Übrigens, digital kompetente Unternehmen erwirtschaften mehr Gewinn als andere Firmen. Insofern sollte klar sein, dass Personaler mit digitaler Kompetenz eher als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden und auch schneller ihre Stelle besetzen.


Also, besuchen Sie (HR-) Barcamps, Seminare und Webinare, lesen Sie relevante HR-Blogs und tauschen Sie sich mit gleichgesinnten Kollegen aus der Szene aus. Kurz: Zeigen Sie Herrn Sattelberger, dass Sie eines nicht sind – digital inkompetent!

Blogger und Berater Henner Knabenreich

Henner Knabenreich ist Geschäftsführer der Knabenreich Consult GmbH. Er berät Unternehmen bei der Optimierung ihres Arbeitgeberauftritts. Zudem ist er Initiator von  www.personalblogger.net und betreibt selbst den Blog  personalmarketing2null.de.


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