Employer Branding: mehr als ein blumiges Versprechen


Kolumne Recruiting zu nachhaltigem Employer Branding

Eine Arbeitgebermarke zu bilden ist kein leichtes Unterfangen: Sie muss authentisch, glaubwürdig, und kreativ sein. Doch allzu oft endet die Markendenke an der Unternehmenstür – wenn der Bewerber überhaupt bis dorthin kommt. Kolumnist Henner Knabenreich weiß, warum dort viele scheitern.

Bereits in der letzten Kolumne hatte ich darüber geschrieben, dass man nicht nicht Employer Branding betreiben kann. Gerade las ich wieder von der "neuen Employer Brand" eines Unternehmens. Kann ich eine "Employer Brand", also eine Arbeitgebermarke, neu aufsetzen, neu gestalten? Aus Agentursicht betrachtet, ja. Klar. Hier ein neuer Slogan, hier ein paar neue Key Visuals, dort eine neue grafische Anmutung – fertig ist die neue Arbeitgebermarke.

Das ist natürlich absoluter Quatsch. Leider ist es aber nach wie vor so, dass Employer Branding eher als Kampagne verstanden wird. Wir machen uns mal optisch schön und versuchen mit bunten Bildern und blumigen Versprechen den Bewerber zu ködern.

Eine Arbeitgebermarke reift über mehrere Jahre heran

Wenn es eine neue Arbeitgebermarke gibt, was ist dann mit der alten? Hat die ausgedient? Eine Marke lässt sich nicht mal eben so innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten von einer Kreativagentur oder auch intern kreieren, vielmehr entsteht diese in einem Ablauf von vielen Jahren selbst durch die Innen- und Außensicht von Kunden, Bewerbern, Lieferanten, Mitarbeitern und vielen anderen Beteiligten.

Denn wie glaubhaft ist es, wenn beispielsweise ein Unternehmen, welches sich durch Bespitzelung oder Ausbeutung von Mitarbeitern einen Namen gemacht hat, plötzlich Top-Arbeitgeber ist und mit neuem Auftritt auf Bewerbersuche geht? Glauben Sie, die negative Außendarstellung ist mit einem Schlag durch eine neue Employer Brand vergessen?

Das Employer Branding ist nicht mit der Bewerbung beendet

Jetzt ist ja der Außenauftritt, die bunten Bilder, das tolle (Marketing-) Versprechen das eine. Ihnen ist es gelungen, den Bewerber einzulullen und dazu zu bringen, dass er genau das tut, wie Sie es sich in Ihren kühnsten Träumen vorgestellt hatten: Er bewirbt sich. Bei Ihnen. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben es geschafft! Und nun? War‘s das? Nein. Natürlich nicht. Jetzt heißt es dem Bewerber die Wertschätzung entgegenzubringen, die er Ihnen gegenüber zeigt.

Die "Candidate Experience" ist Teil der Arbeitgebermarke

Leider sieht es aber oftmals anders aus. Nun zeigen Unternehmen ihr wahres Gesicht. Wurde der Bewerber eben noch umgarnt, mit "Give Aways" auf Hochschulmessen zugeschmissen, wurde laut und unüberhörbar auf Karrierewebseite und Hochglanz-Imagebroschüre postuliert, dass der Mensch im Unternehmen im Mittelpunkt stehe und der Mitarbeiter das wertvollste Gut im Unternehmen sei, so wird er auf einmal mit Missachtung gestraft, wenn die Bewerbungsunterlagen bei Ihnen im Unternehmen eintreffen.

Während nämlich ein Großteil der Bewerber viel Zeit in die Erstellung der Bewerbungsunterlagen investiert, nimmt sich ein Personaler einmal gerade fünf Minuten Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. Wenn überhaupt. Hauptabsagegrund: Rechtschreibfehler – dass wer im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Gefühlt weist nämlich jede zweite Stellenanzeige oder Karrierewebseite das auf, was zu den Absagen führt, nämlich Rechtschreibfehler.

Die Stellenanzeigen müssen wie die Arbeitgebermarke überzeugen

Apropos: Die Stellenanzeigen selbst stellen für Bewerber eine erste Herausforderung dar. Diese sind nämlich alles andere als überzeugend, wie die Ergebnisse einer Studie von Talents Connect zeigen: Lediglich drei Prozent der Befragten findet den Informationsgehalt von Stellenanzeigen nämlich wirklich überzeugend. Die große Mehrheit (42 Prozent) hingegen beurteilt den Informationsgehalt eher als schlecht.

Denkbar ungünstige Voraussetzungen also für ein "Candy Date". Und in der Tat geht es munter weiter so: Bis die Unternehmen nämlich Feedback geben (damit ist jetzt nicht die Eingangsbestätigung gemeint, sondern der Zwischenbescheid oder eine Einladung), vergehen mitunter drei bis vier Wochen oder mehr. Wobei sich diese Bewerber schon glücklich schätzen können. Denn oft bekommen sie erst gar keine Rückmeldung auf ihre Bewerbung. Geht man so mit den Mitarbeitern von morgen um?

Das Employer Branding scheitert oft an allzu bunten Bildern

Was nützen also all die bunten Bilder und vollmundigen Versprechen, wenn sie sich als Farce erweisen? Wenn Bewerbungen entweder gar nicht oder erst nach Wochen beantwortet werden? Wenn Bewerber bei Anfragen abgewimmelt werden? Dann erweist sich ihre Arbeitgebermarke als echte Mogelpackung.

Henner Knabenreich ist Geschäftsführer der Knabenreich Consult GmbH. Er berät Unternehmen bei der Optimierung ihres Arbeitgeberauftritts. Zudem ist er Initiator von www.personalblogger.net und betreibt selbst den Blog personalmarketing2null.de.