"Wir haben eine hohe Win-Rate gegen den Wettbewerb"


Marktgespräch HR-Software mit Christopher Knörr von Workday

Der US-amerikanische Softwareanbieter Workday drängt selbstbewusst in den deutschen Markt. Eine Imagekampagne soll helfen, die Markenbekanntheit zu steigern. Auf technologischer Ebene sieht sich das Unternehmen gegenüber dem Wettbewerb bereits vorne. Im Marktgespräch HR-Tech spricht Christopher Knörr über die Strategie und Ziele des Herausforderers. 

Die Brust ist breit bei Workday. Erst kürzlich zeichnet das IT-Beratungsunternehmen Gartner den Cloud-Softwareanbieter aus dem kalifornischen Pleasanton als führend in der Kategorie "ERP für serviceorientierte Unternehmen" aus. Es ist bereits das siebte Jahr in Folge, dass Workday sich im renommierten Ranking in der besten Kategorie behauptet.

Zwar garantieren Platzierungen in Bestenlisten noch keine Kunden, doch scheinen sie dem Neugeschäft auch nicht zu schaden. Die Umsatzzahlen entwickeln sich – wie bei den meisten Softwareunternehmen - durchweg positiv. Im Geschäftsjahr 2022 verzeichnete das Unternehmen einen Umsatz von 4,96 Milliarden Euro. (Dezember 2022). Das entspricht einem Wachstum von rund 19 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im Umsatz liegt Workday noch deutlich hinter seinen Hauptwettbewerbern SAP (7,84 Miiliarden Euro; Dezember 2022) und Oracle (11,41 Milliarden Euro; Dezember 2022).

Deutschland ist einer von vier Wachstumsmärkten

Dennoch zeigt sich Christopher Knörr, Group Vice President DACH, zufrieden. Seit Juli 2022 verantwortet der 48-jährige die Geschäfte von Workday in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Es herrscht eine Aufbruchsstimmung in den Unternehmen", sagt er. Die Umsätze entwickelten sich gut.

Deutschland sei, neben Frankreich, Australien und dem Vereinigten Königreich, als einer von vier Wachstumsmärkten identifiziert worden. Länderspezifische Umsatzzahlen, die dies belegen könnten, weist das börsennotierte Unternehmen traditionell nicht aus. Derzeit beschäftigt der Softwareanbieter mehr als 17.500 Mitarbeitende weltweit, davon etwa ein Fünftel in Europa. "Personell sind wir stark gewachsen", sagt Knörr.

Hauptzielgruppe "gehobener Mittelstand"

Knörr wurde vom Rivalen SAP geholt, weil er den deutschen Markt seit vielen Jahren kennt. Zuletzt war er als Vertriebschef für mittelständische Kunden beim Walldorfer Softwareunternehmen. Er weiß also wovon er spricht, wenn er sagt, dass viele Unternehmen, gerade im Mittelstand, noch ohne Suite-Lösungen dastünden.

Workday will sie mit seinen ausschließlich cloudbasierten Lösungen für sich überzeugen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz fokussiert sich das Unternehmen auch weiterhin auf das Personalwesen von mittelständischen – und Großunternehmen, eines von drei Standbeinen des Anbieters. Gerade im gehobenen Mittelstand sieht Knörr Wachstumspotential, weil die Unternehmen sich digitalisieren.   Mit Financial Management und seiner Suite konzentriert sich der Anbieter gezielter auf bestimmte Branchen im Medium und Enterprise-Bereich. In den USA hingegen steht neben Human Capital Management das Finanzplanungsgeschäft im Vordergrund.

Showdown in der Fußballbundesliga

Wäre da nicht das Problem mit der Markenbekanntheit. In HR-Fachkreisen dürften Workday als Marke gesetzt sein. Ob es in der breiten Masse des deutschen Mittelstandes bereits ähnliche Bekanntheit hat wie SAP, darf indes bezweifelt werden. Die Online-Suche nach Referenzkunden aus Deutschland gestaltet sich schwierig. Zumindest einige, darunter Siemens Healthineers, Heidelberg Cement und Ex-DAX-Konzern Puma, lassen sich mit wenigen Klicks finden.

Dessen Personalchef Dietmar Knoess scheint von der Software durchaus angetan, wie er im Interview mit dem Personalmagazin (Ausgabe 08/2022) verriet. Damit ist er einer jener 97 Prozent zufriedener Kunden, auf die Workday nach eigenen Angaben besonders stolz ist, wie Knörr mehrfach betont. Auf Mundpropaganda allein will er sich allerdings nicht verlassen. Stattdessen setzt Workday auf maximale Sichtbarkeit. Im Juli verkündet das Unternehmen ein Sponsoring beim Borussia Dortmund bis Ende der Saison 2024. So kam es in der Hinrunde der Fußballbundesliga zu einem brisanten Duell. Gegen den SAP-Club TSG 1899 Hoffenheim gelang den Schwarzgelben ein knapper Sieg.

Workday: Cloud-Modell begünstigt Anbieterwechsel

Glaubt man Knörr, ist es nicht der einzige Erfolg im direkten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten. "Bei Pitches haben wir eine hohe Win-Rate gegen SAP und auch Oracle", behauptet er. Sich im direkten Wettbewerb durchzusetzen, stärke das Selbstbewusstsein. Darüber hinaus setzt Workday auf Vertriebspartnerschaften mit Unternehmensberatungen, darunter PwC, Deloitte und Kainos. Knörr nennt sie seinen "verlängerten Arm in den Markt". Den sieht der Vertriebsexperte zwar umkämpft, aber mit Potenzial für sein Unternehmen. Die Wechselbereitschaft sei sowohl im Mittelstand als auch bei Konzernen gegeben. Das Betriebsmodell Cloud trüge dazu bei. Verträge liefen meist drei bis fünf Jahre, danach würde evaluiert. Stünde der Investition in die Software dann kein Ertrag gegenüber, stiege die Offenheit für einen Anbieterwechsel, erzählt Knörr.

Die Verschiebung vom On-Premises-Nutzungsmodell, mit dem SAP erfolgreich wurde, hin zur cloudbasierten Software, könnte dem Herausforderer in die Karten spielen. Zwar setzen die Walldorfer auch längst auf Cloudlösungen, müssen jedoch den Spagat zwischen altem und neuem Modell schaffen. Hier sieht Knörr sein Unternehmen im Vorteil. "Wir arbeiten sehr agil und haben kurze Entscheidungswege", sagt er. Auch bei strategischen Entscheidungen hätte er Gestaltungsspielraum. Dennoch dürfte klar sein: Die Marschrichtung wird aus den USA vorgegeben, denn dort ist die globale Softwareentwicklung angesiedelt. Darin fließe das Feedback aller 9.500 Kunden weltweit ein, betont Knörr.

Tech-Branche: Unternehmen investieren vorsichtiger

Die Konjunktur hat sich weltweit abgekühlt. Die Börse sieht die Aussichten des Technologiesektors nicht mehr so rosig. Auch der Aktienkurs von Workday hat sich in den letzten zwölf Monaten fast halbiert. Noch seien die Auftragsbücher voll, sagt Knörr. Allerdings spüre man schon, dass die Unternehmen vorsichtiger würden. Investitionen stünden auf dem Prüfstand, Kaufentscheidungen würden mitunter vertagt.

Mittelfristig könne das das Wachstum drosseln, auf lange Sicht sei die Digitalisierung für die Unternehmen allerdings alternativlos. Außerdem möchte er Bestandskunden ausbauen. HR wäre damit das Einfallstor, um auch im Finanz- und Planungsbereich zum Zuge zu kommen. Ob Workday es damit in den deutschen Markt an die Spitze schafft, bleibt abzuwarten. In der Bundesliga überwintert Dortmund deutlich vor Hoffenheim – aber hinter den eigenen Ambitionen.


Zur Serie: Im "Marktgespräch HR Tech" spricht die Haufe Online Redaktion in regelmäßigen Abständen mit Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen etablierter Softwarehäuser sowie aufstrebender Startups und beleuchtet dabei die Entwicklungen und Trends im Markt für HR-Software.