Studie: Dialekte am Arbeitsplatz

Dialekte werden im Berufsleben immer seltener gesprochen. Das zeigt eine neue Studie von Babbel. Insbesondere jüngere Beschäftigte geben an, im beruflichen Umfeld lieber Hochdeutsch zu sprechen, weil sie das für die professionellere und inklusivere Art der Kommunikation halten.

Wie relevant sind Dialekte im beruflichen Umfeld und inwieweit beeinflussen sie den Arbeitsalltag in Deutschland? Dieser Frage ist die B2B-Sprachlernplattform Babbel for Business in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov in einer umfassenden deutschlandweiten Online-Studie nachgegangen, in der großflächig Dialektsprechende aus allen Regionen Deutschlands befragt wurden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Dialekte im Berufsleben – auch bedingt durch einen Generationswechsel – immer seltener werden. Mit knapp 71 Prozent gibt die große Mehrheit der dialektsprechenden Befragten an, im beruflichen Umfeld "selbstverständlich" Hochdeutsch zu verwenden. Sie empfinden diese Ausdrucksform nicht nur als klarer und verständlicher, sondern auch als professioneller. Insbesondere in formalen oder öffentlichen Kontexten wird Hochdeutsch als universelles Kommunikationsmittel angesehen.

Nur Ältere sprechen Dialekt im Beruf

Der Rückzug der Dialekte hängt, so die Studienergebnisse, in erster Linie mit der Altersverteilung zusammen. Über die Hälfte der Menschen, die in ihrem Leben einen Dialekt gelernt haben, ist älter als 55, nur 5 Prozent der Dialektsprechenden sind unter 24. Diese Zahlen zeigen, dass Dialekte bei der jüngeren Generation grundsätzlich deutlich seltener gesprochen werden. Gerade für diese Generation steht aber auch, so die Studienautoren, Verständlichkeit und Inklusion in der beruflichen Kommunikation im Vordergrund. Die Folge: Dialekte werden von jüngeren Beschäftigten im beruflichen Kontext oder in öffentlichen, digitalen Räumen wie Social Media kaum genutzt  – sie werden eher in den privaten und intimen Bereich verortet.

"Die Generation Z wächst in einer Zeit auf, in der Globalisierung und Digitalisierung eine immer größere Rolle spielen", so die Sprachexpertin Maren Pauli. "In einer zunehmend vernetzten Welt wird Standard- oder Hochsprache im Arbeitsumfeld als die 'gemeinsame Sprache' angesehen. Sie dient dazu, Barrieren abzubauen und Verständigung zu erleichtern – insbesondere in heute meist multinationalen Teams. Außerdem spielt die digitale Kommunikation eine wichtige Rolle im Arbeitsalltag der Gen Z. Hier geht es oft um schnelle, klare und präzise Kommunikation. Dialekte können dabei den Lesefluss erschweren oder im Worst Case zu Missverständnissen führen."

Interessanterweise zeigt die Studie, dass es vor allem bei den älteren Generationen über 55 Jahre noch Erinnerungen an Diskriminierung im Arbeitsumfeld aufgrund des Dialekts gibt. Rund 22 Prozent dieser Altersgruppe berichten von negativen Erfahrungen im Job, weil sie Dialekt gesprochen haben. Dies, so Maren Pauli, Head of B2B Didactics bei Babbel for Business, deute darauf hin, dass in der Vergangenheit regionale Unterschiede und Dialekte möglicherweise tatsächlich Barrieren in der Karriere darstellten. Heute jedoch seien solche Erfahrungen eher selten, die Mehrheit der Befragten (58 Prozent) gibt an, nie Nachteile durch das Sprechen eines Dialekts erfahren zu haben.

Dialekte als Recruitingvorteil 

Die Studie belegt weiter, dass Dialekte heute kaum negative Emotionen hervorrufen. Scham oder das Gefühl, aufgrund der eigenen Sprachweise abgelehnt zu werden, spielen so gut wie keine Rolle mehr. Nur wenige finden es unangenehm, anhand ihres Dialekts regional zugeordnet zu werden. Im Gegenteil: Die überwiegende Mehrheit (60 Prozent) ist stolz auf ihre Mundart. Knapp 65 Prozent der Befragten erfahren durch ihren Dialekt eine starke Heimatverbundenheit und sehen ihren Dialekt als Ausdruck der eigenen Herkunft.  

Für Unternehmen ziehen die Studienautoren aus diesen Ergebnissen weitere Handlungsoptionen: Eine offene und inklusive Unternehmenskultur, die die Vielfalt von Dialekten anerkenne und wertschätze, könne ihrer Ansicht nach das Employer Branding und das Recruiting stärken. Insbesondere in ländlichen Gebieten oder in Branchen mit starkem regionalen Bezug könne diese regionale Verwurzelung eine wichtige Rolle spielen. "Unternehmen, die gezielt in einer bestimmten Region nach Talenten suchen, können diese emotionale Kraft von Dialekten gezielt für ihre Arbeitgeberkommunikation nutzen. Durch den Einsatz regionaler Dialekte in Stellenanzeigen, Social-Media-Kampagnen oder Unternehmensbotschaften können sie eine authentische Ansprache schaffen, die Sympathie weckt und eine erste, positive Bindung zu potenziellen Bewerbenden aufbaut", erklärt Maren Pauli.

Ranking der Dialekte, die als intelligent wahrgenommen werden

Um herauszufinden, wie Dialekte in Deutschland wahrgenommen werden, wurde auch untersucht, welche Eigenschaften Menschen, die einen Dialekt gelernt haben, mit anderen Dialekten verbinden. Die Befragten bewerteten die Dialekte nach unterschiedlichen Kriterien, darunter Attraktivität, Sympathie und Intelligenz. Für die Bewertung der Dialekte, die als intelligent wahrgenommen werden, zeigt sich dabei ein klares Ranking:

Platz 1: Niederdeutsch

Platz 2: Bayrisch

Platz 3: Hessisch

Platz 4: Fränkisch

Platz 5: Rheinisch

Platz 6: Schwäbisch

Platz 7: Sächsisch

Platz 8: Alemannisch

Platz 9: Berlinerisch

Platz 10: Pfälzisch

Platz 11: Thüringisch-Obersächsisch

Platz 12: (Ost-)westfälisch

Platz 13: Brandenburgisch


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