Tattoos und Tore – sie gehören zusammen


Tattoos und Tore – sie gehören zusammen

Fußball und HR: Hier gibt es viele Parallelen. Die Redaktion des Personalmagazins schaut die WM durch die HR-Brille an und berichtet aktuell. Heute: Ob der Trend zum gestochenen Körperschmuck einen Stellenbewerber aus dem Einstellungsverfahren kicken kann.

Früher kannte man Tätowierung nur bei Seeleuten, Gefängnisinsassen oder Türstehern - eine ganz besondere Klientel, die sich von Otto-Normal-Bürger abgrenzte.  Seit in den 90er-Jahren der gestochene Körperschmuck in Form der sogenannten Arschgeweihen weibliche Rückenansichten zierte,  sind Tattoos in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Wer heute hipp, kreativ, das Bad-Boy-Image zelebrieren und vor allem individuell sein möchte, der trägt ein Tattoo.

Aktuell war und ist die Vielfalt der Tattoo-Motive während des Trikottauschs bei der Fußball-WM zu bestaunen: Der Spanier Raul Meireles ist tätowiert, ebenso sein Kollege Sergio Ramos, Brasiliens Dante, Jerome Boateng oder dessen Bruder Kevin Prince Boateng. Vom Namenszug der Liebsten über sakrale Motive bis hin zu philosophischen Weisheiten wie  "Love vs Pain and Pain vs Love"  ist alles vertreten. Tore und Tattoos – sie gehören inzwischen einfach zusammen und keiner wird deswegen vom Platz gestellt.

Doch wie weit geht die Toleranz, wenn der potentielle Arbeitgeber nicht FC Bayern München oder FC Schalke 04 heißt? Dann kann es recht schnell mit der Toleranz vorbei sein. Oft werden tätowierte Bewerber gar nicht erst eingestellt.

Keine Tattoos bei der Bundespolizei

In einem aktuellen Fall hat ein Verwaltungsgericht entschieden, dass eine Bewerberin für den Dienst bei der Bundespolizei unter Hinweis auf eine großflächige Tätowierung ihres Unterarms abgelehnt werden darf. Nach Auffassung des Dienstherrn, der Bundesrepublik Deutschland, sei die Uniform Ausdruck der Legitimation und der Neutralität des Polizeibeamten. Diese könnten durch eine Tätowierung beeinträchtigt werden. Bei Einsätzen mit Gefährdungs- und Konfliktpotenzialen gehe es darum, möglichst keine Ansätze für Provokationen zu bieten. Sichtbare Tätowierungen könnten das Misstrauen des Bürgers schüren, weil sie als Zeichen eines gesteigerten Erlebnisdrangs verstanden werden könnten. Solche Tätowierungen würden eine überzogene Individualität zum Ausdruck bringen, die die Toleranz anderer übermäßig beanspruchen.

Können sich Tätowierte auf eine Diskriminierung berufen?

Für Arbeitgeber in der Privatwirtschaft gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Sie können, müssen aber nicht mit jedem einen Arbeitsvertrag abschließen. Dennoch müssen sie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) auch bei Stellenbewerbern beachten. Danach dürfen sie einen Bewerber nicht aufgrund der die Rasse, ethnischer Herkunft, des Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, des Alter oder der sexuelle Identität diskriminieren. Eine Tätowierung spielt hier grundsätzlich keine Rolle. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen ein Tattoo auf eine bestimmte Religionszugehörigkeit oder sexuelle Identität schließen lassen. Dann könnte das AGG wieder ins Spiel kommen.

Das AGG ist allerdings nicht die einzige Einschränkung, die die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers beschränkt. Arbeitgeber dürfen bestimmte Gruppen nicht ohne sachlichen Grund von einer bestimmten Maßnahme oder Leistung ausschließen. Diese Regel gilt nach dem allgemeinen, arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Vor Begründung des Arbeitsverhältnisses gilt dieser Grundsatz mangels Arbeitsvertrag allerdings nicht. Damit ist er auf einen abgelehnten tätowierten Bewerber nicht anwendbar, selbst wenn die Tätowierung der einzige Grund für die Nichtberücksichtigung war. Ob die Ablehnung unsächlich war oder sachlich gerechtfertigt ist, spielt deshalb keine Rolle, wie die Rechtsanwälte Marco Ferme und Thomas Heer von der Kanzlei Beiten Burkhardt erklärt haben.

Fußballverein verbot Tattoos während der Spielzeit

Da sich  immer mehr Fußballer mit einem Tattoo schmücken, kann das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein einer Tätowierung bei der Bewerbung für einen anderen Verein, bei Transfergesprächen künftig  keine  problematische Frage sein, jedenfalls nicht aus ästhetischen Gründen. Denn dann sehen ja alle gleich aus.

Dass Tattoos bei Fußballprofis aber zu einem gesundheitlichen Problem werden können, hatte Werder Bremen bereits 2011 erkannt und verbot damals neue Tattoos bei seinen Spielern während der Bundesligaspielzeit. Die Gefahr einer Infektion beim Stechen und anschließender gesundheitlicher Auszeit  war den Managern zu groß.

Darüber hinaus kann es bei einigen  Fußballer aber auch zu Platzproblemen kommen. Gemeint sind hier nicht sportliche Probleme auf dem Platz, sondern die Frage, ob es noch einen freien Platz auf dem Körper des Sportlers gibt. Der eine oder andere läuft bereits heute als wandelnde Litfaßsäule durchs Stadium und könnte,  würde man oben ohne spielen, der Bandenwerbung ernsthaft Konkurrenz machen.

Autorin: Renate Fischer, Haufe Online-Redaktion