Unternehmen setzen auf Up- und Reskilling

Upskilling ist aktuell die meistgenutzte Strategie von Unternehmen, um ihre Mitarbeitenden mit den zukunftsrelevanten Qualifikationen auszustatten: 48 Prozent der Befragten des Hays HR-Reports 2025 finden es besonders wichtig, dass Beschäftigte die Kenntnisse in ihrem bereits bestehenden Aufgabenfeld erweitern. Dem Reskilling, also dem Umschulen auf neue Tätigkeiten, messen dagegen nur 36 Prozent einen besonders hohen Stellenwert bei. Deskilling – der Abbau von Kompetenz, wenn Aufgaben wegfallen – hat mit 14 Prozent bisher am wenigsten Priorität. Upskilling-Maßnahmen betreffen in den befragten Unternehmen ganze 46 Prozent der Belegschaft, Reskilling immerhin 27 Prozent, Deskilling bisher nur 14 Prozent der Beschäftigten.

Welche Weiterbildungs-Strategien nutzen Unternehmen?
Der HR-Report ist eine der am längsten laufenden HR-Befragungen in Deutschland. Er wird jährlich vom Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) und dem Personaldienstleister Hays herausgegeben und erscheint dieses Jahr in der 14. Ausgabe. Mit dem Schwerpunktthema "Fit für die Arbeit der Zukunft?" legt der aktuelle Report das Augenmerk auf die Strategien, mit denen Unternehmen ihre Mitarbeitenden auf Veränderungen in der Arbeitswelt vorbereiten.
An der diesjährigen Befragung haben 975 Person aus Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen. Knapp die Hälfte von ihnen (45 Prozent) sind Führungskräfte aus Fachabteilungen, 22 Prozent sind Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung, 18 Prozent gehören der Unternehmensleitung an und 14 Prozent sind Führungskräfte im HR-Bereich. Die Befragten sind vor allem im Industriesektor (35 Prozent), im Dienstleistungsbereich (47 Prozent) und im öffentlichen Sektor (18 Prozent) beschäftigt.
Das sind die größten Treiber für Veränderung
Die häufigsten Gründe, warum Unternehmen Maßnahmen zur Weiterbildung und Umqualifizierung einleiten, sind technologische Veränderungen: 48 Prozent der Befragten nannten diese als Treiber für Upskilling, 38 Prozent als Treiber für Reskilling. Der zweitwichtigste Treiber sind veränderte Kundenwünsche, was 41 Prozent der Teilnehmenden im Zusammenhang mit Upskilling und 31 Prozent als Motiv für Reskilling nannten. Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit landete mit 33 beziehungsweise 30 Prozent auf dem dritten Platz.

64 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeitenden mit der Entwicklung von künstlicher Intelligenz zunehmen werden, 59 Prozent rechnen sogar damit, dass Routinetätigkeiten durch KI ersetzt werden. Andererseits sehen auch 54 Prozent einen Polarisierungseffekt: Sie halten es für möglich, dass durch KI sowohl die Nachfrage nach hoch- als auch nach niedrigqualifizierter Arbeit steigt. Die Befragten halten künstliche Intelligenz auch für einen der größten Treiber für Deskilling: 40 Prozent denken, dass manche Personen bald auf niedrig qualifizierte Tätigkeiten zurückzugehen müssen, weil ihre Arbeitskraft durch künstliche Intelligenz ersetzt wird. Das scheint aber in den meisten Unternehmen noch eher ein Zukunftsszenario zu sein.
Großer Bedarf an digitalen und technologischen Kompetenzen
Den größten Fortbildungsbedarf sehen die Befragten bei der Weiterentwicklung von digitalen Skills (32 Prozent), fachspezifischen Kompetenzen (28 Prozent) und technologischen Kompetenzen, beispielsweise im Umgang mit Data Analytics und KI (26 Prozent). Weniger Bedeutung messen sie sozialen Kompetenzen bei: nur 12 Prozent sehen hier Handlungsbedarf. Frauen und Befragte aus dem öffentlichen Sektor nannten soziale Kompetenzen etwas häufiger, während Männer und Befragte aus der Industrie die technologischen Skills höher gewichten.
Ob und inwiefern Weiterbildungsbedarf im Unternehmen besteht, identifizieren laut der Befragung hauptsächlich die Fachabteilungen oder die Unternehmensleitung. HR-Führungskräfte sehen sich allerdings stärker in der Verantwortung als die Gesamtgruppe der Befragten. Entscheidungen darüber, wer an Qualifizierungsmaßnahmen teilnimmt, treffen meist die jeweiligen Führungskräfte und die Unternehmensleitung. Sowohl bei Up- als auch bei Reskilling sind derzeit vor allem Präsenzveranstaltungen und Online-Formate die Mittel der Wahl.
Größere Unternehmen gehen bei Upskilling & Reskilling strategischer vor
Trotz des hohen Stellenwerts von Upskilling sind entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen noch nicht überall strategisch verankert: Nur 37 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen klare Strategien zum Upskilling verfolgt. 32 Prozent kombinieren strategische Ansätze und Ad-Hoc-Ansätze, 19 Prozent handeln ausschließlich reaktiv. Beim Reskilling haben 31 Prozent eine strategische Planung integriert, 24 Prozent agieren nur bei akutem Bedarf. Während große Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitenden Up- und Reskilling umfassender strategisch planen, setzen kleinere Unternehmen (unter 500 Mitarbeitende) häufiger auf spontane Maßnahmen.
Die Langzeitbetrachtung des HR-Reports zeigt: Die Bindung von Mitarbeitenden ist mit 51 Prozent das wichtigste HR-Handlungsfeld. Laut den Befragten gelingt diese am besten durch ein gutes Betriebsklima (65 Prozent), marktgerechte Entlohnung (57 Prozent) und flexible Arbeitszeiten (48 Prozent). Die Unternehmen geben sich der Befragung nach auch Mühe, Up- und Reskilling möglichst während der Arbeitszeit stattfinden zu lassen: In 58 Prozent der Organisationen können Beschäftigte vollständig während der Arbeitszeit an ihren Upskilling-Maßnahmen teilnehmen, bei einem Drittel ist dies zumindest teilweise möglich. Bei Maßnahmen zum Reskilling gewähren immerhin 50 Prozent der Betriebe ein vollständiges Zeitkontingent für Schulungen innerhalb der Arbeitszeit. In 38 Prozent der Organisationen können die Beschäftigten zumindest einen Teil ihrer Arbeitszeit für Reskilling-Maßnahmen nutzen.
Herausforderungen beim Reskilling begegnen & Ängste ernst nehmen
Für die meisten Unternehmen und Beschäftigten scheint es selbstverständlich zu sein, ihre bereits vorhandenen Kompetenzbereiche zu erweitern. Doch sich in ein völlig neues Aufgabenfeld einzuarbeiten, ist laut dem Report derzeit noch mit einigen Herausforderungen verbunden: 46 Prozent der Befragten nannten den hohen Zeitaufwand als größte Herausforderung beim Reskilling, 35 Prozent nannten den hohen finanziellen Aufwand, 33 Prozent gaben an, dass von den Beschäftigten häufig Widerstände kämen. Auch die Unterbrechung der Arbeitsabläufe durch Schulungsphasen (30 Prozent), das Fehlen einer Lernkultur im Unternehmen (27 Prozent) und die mangelnde Eignung der Beschäftigten für das Reskilling (27 Prozent) wurden genannt.
Für die Beschäftigten stehen ganz klar die Themen Angst und Überforderung im Mittelpunkt. Jeweils 45 Prozent von ihnen fürchten, den neuen oder zusätzlichen Anforderungen nicht gewachsen zu sein oder haben Angst vor der Veränderung ihrer Arbeitsaufgaben. Die Angst vor der Veränderung der Arbeitssituation, zum Beispiel durch veränderte Arbeitszeiten und -orte, ist für 39 Prozent der Befragten ein Thema. 36 Prozent haben Angst vor der Veränderung in der Zusammenarbeit, etwa durch ein neues Team, knapp ein Drittel fürchtet, von den Inhalten der Schulungen überfordert zu sein. Von Führungskräften erwarten die Befragten vor allem, dass sie ihre Mitarbeitenden für die Notwendigkeit von Reskilling sensibilisieren, transparent über geplante Veränderungen und Entwicklungen kommunizieren und sie in dem Veränderungsprozess begleiten und unterstützen – so können sie eine Lernkultur etablieren und der Belegschaft zumindest einen Teil der Ängste nehmen.
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