Das hindert Erwachsene an Weiterbildungen
Über die Hälfte der 25- bis 64-Jährigen in Deutschland bildet sich regelmäßig weiter – so sagt es der jährlich erscheinende Bericht "Bildung auf einen Blick" der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Der Anteil ist in den letzten Jahren leicht gestiegen: 2016 lag er in Deutschland bei 51 Prozent, im Erhebungszeitraum 2022 bei 59 Prozent.
Nachfrage nach Weiterbildung in Deutschland über dem Durchschnitt
Damit bilden sich die Erwachsenen in Deutschland etwas häufiger weiter als in anderen OECD-Ländern - aktuell liegt der Durchschnitt bei 46 Prozent und ist seit 2016 unverändert geblieben. Mit 74 Prozent absolvierten die Menschen in Schweden während des letzten Erhebungszeitraums die meisten Weiterbildungen, in Griechenland sind es mit 17 Prozent die wenigsten.
Für den Bericht entwickelt und analysiert die OECD vergleichbare Indikatoren und bezieht sich auf länderspezifische Ergebnisse aus anderen Studien. Die Analyse bezieht sich auf das gesamte Bildungssystem der untersuchten Länder und widmet dabei auch ein Kapitel der Erwachsenenbildung.
Hindernisse für Weiterbildung
Auf die Frage, was sie von Weiterbildungen abhält, nannten die Befragten vor allem Terminkonflikte. In mehr als zwei Drittel der Länder war dies der häufigste Hinderungsgrund von Erwachsenen, die gerne an Bildungsangeboten teilnehmen würden, dies aber nicht taten. In Deutschland berichteten 33 Prozent der Befragten von Terminkonflikten als Hindernis, 24 Prozent besuchten aus Kostengründen keine Weiterbildung. Auch familiäre Verpflichtungen stehen Weiterbildungen im Weg; bei Frauen deutlich häufiger (32 Prozent) als bei Männern (20 Prozent).
Viele Befragten waren auch der Meinung, dass sie keine Weiterbildung benötigen: im Durchschnitt gaben das 70 Prozent der Personen, die keine Weiterbildung besucht haben, als Grund an. Hier sind gravierende Unterschiede zwischen den Ländern zu beobachten: In den Niederlanden sahen nur 41 Prozent keine Notwendigkeit zur Weiterbildung, in Bulgarien und Litauen waren es über 90 Prozent. Auch von den Befragten aus Deutschland, die keine Weiterbildung besucht haben, sahen neun von zehn Personen keinen Bedarf.
Weiterbildungsnachfrage: große Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Mit zunehmendem Alter sind die Menschen weniger geneigt, zu glauben, dass sie Weiterbildungen benötigen; durchschnittlich 68 Prozent der 25- bis 34-Jährigen, die nicht an Erwachsenenbildung teilnahmen, sahen keinen Bedarf dafür. Bei den 45- bis 54-Jährigen stieg dieser Anteil auf 71 Prozent und bei den 55- bis 64-Jährigen auf 74 Prozent. Dabei sehen Männer häufiger keinen Weiterbildungsbedarf als Frauen: Durchschnittlich 73 Prozent der befragten Männer geben an, dass sie aus diesem Grund nicht an Bildungsangeboten teilnehmen, während nur 68 Prozent der Frauen dieser Aussage zustimmen. In Deutschland liegen Männer (90 Prozent) und Frauen (89 Prozent) hier sehr nah aneinander.
Insgesamt beteiligen sich Frauen eher an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen als Männer. Dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern hat sich in den letzten Jahren leicht vergrößert. Während die Weiterbildungsbeteiligung bei Frauen 2016 nur einen Prozentpunkt über der der Männer lag, waren es im aktuellen Erhebungszeitraum 3 Prozentpunkte. Kleine Kinder im Haushalt sowie andere familiäre Verpflichtungen wirken sich vor allem in Ländern wie Ungarn und der Slowakei unverhältnismäßig stark auf die Möglichkeit von Frauen aus, an Angeboten der Erwachsenenbildung teilzunehmen. Im Durchschnitt der OECD-Länder hat sich dieser Geschlechterunterschied jedoch angeglichen: Männer und Frauen mit kleinen Kindern im Haushalt nahmen 2022 gleich häufig an Maßnahmen der Erwachsenenbildung teil, während die Frauen 2016 noch zwei Prozentpunkte unter den Männern lagen.
Nicht formale Weiterbildung dominiert bei Erwachsenen
Hinter dem Beteiligungstrend verbergen sich Unterschiede zwischen formaler und nicht formaler Weiterbildung, wobei letztere in der Erwachsenenbildung dominiert. Im Durchschnitt gaben 42 Prozent der 25- bis 64-Jährigen an, an nicht formaler Weiterbildung teilgenommen zu haben, während die Beteiligungsquote bei der formalen Weiterbildung nur 7 Prozent beträgt. Unter formaler Weiterbildung versteht der Bericht Bildungsangebote, die meist zu einem von Behörden oder anderen Institutionen anerkannten Abschluss führen und so Teil des Bildungssystems eines Landes sind. Nicht formale Bildung dagegen wird in der Regel in Form von kurzen Kursen, Workshops oder Seminaren vermittelt, die meist nicht zu institutionell anerkannten Abschlüssen führen, dafür aber flexibel sind.
Einer der Gründe, warum Erwachsene an formaler Weiterbildung teilnehmen, ist die verlängerte Dauer der Ausbildung an Hochschulen und Fachschulen. Vor allem Personen zwischen 25 und 29 Jahren befinden sich demnach oft noch in ihrer ersten berufsbildenden Ausbildung: Im Durchschnitt der OECD-Länder beteiligten sich im Jahr 2020 immerhin 12 Prozent der Personen in dieser Altersgruppe an einer formalen Ausbildung, verglichen mit 4 Prozent der 30- bis 39-Jährigen und weniger als einem Prozent der Personen über 40 Jahren. Einige Länder, darunter Schweden, bieten inzwischen formale Bildungsgänge speziell für Erwachsene auf dem zweiten Bildungsweg an. Der OECD-Bericht weist darauf hin, wie wichtig eine ausgeprägte Kultur der Erwachsenenbildung für die Zukunft ist. Denn viele Beschäftigte in klimaschädlichen oder automatisierbaren Berufen verfügen aktuell nicht über ausreichende Qualifikationen für grüne und zukunftsfähige Arbeitsplätze.
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