Was Green Teams für Unternehmen tun können

Susanne Blazejewski, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Alanus Hochschule, erforscht, was sogenannte "Green Teams" kenn­zeichnet und was sie in Organisationen erfolgreich macht. Diese Gras­wurzel­­initiativen können den Aufbau von Nach­haltigkeits­kom­pe­­tenzen stärken und eine nachhaltige Organisations­ent­wicklung befeuern. Doch manchmal scheitern sie auch. 

Personalmagazin neues lernen: Die grundlegende Frage zuerst: Was ist ein Green Team?

Susanne Blazejewski: In Green Teams tun sich Mitarbeitende zusammen, um sich für mehr Nachhaltigkeit zu engagieren – und zwar freiwillig, jenseits ihres eigentlichen Jobs. Für sie ist das also eine "Extra Role", weil sie in der Regel nicht im Nachhaltigkeitsmanagement arbeiten. Aber da fangen die Definitionsprobleme schon an: Oft lässt sich das nicht so scharf trennen und dann gibt es doch Green Teams, in denen Sustain­ability-Managerinnen und -Manager mitmischen. 

Personalmagazin neues lernen: Eigentlich sind es also reine Freiwilligeninitiativen?

Susanne Blazejewski: Ja, aber Mitarbeitende können in der Praxis oft einen Teil ihrer Arbeitszeit auf die Aktivitäten in Green Teams verwenden – arbeitsrechtlich sollte man das auf jeden Fall frühzeitig klären. Zumindest in Deutschland dürfen Beschäftigte nicht einfach irgendetwas mit ihren Arbeitsmitteln tun und brauchen dafür eine Genehmigung oder einen Auftrag.  

Green Teams als zusätzliches Organ für Nachhaltigkeitsfragen

Personalmagazin neues lernen: Inwiefern ist es relevant, dass Mitglieder von Green Teams keine offizielle Rolle im Nachhaltigkeitsmanagement von Unternehmen haben?

Susanne Blazejewski: Als Freiwilligenorganisation haben Green Teams einen gewissen Spielraum. Man kann ihnen keine Anweisungen geben. Sie haben keine KPIs zu erfüllen. Green Teams können nicht die Nachhaltigkeitsfunktion ersetzen – und das wollen sie auch nicht. Es handelt sich um ein zusätzliches Organ, das sich jenseits der Linienstruktur um Nachhaltigkeitsfragen kümmert. Wenn Unternehmen denken: "Prima, damit spare ich mir die Nachhaltigkeitsfunktion, und die Green Teams erfüllen Nachhaltigkeitsaufgaben so nebenher", funktioniert das nicht. Dann sind Green Teams schnell total überlastet, überfordert und verbrannt. Die Verantwortung für Nachhaltigkeit liegt immer bei der Geschäftsführung und der entsprechenden Fachfunktion. 

"In Green Teams engagieren sich Mitarbeitende für mehr Nachhaltigkeit – neben ihrem Job." – Susanne Blazejewski, Alanus Hochschule

Personalmagazin neues lernen: Was ist die Hauptmotivation von Beschäftigten, sich in Green Teams zu engagieren? Die Welt zu einem besseren Ort machen oder konkret das Unternehmen auf ihrer Nachhaltigkeitsagenda voranbringen?

Susanne Blazejewski: Die Leute in Green Teams sind meist sehr stark intrinsisch motiviert, für Nachhaltigkeit insgesamt mehr zu tun – privat, im öffentlichen Raum und am Arbeitsplatz. Oft wurzelt das in der eigenen Identität und Biografie. Die Menschen haben eine klare Wertebasis. Viele haben Kinder und wollen ihnen ein gutes Leben auf dem Planeten ermöglichen. Einige haben auch Nachhaltigkeitsmanagement studiert und bringen wichtige Kompetenzen für Nachhaltigkeit ein. Die wollen tatsächlich etwas verändern.

Personalmagazin neues lernen: Was können Green Teams überhaupt für mehr Nachhaltigkeit von Unternehmen erreichen, wenn sie gar keinen offiziellen Auftrag und keine klar definierten, messbaren Ziele haben?

Susanne Blazejewski: Der Beitrag von Green Teams besteht nicht vorrangig darin, Wirksamkeit im Sinne von Emissionsverringerung oder Performance Kennzahlen zu generieren. Das ist natürlich wichtig. Aber das wird einerseits oft noch nicht gemessen, was sich nun mit den neuen ESG-Berichtspflichten ändern könnte. Andererseits haben die Green Teams oft kein klares Ziel definiert. Einen dezidierten Strategieprozess beobachte ich nur bei den Green Teams in großen Organisationen. In kleinen und mittelständischen Unternehmen geht es insgesamt darum, den Boden für Nachhaltigkeit zu bereiten und Mitarbeitende dafür zu aktivieren. Also quasi als Vorbereitung für das, was dann aus der Nachhaltigkeitsfunktion oder manchmal auch aus der Personalabteilung kommt und oft stark auf Performance- und Emissionskriterien ausgerichtet ist. Das kann dazu beitragen, dass Beschäftigte besser auf die Programme der Nachhaltigkeitsabteilung reagieren und aktiver für deren Umsetzung sorgen. Die Arbeit der Green Teams wirkt also vor allem indirekt auf die Nachhaltigkeitsorientierung des Gesamtunternehmens. Und ist gleichzeitig oft sehr sichtbar – mit schönen Bildern und guten Storys für die Nachhaltigkeitskommunikation. Für Green Teams ist das ein bisschen schade, denn ihnen ist echte, messbare Wirksamkeit wichtig – nicht bloß die schönen Bilder.

Nachhaltigkeit erlebbar machen

Personalmagazin neues lernen: Ist das nicht frustrierend für die Mitglieder von Green Teams?

Susanne Blazejewski: Nicht unbedingt. Sie spüren, dass sie für viele Kolleginnen und Kollegen Nachhaltigkeit erlebbar machen. Und trotzdem haben sie oft den Eindruck, das eigene Unternehmen könnte mehr tun. Manchen geht es zu langsam voran, und die Wirkungen sind überschaubar. Bäumepflanzen ändert ja auch das womöglich wenig nachhaltige Geschäftsmodell des Unternehmens nicht. Ich habe schon mit Leuten zu tun gehabt, die deshalb aus den Green Teams rausgegangen sind und an anderer Stelle versuchen, direkter auf die Kernprozesse des Unternehmens einzuwirken. Andere sagen, dass sie ohne die Green Teams vermutlich schon längst gekündigt hätten. Für sie ist das ein wichtiger Hebel für die Nachhaltigkeitsentwicklung im Unternehmen. 

Personalmagazin neues lernen: Man kennt zum Beispiel solche Aktionen wie einen Bienenstock fürs Unternehmen einrichten oder eben gemeinsam Bäume pflanzen. Sind das die zentralen Projekte von Green Teams?

Susanne Blazejewski: Ja, das machen Green Teams. Denn wie gewinnt man die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden? Indem man ihnen etwas bietet, bei dem sie etwas gemeinsam erleben können und Verbundenheit spüren. ESG-Originaldokumente oder Gesetzestexte zu lesen – da haben die Leute spätestens nach einer halben Seite keine Lust mehr. Deshalb laufen Projekte wie Bäume zu pflanzen besonders gut. Nun wissen wir natürlich, dass die Welt dadurch nicht gerettet wird. Aber das ist auch nicht der Ansatz. Die Realität von Green Teams packe ich gern in den Slogan "Scope null und stolz drauf". Jemand muss sich ja darum kümmern, die Mitarbeitenden grundlegend für das Thema Nachhaltigkeit zu sensibilisieren und zu aktivieren. 

"Die Realität von Green Teams packe ich gern in den Slogan 'Scope null und stolz drauf'." – Susanne Blazejewski, Alanus Hochschule

Personalmagazin neues lernen: Aber es gibt doch auch einige Initiativen von Green Teams, die darüber hinausgehen, oder?

Susanne Blazejewski: Ja, und da sind wir bei zwei wichtigen Erfolgsfaktoren von Green Teams, die ich in internationalen Netzwerken beobachte: Sie sollten eine Sache tun, die niederschwellig Aufmerksamkeit schafft, sichtbar ist und relativ wenig Arbeit macht – wie eben Bäume pflanzen. Das kann auch ein Austausch zum Thema Naturkosmetik oder einer Photovoltaikanlage auf dem Privatdach sein – alles, worauf sich Menschen gerne einlassen. Aber zudem sollten Green Teams sich eine große Sache vornehmen und dabei nicht lockerlassen. Also zum Beispiel die Dienstreiseverordnung zu ändern, sodass Inlandsflüge nicht mehr erlaubt sind. Das geht dann auch in die Linienfunktion und in die Mitbestimmungsthemen hinein. Da sind dicke Bretter zu bohren. Aber wenn das gelingt, ist das gut für die eigene Wirksamkeitserfahrung – und hat konkrete Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsperformance.

Auch große Unternehmen profitieren von Green Teams

Personalmagazin neues lernen: Was haben Unternehmen denn konkret davon, wenn es Green Teams in ihren Reihen gibt?

Susanne Blazejewski: Die Mitglieder von Green Teams bringen eine hohe Bereitschaft mit, sich jenseits ihrer Arbeitszeit für Nachhaltigkeit zu engagieren – ohne Bezahlung oder irgendwelche Anreize. Für eher kleine Unternehmen, die keine Nachhaltigkeitsfunktion haben, ist es auf jeden Fall besser als nichts. Gibt man ihnen den Raum, können sie auch Dinge tun, die ins Kerngeschäft hineinragen. Ich habe schon Green Teams kennengelernt, die geprüft und analysiert haben, inwiefern die Unternehmensstrategie auf die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen, die SDGs, einzahlt. Auch die großen Unternehmen profitieren von Green Teams. Die Beteiligten haben alle noch einen Kernjob. Sie sind extrem glaubwürdig und haben den direkten Draht zu Kolleginnen und Kollegen. Sie können direkt vor Ort ins Gespräch gehen und positive Multiplikation erreichen. Das fällt der Nachhaltigkeitsabteilung oft schwer. Dafür gibt es dort meist gar keine Kapazitäten. 

Personalmagazin neues lernen: Was heißt das für die Organisationsentwicklung?

Susanne Blazejewski: Green Teams sind Teil der Nachhaltigkeitsarchitektur der Organisation. Sie können das Potenzial der Mitarbeitenden für mehr Nachhaltigkeit heben. Auch jenseits vom Thema Nachhaltigkeit sind Green Teams Organisationsentwicklung live, weil die Menschen dort immer sehr selbstorganisiert und projektorientiert arbeiten und sich organisations- und hierarchieübergreifend vernetzen. Das hat Effekte auf viele anderen Strukturen und Prozesse der Organisation. Mitarbeitende können sich im Green Team in Rollen ausprobieren, die sie in der Kernorganisation so nicht haben. Man sollte Green Teams also nicht nur als Nachhaltigkeitsbeitrag betrachten, sondern auch als Personal- und Organisationsentwicklungsthema.

Personalmagazin neues lernen: Wie organisieren sich Green Teams in der Regel? Also, wie häufig treffen sie sich, und worum geht es dabei?

Susanne Blazejewski: Natürlich machen es manche besser als andere. Ein Green Team, das mir da in den Sinn kommt, organisiert das zum Beispiel sehr schlau: Es besteht aus 25 Kernmitgliedern. Die treffen sich alle 14 Tage für einen 20-minütigen Call online. Da geht es darum: Was ist der Stand? Was machen wir als Nächstes? Gibt’s eine wichtige Information? Ganz kurz und knapp, sehr früh morgens, damit die Teilnehmenden noch nicht in ihrem Arbeitsalltag sind. Und wer da ist, ist da. Zudem haben sie feste Arbeitsgruppen – etwa zu Kommunikation, HR und Facility Management. Diese halten den Kontakt zu den jeweiligen Fachabteilungen und stimmen sich da regelmäßig ab. Darüber hinaus gibt es klare Schnittstellen zur Nachhaltigkeitsfunktion. Die ist aktuell oft mit anderen Dingen wie dem CSRD-Datenmanagement beschäftigt, und da kann es sinnvoll sein, dass das Green Team bei anderen Aufgaben unterstützt. In den Arbeitsgruppen von vier bis fünf Leuten gibt es meistens einen wöchentlichen Call von einer Viertelstunde. Bei größeren Sachen setzen sie separate Termine an. Sie versuchen die Meetings auf ein Minimum zu reduzieren. 

Vermittlerrolle zwischen internem und externem Wissen

Personalmagazin neues lernen: Inwiefern findet in Green Teams Lerntransfer und Kompetenzaufbau statt?

Susanne Blazejewski: Green Teams sind Lernorte, ähnlich wie klassische Communities of Practice. Lernen findet dort zum einen informell statt. Beim Bäumepflanzen kommt man ins Gespräch und erfährt zum Beispiel mit, wie Bäume CO2 binden oder wie man andere für ein Nachhaltigkeitsprojekt mobilisiert. Green Teams organisieren auch oft Infoveranstaltungen oder Lunch Talks, zu denen sie externe Expertinnen und Experten einladen. So bin ich zum ersten Mal auf Green Teams gestoßen, weil ich in meiner Rolle als Professorin eingeladen wurde. Das Gute dabei: Green Teams können eigene Akzente und Themen setzen, die manchmal auch über das hinausgehen, was die Nachhaltigkeitsfunktion schon integriert hat, zum Beispiel in Bezug auf regeneratives Wirtschaften. Green Teams haben in diesem Fall so eine Art Vermittlerrolle zwischen internem und externem Wissen.   

Personalmagazin neues lernen: Wie können Personal- und Organisationsentwicklung Green Teams unterstützen und derartige Lernprozesse fördern?

Susanne Blazejewski: Natürlich kann man den Green Teams keine Lernagenda vorgeben. Aber es ist schon viel gewonnen, wenn man sie machen lässt und ihnen nicht im Weg steht. Noch besser ist es, wenn man Barrieren für sie verringert und zu einem Umfeld beiträgt, in dem Initiative von Mitarbeitenden willkommen ist. Man kann etwa aktiv ein gewisses Sponsorship übernehmen. Oft ist es sehr Erfolg versprechend, wenn ein oder zwei Führungskräfte laut in der Organisation sagen: "Das ist eine super Initiative", etwa in der Mitarbeitendenzeitschrift oder im Intranet. Oder: "Hier kam ein interessanter Impuls vom Green Team." Es gibt auch Green Teams, die gemeinsam mit der Personalentwicklung ein Führungskräfteprogramm für Nachhaltigkeit entwickelt haben. Wie gesagt haben die Mitglieder meist viel Expertise, die die PE anzapfen kann. Die Nachhaltigkeitsfunktion oder die Personal- oder Organisationsentwicklung kann auch aktiv zu der Gründung eines Green Teams einladen. Wichtig ist dann allerdings, sich auch wieder rauszunehmen. Sonst kommt der Charakter der Freiwilligkeit und Selbstorganisation nicht zur Blüte. 

Personalmagazin neues lernen: Sie haben Barrieren für Green Teams angesprochen. Was sind die größten Hindernisse für deren Arbeit?

Susanne Blazejewski: Wenn es im Unternehmen normal ist zu sagen: "Mach erst mal deinen Job, bevor du dich mit Nachhaltigkeit beschäftigst", dann braucht man sich nicht wundern, wenn im Green Team nichts mehr passiert. Oder wenn Unternehmen solche Slogans haben wie "What does it cost? What does it bring?". Da brauchen Green Teams gar nicht erst zu starten. Also die größte Hürde ist eine dominante Logik im Unternehmen, die Eigeninitiative nicht wertschätzt und wo Nachhaltigkeit in der Führungsebene immer noch gar kein Thema ist. In der Wissenschaft nennt man das "Perceived Organisational Support for the Environment". Wenn der nicht da ist, dann wird es sehr schwierig für ein Green Team.

Personalmagazin neues lernen: Kracht es manchmal auch in der Zusammenarbeit von Green Teams mit der Nachhaltigkeitsabteilung?

Susanne Blazejewski: Das funktioniert meist sehr gut, wenn es wechselseitige Wahrnehmung und Unterstützung gibt. Das Green Team und die Nachhaltigkeitsfunktion wollen oft dasselbe und haben dieselbe Motivation. Hier gilt es vor allem, zu einer guten Abstimmung zu kommen. Schwieriger ist es manchmal mit den Linienabteilungen. Erfordern Projekte des Green Teams eine enge Zusammenarbeit mit der jeweiligen Fachabteilung, braucht es viel Kommunikationskompetenz und Feingefühl. Wenn die Leute im Green Team belehrend auftreten oder zu sehr reingrätschen in die Aufgaben der Fachabteilung, gibt das Unmut. Die hohe Kunst des Green Teams besteht darin, im Gespräch zu sein, ohne den anderen Mitarbeitenden auf die Nerven zu fallen. Das ist eine Kompetenz, die man da sehr gut lernen kann. Den richtigen Ton zu finden und Kolleginnen und Kollegen, die eigentlich gar keinen Bock auf Nachhaltigkeit haben, anzustupsen und zu sagen: "Nun gibt doch mal Deinem Herzen einen Stoß". Wenn das gelingt, sind die Fachabteilungen oft sehr dankbar – zum Beispiel HR. Wenn es darum geht, eine Weiterbildung für ökologische Nachhaltigkeit zu entwickeln, geht das manchmal über deren Fachkompetenzen hinaus und dann ist es super, wenn die im Green Team vorhanden ist und man gemeinsam an der Weiterbildung arbeitet. 

Personalmagazin neues lernen: Wie erfolgreich und langlebig sind Green Teams in der Regel?

Susanne Blazejewski: Bei meiner Forschung habe ich vor allem mit Green Teams zu tun, die es noch gibt. Manche fliegen und andere krepeln vor sich hin. Es gibt auch welche, die wahrscheinlich scheitern werden. Diejenigen, die gar nicht richtig zum Fliegen kommen, landen meistens nicht bei mir – höchstens aus Zufall über mein Netzwerk. Und wieder andere haben das eigene Ende schon im Blick – wenn ihre Arbeit eben nicht mehr gebraucht wird, weil Nachhaltigkeit in allen Ecken der Organisation fest verankert ist.

Personalmagazin neues lernen: Also stellen manche Green Teams ihre Arbeit nach einer gewissen Zeit wieder ein. Was sind die Hauptgründe dafür, dass sie scheitern?

Susanne Blazejewski: Wissenschaftlich untersucht habe ich das noch nicht, aber ich bekomme viele Einzelstimmen mit. Demnach tun sich Green Teams schwer, das Engagement langfristig aufrechtzuerhalten. Nachlassende Motivation, Jobwechsel, private Gründe – im Leben kommt es manchmal bei den Menschen einfach anders. Und die eigene Belastung im Kernjob variiert auch. Deshalb empfiehlt es sich, von Anfang an die Koordinationsrolle im Kernteam eines Green Teams alle paar Monate zu rotieren. Dann brennen die einzelnen Personen nicht so leicht aus. Außerdem kommen damit immer wieder neue Impulse rein und das Team bleibt länger am Ball. Ein weiteres Problem besteht darin, dass es vor allem in großen Unternehmen schon so viele Initiativen gibt. Da bekommt man dann eher die Resonanz: "Was sollen wir denn noch alles machen?". Das lässt sich aber auflösen, indem diejenigen, die sich engagieren wollen, mit den Nachhaltigkeitsthemen in andere Initiativen mit reingehen. 

Personalmagazin neues lernen: Gibt es verlässliche Zahlen dazu, wie viel Green Teams es überhaupt gibt? 

Susanne Blazejewski: Bisher nicht. Aber ich bin dabei eine repräsentative Befragung vorzubereiten. Bisher können wir über die Green Teams berichten, die sich Netzwerken anschließen. In Frankreich gibt es Les Collectifs – ein Zusammenschluss von etwa 700 Green Teams und mehr als 10.000 Mitgliedern. Ein solches Netzwerk baue ich nun auch für Deutschland auf. Bisher bin ich mit 65 Organisationen in Kontakt. Aber es gibt natürlich deutlich mehr. Die Nachfrage und das Interesse ist groß, ein eigenes Green Team zu gründen – vor allem im kleineren Mittelstand. 

Personalmagazin neues lernen: Warum gibt es gerade in Frankreich so viele Green Teams?

Susanne Blazejewski: Keine Ahnung (lacht). Da kann ich nur mutmaßen. Vielleicht sind die Menschen in Frankreich etwas revolutionärer unterwegs. Wir kennen das Phänomen der Gelbwesten. Es ist durchaus üblich, sich selbst zu organisieren und Dinge anzugehen, die im Argen liegen. Mitarbeitendenmacht wird dort anders gedacht und hat eine positive Konnotation. In Deutschland reden wir lieber von Co-Management. Aber vielleicht ist es auch eine falsche Annahme, dass es in Frankreich mehr Green Teams gibt. Das Netzwerk in Deutschland ist ja erst im Entstehen.

Personalmagazin neues lernen: Welche Vorteile ergeben sich für Green Teams durch eine unternehmensübergreifende Vernetzung? 

Susanne Blazejewski: Sie können sich wechselseitig motivieren und stärken – das potenziert noch einmal die internen Effekte. Hier kriegen sie positive Wertschätzung, und das ist für sie total wertvoll. Außerdem tauschen sie natürlich Informationen über gut laufende Projekte und Ansätze aus. So lernen sie, wie sie noch wirksamer werden können. Dazu bieten wir von der Hochschule auch Workshops an. Das ist immer ein Austausch in geschlossenen Räumen und die Teilnehmenden kommen meistens als Privatmenschen. Manchmal ist es auch mit dem Unternehmen abgesprochen, aber sie sind auch hier primär aus persönlichem Interesse dabei. 

Personalmagazin neues lernen: Green Teams dienen in gewisser Weise auch dazu, Spannungen zwischen dem Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit und der gelebten Realität zu überbrücken. Sind sie ein Phänomen, das vor allem in einem Greenwashing-Umfeld gedeiht?

Susanne Blazejewski: Wenn von Unternehmen die Rede ist, in denen Greenwashing im Vordergrund steht, frage ich mich immer: Was meinen wir damit konkret? Sobald Mitarbeitende sich aktiv für Nachhaltigkeit engagieren, so wie im Green Team, ist das authentisches und konkretes Handeln. Und wer aktiv und bewusst Greenwashing betreibt, hat kein Interesse eine solche Initiative groß werden zu lassen. Natürlich kann man die Bilder aus den Aktionen schön im Nachhaltigkeitsbericht verwenden. Aber die Mitglieder der Green Teams haben dabei nach meinen Erkenntnissen oft gar kein Störgefühl. Sie wollen sich fürs Unternehmen einsetzen und etwas beitragen. Wenn dann darüber berichtet wird, um so besser. Das ist etwas, das für beide Seiten gut aufgeht.


Dieses Interview ist erschienen in neues lernen, Ausgabe 5/2024, das Fachmagazin für Personalentwicklung. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der App personalmagazin - neues lernen.


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