BPM: So war der Personalmanagementkongress 2018

Der Personalmanagementkongress 2018 behauptet sich als größtes Branchentreffen für HR-Fachleute, das mittlerweile Festivalcharakter hat: Es gibt einen Jahrmarkt an Angeboten, zunehmend interaktive Session, aber auch eine klare Botschaft: HR will die digitale Transformation gestalten.

Wer Neues wagt, geht das Risiko des Scheiterns ein. Elke Eller, Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager (BPM) bewies zusammen mit ihren Kollegen vom Präsidium in diesem Jahr Mut und verlegte die legendäre „Nacht der Personaler“ vom Friedrichstadtpalast in das Motorenwerk, einer hippen Partylocation in Berlin-Weißensee. Für die Party war das der richtige Schritt, für das traditionelle Abendprogramm jedoch ein kleines Desaster: Die Preisverleihungen und Würdigungen, die das Präsidium vornahm, gingen im Lärm der Halle unter. Elke Eller, und auch das hat etwas mit Mut und Souveränität zu tun, machte das bei der morgendlichen Begrüßung zum zweiten Kongresstag zum Thema. "Wir wollten eine neue Location für die Veranstaltung ausprobieren. Die Location war sehr schön, aber auch sehr laut. Wir müssen das verbessern."

Der Personalmanagementkongress als ausgebuchte Veranstaltung

Jetzt ist die "Nacht der Personaler" nicht das Zentrum des Personalmanagementkongresses, auch nicht das zentrale Anliegen des BPM. Vielmehr treibt die 13 ehrenamtlichen Mitglieder des BPM-Präsidiums die inhaltliche Mission, die Profession HR in die Zukunft zu führen. Damit treffen sie nach wie vor den Nerv der Branche, wie der große Run auf die Veranstaltung zeigt, die mit 1500 Teilnehmern ausgebucht war.

Elke Eller, die vor drei Jahren den Vorsitz des BPM übernahm, war es, die auf dem Kongress die Entwicklungslinien für HR aufzeigte. Während im vorvergangenen Jahr noch die Botschaft "Die digitale Transformation kommt" lautete und im vergangenen Jahr über die sich daraus ergebenden Herausforderungen für HR reflektiert wurde, war in diesem Jahr die Botschaft: Wir sind mittendrin in der Gestaltung der Transformation, oder wie Elke Eller es in einem Bild ausdrückte: "Das Schiff ist aus dem Hafen."

Methodenvielfalt spiegelt sich auf dem Kongress

Bei der Gestaltung der neuen Arbeitswelt spielen neue Arbeitsmethoden und interaktive Formate eine große Rolle, was in diesem Jahr auf dem Kongress ausgebaut wurde und eine breitere Akzeptanz unter den Teilnehmern erlebte. Ein gelungenes Beispiel war das Experiment des BPM-Präsidiums, die acht Trendthemen für HR, die Anfang des Jahres definiert wurden, nicht in Form eines Vortrags, sondern in einem "Zirkeltraining" zu präsentieren. In einem "Turnraum" waren Stationen aufgebaut, die die Teilnehmer zu durchlaufen hatten. Das Setting ermöglichte den Gedankenaustausch, die Begegnung mit Präsidiumsmitgliedern, und es wurde eine große Menge an positiver Energie freigesetzt. In einem ähnlichen Verfahren konnten die Kongressbesucher in der "Method Hall", die vom Start-up-Unternehmer und Hochschullehrer Simon Werther organisiert wurde, neue Arbeitsmethoden wie Gamification oder Design Thinking ganz praktisch kennenlernen.

Die dritte Runde des HR-Start-up-Awards

Zu den interaktiven Formaten auf den Kongress gehörte auch der vom BPM und der Vergütungsberatung HKP ausgeschriebene Start-up-Award, der in diesem Jahr bereits zum dritten Mal verliehen wurde. Nach Tandemploy (2016) und Humanoo (2017), die beide im Markt bereits erfolgreich unterwegs sind, wurde in diesem Jahr das Start-up Everskill ausgezeichnet, das eine App zum digitalen Lerntransfern anbietet und bereits im Vorjahr auf der Zukunft Personal mit dem HR Innovation Award ausgezeichnet wurde. Die Tradition, Start-ups mit Referenzen und ersten Erfolgen auszuzeichnen, setzt die Jury und das Publikum damit fort.

Familienministerin Franziska Giffey rockt den Saal

Ein Highlight des Kongresses war der Auftritt der neuen Bundesfamilienministerin Franziska Giffey, die aus dem Osten der Republik kommt und sich einen Namen als Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln erworben hat. Sie sprühte nicht nur vor Witz und Selbstironie ("In den Ministerien gibt es viele schlaue Leute, das heißt viele Leute, die exzellent Bedenken formulieren können"), sie las den versammelten Personalmanagern, die über Mega-Trends und Digitalisierung diskutieren, in gewisser Weise auch die Leviten, in dem sie die Lebenswirklichkeit der Unterprivilegierten in den Mittelpunkt stellte: „Für manche Menschen sind die Grundtugenden Pünktlichkeit, Sauberkeit und Ordnung nicht so einfach zu erfüllen. Mancher denkt, er sei 18 Jahre alt und könne schon alles.“ Sie machte darauf aufmerksam, dass fast 15 Prozent eines Jahrgangs die Schulen ohne Abschluss verlasse und eine Perspektive brauche, und appellierte an die versammelten Personalmanager, gerade die Unterprivilegierten nicht zu vergessen. Sie machte eine klare Ansagen, jenseits von Sozialromantik: Es gehe darum, diese Leute für einen Beruf zu befähigen und nicht über Sozialleistungen zu versorgen. "Der Beruf muss attraktiver als die kriminelle Laufbahn sein", sagte die Familienministerin und ergänzte: "Wenn wir starke Familien und Unternehmen haben, ist auch unser Land stark." Dafür bekam sie den lautesten und längsten Beifall, der auf dem Kongress verteilt wurde.

Der Chef von morgen ist eine Liebender

Das intellektuelle Highlight des Kongresses war der Vortrag des Hirnforschers Gerald Hüther, der das Publikum mit seinen Thesen begeisterte. Zunächst einmal warnte er die HR-Manager vor zu viel Euphorie, die er in manchen Change-Projekten beobachte. "Die Einstellung von Menschen kann man kaum ändern. Appelle oder Erklärungen über den Sinn von Veränderungen nützen gar nichts." Das ist eine harte Ansage für alle Change Manager, deren Folien voll von Apellen zur Mindetset-Änderung sind. Doch ganz hoffnungslos ist die Lage auch nach Hüthers Ansicht nicht, Einstellungen ließen sich durch das Sammeln von neuen Erfahrungen ändern. Nur wer andere Erfahrungen, werde seine Einstellung ändern.  

Das 21. Jahrhundert sieht Hüther durch zwei Schlüsselbegriffe geprägt: Selbstorganisation und Potenzialentfaltung. Darauf seien die Unternehmen nicht vorbereitet, vielmehr würden diese die Grundbedürfnisse der Menschen laufend verletzen. "Die Menschen werden durch Zielvorgaben zum Objekt gemacht", sagte Hüther, der vor dem Entwickeln von gemeinsamen Zielen oder Visionen warnte. Das seien betriebswirtschaftliche Konstrukte, die sich nicht an den menschlichen Grundbedürfnissen orientierten. Was den Menschen dagegen motiviere und ihn als autonomes Wesen ernst nehme, sei ein "gemeinsames Anliegen", das von den Mitarbeitern zusammen entwickelt werde.

Menschen, die durch ein solches gemeinsames Anliegen inspiriert seien, sind am besten vor den Gefahren der Digitalisierung geschützt. "Ein Gärtner, der Dienst nach Vorschrift macht, ist durch einen Roboter ersetzbar. Ein Gärtner, der seine Arbeit liebt, dagegen nicht", sagte Hüther, der auch noch die dazugehörige Führungsphilosophie lieferte. "Der Chef von morgen wird die Perspektive der Mitarbeiter einnehmen. Er ist ein Ermöglicher und ein Liebender."

Rolle des BPM-Präsidiums

Das Bild vom Chef als Ermöglicher sprach dem Publikum aus dem Herzen, passte aber auch auf die Rolle, die die Präsidiumsmitglieder des BPM auf dem Jahreskongress einnahmen. Ihre Präsenz auf dem Kongress war groß und sie mischten aktiv mit. Der Teamspirit im Vorstand scheint recht ausgeprägt zu sein und Elke Eller hat als Präsidentin eine Souveränität entwickelt, die sich mit der des Gründungspräsidenten Joachim Sauer messen lassen kann.

Der unterhaltsame und manchmal auch gemeine Kongressmoderator Hajo Schumacher fasst sie längst nicht mehr mit Samthandschuhen an, weil er auf ihre Schlagfertigkeit vertrauen kann. Das Zusammenspiel mit ihr macht ihm offenbar Spaß. "Ihr habt eine tolle Präsidentin", rief er dem Publikum zu, das mit tosendem Applaus antwortete.


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