Teamarbeit wird in der modernen Arbeitswelt immer wichtiger, insbesondere dort, wo Projektaufgaben in einem zeitlich befristeten Rahmen bewältigt werden müssen. Frauen scheinen den Anforderungen in besonderem Maße gewachsen zu sein, sagt Dr. Hilmar Schneider vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit.

Erfolgreiche Teamarbeit erfordert neben fachlichen Kompetenzen vielfältige soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Netzwerkfähigkeit und Organisationstalent. Diese Anforderungen kommen Frauen offenbar stärker entgegen als Männern. Jedenfalls entscheiden sich Frauen sehr viel häufiger als Männer für die Teamvariante, wenn sie vor die Wahl gestellt sind, ob sie eine bestimmte Tätigkeit lieber im Team oder lieber eigenverantwortlich durchführen wollen.

So lautet zumindest das Ergebnis eines Verhaltensexperiments, das soeben vom Bonner Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) veröffentlicht wurde.

Im Rahmen eines kontrollierten Laborexperiments ließen Verhaltensökonomen an der Universität Lyon 174 männliche und weibliche Probanden gegen Bezahlung verschiedene Aufgaben lösen. Im Versuchsverlauf konnten die Teilnehmer wählen, ob sie nach Einzel- oder Teamleistung entlohnt werden wollten.

Während sich insbesondere die leistungsfähigen Männer für die Einzelarbeit entschieden, wählten die Frauen – unabhängig vom eigenen Leistungsniveau – bevorzugt die Teamvariante. Männer entschieden sich meist nur dann freiwillig für Teamarbeit, wenn sie daraus einen konkreten materiellen Vorteil erzielen konnten oder wenn der im Team erzielbare Stücklohn nur geringfügig höher war als der individuell erzielbare Stücklohn. Dafür nennen die Forscher drei Gründe: Erstens schätzen Frauen die Leistung ihrer Mitstreiter weniger pessimistisch ein als Männer. Zweitens sind Männer empfänglicher für materielle Anreize. Drittens legen Frauen mehr Wert auf soziale Aspekte des Arbeitens, etwa das faire Teilen des gemeinsam erwirtschafteten Gewinns.

Die Studie lässt offen, ob genetische Gründe oder eine geschlechtsspezifische Sozialisation für die Unterschiede verantwortlich sind. Sie lässt auch offen, welche der beiden Organisationformen unterm Strich effektiver ist. Dennoch hat das Ergebnis interessante Implikationen für die betriebliche Personalpolitik.

Um das Erwerbspotenzial von Frauen nicht zuletzt in Anbetracht des drohenden Fachkräftemangels besser nutzen zu können, sollten Unternehmen ein kooperatives Arbeitsumfeld mit teambasierter Entlohnung schaffen. Das birgt allerdings die Gefahr, das Potenzial von leistungsorientierten Männern zu verlieren, weil sich diese eher zu einer Unternehmenskultur hingezogen fühlen dürften, in der die Einzelleistung belohnt wird. Die Kunst besteht also darin, die einen zu gewinnen ohne die anderen zu verprellen. Ein Modell zu finden, das beiden Anforderungen zufriedenstellend Rechnung tragen kann, bleibt vorerst noch der Praxis überlassen.

 

Unser Experte vom IZA:

Dr. Hilmar Schneider, Direktor Arbeitsmarktpolitik am Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA), Bonn.

Einmal im Monat erläutert Dr. Hilmar Schneider die Zukunft der Arbeit aus Sicht des IZA und gibt Gestaltungsempfehlungen für die betriebliche Personalarbeit.

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