Kienbaum Jahrestagung  2014: Die Geduld der CEOs nimmt ab

Die Kienbaum Jahrestagung 2014 hat einen neuen Besucherrekord zu verzeichnen: Über 550 Personalmanager kamen nach Ehreshoven, um vor allem über die  Standortbestimmung der HR-Profession zu debattieren.

"Die Chancen für HR sind groß, aber die Geduld der CEOs nimmt ab", lautete das Fazit von Walter Jochmann, Geschäftsführer der Kienbaum Management Consultants in seinem Eröffnungsvortrag. Wie jedes Jahr war es seine Aufgabe, die Jahrestagung mit einer Standortbestimmung zu eröffnen.  Jochmann zeichnete für das Jahr 2014 kein positives Bild für den Zustand der HR-Profession. Unter den 30 Dax-Unternehmen sei HR als eigene Position nur noch in 18 Unternehmen präsent, die Studenten würden die Fachrichtung Personalwesen nicht als Karrieresprungbrett betrachten und für Personalmanager sei es schwer, eine attraktive Position  außerhalb von HR zu finden, sagte  Jochmann.

Als Berater präsentierte Jochmann zugleich passende Vorschläge und Businesstools, um die Situation zu drehen: "HR braucht ein tiefes Geschäftsverständnis, muss in die Abteilung Profile von außerhalb integrieren und braucht einen digitalen Mindset", rief er den über 550 versammelten HR-Managern zu. "HR  muss sich an zentralen Zukunftsprojekten der Unternehmen beteiligen, um mehr Einfluss zu gewinnen", war sein Ratschlag zur Umsetzung.

HR-Veranstaltung mit frischen Ideen zur Profilbildung

Im Mittelpunkt des eintägigen Events, der in der malerisch gelegenen Malteser Kommende stattfand, standen Vorträge und Podiumsdiskussionen mit angesehenen Experten. Interaktive Elemente, die Diskussionen und Networking unterstützt hätten, fehlten in dem eher traditionell gehaltenen Veranstaltungsformat. Premal  Desai, Chefstratege der Thyssenkrupp AG, forderte die HR-Manager auf, aus der Opferrolle herauszukommen und den Kampf aufzunehmen. "Es geht um die Haltung jedes Einzelnen", erläuterte er sein Rezept, um Einfluss zu gewinnen. "Wenn der CEO nicht mitmacht, ist allerdings in einem Unternehmen nichts zu erreichen. Wer als HR-Manager etwas erreichen will, muss dann auch die persönlichen Konsequenzen ziehen", so Desai.  

Günter Müller-Stewens, der Strategieprofessor der Universität St. Gallen, hatte frische Ideen im Rucksack. "Die Themen, mit denen sich HR beschäftigt, reichen weit über die Abteilung hinaus und haben Businessrelevanz", erläuterte er und schlug den HR-Managern vor, in ihrem Unternehmen ein Projekt zum Thema "Give Voice to the Next Generation" zu initiieren. Dabei solle es nicht (nur) um Recruiting gehen, sondern ebenso um das Thema, wie man die junge Generation als Kunden anspricht. "Das ist auch für die Marketingleute ein zentrales Thema. HR kann dazu Input liefern", so Müller-Stewens.

Kundenorientierung geht mit Mitarbeiterorientierung einher

Ein Highlight war der Vortrag von Ulrich Weber, Arbeitsdirektor der Deutschen Bahn, der den Kulturwandel bei  Europas zweitgrößten Transport- und Logistikkonzern beschrieb. Dabei war er sich bewusst, dass er auch unter Managern gegen viele Vorurteile ankämpfen musste: "Die Zahl der Bahnchefs ist ähnlich groß wie die der Bundestrainer." Weber schilderte die großen Meilensteine, wie die Behörde zu einem modernen Dienstleister umgebaut wurde und welche tragende Rolle HR dabei spielte. "Der CEO und der Finanzvorstand sind beim Kulturwandel die größten Fürsprecher", so Weber.

Für Aufhorchen sorgte seine Leitlinie, die er einem Buchtitel entnahm: "Employees first, Customers second“. Weber begründete das wie folgt: "Kundenorientierung kommt nicht von allein, sondern von den Mitarbeitern. Mitarbeiterorientierung ist die Voraussetzung für Kundenorientierung." Weber verzichtete bei seinem Vortrag sowohl auf Folien wie auch auf Management-Plattitüden. Das Ziel des Kulturwandels beschrieb er ebenso bescheiden wie klar: "Ich wünsche mir Mitarbeiter, die den Ehrgeiz haben alles zu reflektieren, was sie tun."

Begeisterung für Schirrmachers Kulturpessimismus

Zum Abschluss der Jahrestagung,  sprach Frank Schirrmacher, Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", über die dritte industrielle Revolution, die durch die Digitalisierung der Arbeitswelt und der Gesellschaft ausgelöst wird. "Wie die Dampfmaschine ein ganzes Jahrhundert geprägt hat, so wird das auch mit der Digitalisierung sein." Die Smartphones sind für ihn keine Kommunikationsmittel, sondern Sensoren, die aufzeichnen, wo wir sind, wohin wir gehen und wie wir uns verhalten: "Durch die Daten wird Verhalten vorhersehbar." Schirrmacher betonte zwar immer wieder, dass die neuen Technologien auch Chancen bieten, doch seine kulturpessimistische Prognose war die totale Überwachung der Menschen durch Daten, die auch auf die Personalabteilung zukommt. "Beim Einstellungsgespräch wird sich künftig der Personalchef nicht nur die Frage stellen, ob der Bewerber jetzt zum Unternehmen passt, sondern wie der Bewerber mit  50 Jahren zum Unternehmen passt. Der Computer wird das prognostizieren können", erläuterte Schirrmacher, der riesigen Applaus für seinen Vortrag bekam.