Der HR-Punk verlässt die große Bühne
Die vergangenen Wochen arbeitete Stefan Ries im Homeoffice, doch an seinem letzten Arbeitstag machte er sich nochmals auf in die SAP-Zentrale nach Walldorf. Beim Abschied geht es dem mächtigen Personalchef so wie jedem einfachen Mitarbeiter. "Ich muss Handy, Notebook und Mitarbeiterausweis abgeben", sagt der 54-Jährige, der vier Jahre als Personalvorstand und insgesamt 18 Jahre bei dem wertvollsten deutschen Unternehmen beschäftigt war.
Stefan Ries geht in "gegenseitigem Einvernehmen", wie man die nicht ganz freiwillige Trennung in der Managersprache nennt. Er wirkt aufgeräumt und hat die Entscheidung akzeptiert, die auf Jennifer Morgan zurückgeht. Als Morgan CO-CEO wurde, hat sie eine Neuorganisation eingeleitet, der Ries zum Opfer fiel. Die Chemie zwischen den beiden hat offenbar nicht gestimmt, was im Management ja nicht selten vorkommt. Während Stefan Ries noch seinen Schreibtisch räumt, ist Morgan längst weg. Das ist schon komisch, doch Ries hadert damit nicht.
Stefan Ries musste Hürden nehmen
Für Ries, der sich bei SAP auch für Diversity stark gemacht hat, ist es bereits das zweite Mal, dass er den Konzern verlässt. Der gelernte Volkswirt stieg 1994 bei SAP ein, arbeitete sich bis zur zweiten Führungsebene hoch und war ein Kandidat für die Besetzung der Position des Personalvorstands. Doch mit Dr. Angelika Dammann wurde 2010 eine Externe auf den Posten berufen, woraufhin Ries die SAP enttäuscht verließ. Dammann hatte bei SAP keinen Erfolg und wurde bald durch Luisa Deplazes Delgado ersetzt, die ebenfalls nach kurzer Zeit das Handtuch warf. Die beiden Vorstandsfrauen hatten in ihren zwei Amtsjahren im Personalmanagement Chaos und Unruhe hinterlassen, sodass der Vorstand überlegte, wer Ordnung schaffen könnte. Der damalige CEO Bill McDermott entschloss sich zu einem ungewöhnlichen Schritt und holte im April 2014 Stefan Ries zurück.
Die Erfolge des Stefan Ries
Ries hat sich als Personalvorstand große Anerkennung erworben, das Personalmagazin zählte ihn zu den 40 führenden HR-Köpfen 2019. Er wirkte mehrere Jahre im Präsidium des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM) und hat das Personalmanagement der SAP zu einem Benchmark in der Unternehmenswelt gemacht. Natürlich haben ihn viele um seine Budgets beneidet, die ihm zur Verfügung standen. Doch er hat etwas daraus gemacht und zahlreiche Auszeichnungen gewonnen: erst kürzlich, im April 2020, wurde SAP Sieger beim "Glassdoor Top Tech Company Ranking" - vor Google, Facebook und Salesforce.
Ein Markenzeichen von Ries wurden die "HR Punks". Für einen Auftritt in London im Jahr 2017 ließ der Personalvorstand den Begriff auf sein T-Shirt drucken. "Das verbreitete sich viral sehr schnell", erzählt er und erkannte die Chance, daraus eine Marke für seine HR-Arbeit zu machen, die für Innovation und Disruption stand. Ein außergewöhnlicher Auftritt für HR, der für viel Aufmerksamkeit sorgte.
Wie geht es für den HR-Punk jetzt weiter? Er freut sich auf das "Runterkommen" und die "Ruhe", den Sommer will er in seiner Heimat am Bodensee verbringen.
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