Arbeitsrechtliche Ermahnung – Rechtswirkung und typische Fälle

Verstößt ein Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, so hat der Arbeitgeber verschiedene Reaktionsmöglichkeiten bis hin zum Ausspruch einer Abmahnung oder Kündigung. Weniger einschneidend ist dagegen der Ausspruch einer Ermahnung, die gerade bei leichteren Pflichtverletzungen in Betracht kommt.

Während arbeitsrechtliche Abmahnungen oft für Aufregung und starke Befürchtungen des Betroffenen sorgen, ist die Ermahnung, als "kleine Schwester" der Abmahnung, nicht unbedingt ein massiver Vorfall im Laufe einer Arbeitsbeziehung. Wann kommt sie in Betracht und was sind die Folgen?

Die Unterschiede zwischen Ermahnung und Abmahnung

Abgesehen von der geringeren Intensität unterscheidet sich die Ermahnung von der Abmahnung insbesondere hinsichtlich ihrer anders gearteten Funktion. Die Ermahnung ist im Gegensatz zur Abmahnung kündigungsrechtlich ohne Relevanz und beschränkt sich im Wesentlichen auf die Mitteilung des Arbeitgebers, er missbillige ein bestimmtes Verhalten.

Ermahnung dient nicht der Kündigungsvorbereitung

Die Ermahnung dient insbesondere nicht der Kündigungsvorbereitung. Denn sie enthält – anders als die Abmahnung – noch keine Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall, es fehlt also an der sog. „Warnfunktion“. Daher erfüllt die Ermahnung im Kündigungsfall auch nicht das Erfordernis der vorangehenden Abmahnung einer gleichartigen Pflichtverletzung, welches bei Anwendbarkeit des KSchG vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung im Regelfall zu beachten ist. Der Arbeitgeber müsste somit vor Ausspruch einer Kündigung im Zweifel zunächst noch abmahnen.

Funktionen der Ermahnung

Durch eine Ermahnung bringt der Arbeitgeber hingegen, wie auch bei einer Abmahnung,

  • die Missbilligung eines vertragswidrigen Verhaltens zum Ausdruck (→ „Rügefunktion“),
  • die Aufforderung, dieses Verhalten in Zukunft zu unterlassen (→ „Aufforderungsfunktion“) und
  • dokumentiert die Pflichtverletzung (→„Dokumentationsfunktion“).

Form und Inhalt der Ermahnung

Eine Ermahnung kann, vorbehaltlich im Einzelfall anderslautender Vereinbarungen oder Vorschriften, sowohl mündlich als auch schriftlich erteilt werden. Aus Nachweisgründen empfiehlt es sich in der Praxis grundsätzlich, die Ermahnung schriftlich zu erteilen und einen Zugangsnachweis beim Arbeitnehmer sicherzustellen.

Ob tatsächlich eine Ermahnung vorliegt, hängt maßgeblich vom tatsächlichen Inhalt der Erklärung ab, nicht hingegen von seiner Bezeichnung. Wird ein als Ermahnung bezeichnetes Schreiben etwa mit der Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall verbunden, handelt es sich tatsächlich um eine Abmahnung.

Wie auch bei Abmahnungen muss die Ermahnung den ihr zu Grunde liegenden Sachverhalt und das missbilligte Verhalten konkret und nicht lediglich pauschal benennen, damit der Arbeitnehmer weiß, was er aus Sicht des Arbeitgebers falsch gemacht hat und welches Verhalten von ihm erwartet wird.

Ermahnung kann auch anders bezeichnet werden

Teilweise wird in der Praxis bei der Rüge individualvertraglicher Pflichtverletzungen auch ein anderer Begriff verwendet (z. B. Verwarnung, Verweis, Missbilligung oder Rüge). Auch hierbei handelt es sich im arbeitsrechtlichen Sinne vielfach um eine Ermahnung.

Arbeitsrechtliche Ermahnung: Typische Fälle

Der Ausspruch einer Ermahnung kommt je nach Einzelfall als milderes Mittel insbesondere bei geringfügigen Pflichtverletzungen in Betracht, in denen eine Abmahnung unverhältnismäßig erscheint, wie etwa bei

  • einer einmaligen Verspätung von nur wenigen Minuten,
  • einmaligen und unbedeutenden Schreib- oder Flüchtigkeitsfehlern,
  • versehentlichen unbedeutenden Pflichtverletzungen (Licht nicht ausgeschaltet) oder
  • sonstigen Banalitäten.

Anspruch auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte

Ob ein Arbeitnehmer, der eine Ermahnung erhalten hat, auf Entfernung der Ermahnung aus der Personalakte klagen kann, ist umstritten. Teilweise wird dies unter Hinweis auf das fehlende Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt.

Nach anderer Auffassung besteht die Möglichkeit zur klagweisen Entfernung aus der Personalakte demgegenüber nicht nur bei förmlichen Abmahnungen, sondern bei sämtlichen Schreiben, die zu den Personalakten genommen würden und die weitere berufliche Entwicklung des Arbeitsnehmers nachhaltig beeinflussen können. Maßgeblich sei, welchen Inhalt die Äußerung habe und ob sie nach Form und Inhalt geeignet sei, die Rechtsstellung des Arbeitnehmers zu beeinträchtigen (LAG Hamm, Urteil v. 25.9.2009, 19 Sa 383/09; BAG, Urteil v. 18.8.1982, 5 AZR 310/80).

Jedenfalls verbleibt dem Arbeitnehmer in jedem Fall die Möglichkeit, eine Gegendarstellung verfassen.

Wann ist ei­ne Er­mah­nung unberechtigt?

Wie bei der Rechtmäßigkeit einer Abmahnung kommt es für die Berechtigung der Ermahnung dar­auf an, ob die vom Ar­beit­ge­ber gemachten Vorhaltungen zu­tref­fen. Eine Ermahnung kann ggfs. auch mangels hinreichender Bestimmtheit der in ihr enthaltenen Vorwürfe aus der Personalakte zu entfernen sein (ArbG Ulm, Urteil v. 14.03.2017, 5 Ca 328/16).


Hintergrund: Streitwert bei Klage wegen einer Ermahnung

Das Interesse an der Entfernung einer Ermahnung aus der Personalakte ist ( - wenn er den anerkannt wird (s.o.) ) - wesentlich geringer als das an der Entfernung einer Abmahnung, denn der Bestand des Arbeitsverhältnisses ist noch nicht konkret bedroht. Es ist deshalb nicht ermessensfehlerhaft, den Gegenstandswert bei einem Streit um eine Ermahnung nur auf ein halbes Monatsgehalt festzusetzen, während der Streitwert bei der Abmahnung mit einem Monatsgehalt zu bewerten ist (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 07.06.1995, 1 Ta 63/95).


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