Ist die Note „Gut“ fader Durchschnitt oder etwas Besonderes?
Sehr gute Arbeitszeugnisse sind Türöffner für den nächsten Job. Wen wundert`s also, dass Arbeitnehmer daran interessiert sind, ein exzellentes Arbeitszeugnis zu bekommen. Doch einfach ist das bei vielen Vorgesetzten nicht.
Strenges BAG
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Arbeitnehmer im Streitfall dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass sie überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben. Wie aber ist das Wort überdurchschnittlich auszulegen? Fällt darunter nur eine „sehr gute“ Beurteilung oder reicht schon ein „Gut“? Mit dieser Frage befasste sich kürzlich das Arbeitsgericht Berlin.
Wenn die meisten Zeugnisse gut sind, ist ein „Gut“ nur noch Durchschnitt ...
Die Mitarbeiterin einer Arztpraxis hatte nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein Zeugnis ausgehändigt bekommen. Es bescheinigte, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben zur vollen Zufriedenheit ausgeführt habe. In der Zeugnissprache entspricht das einem „Befriedigend“. Der Ex-Angestellten gefiel das nicht.
- Der Arbeitgeber müsse ihre Leistungen mit einem „Gut“ klassifizieren
- und dafür den Zusatz „stets zur vollen Zufriedenheit“ in das Zeugnis aufnehmen.
David gegen Goliath: Arbeitsgericht vs. Bundesarbeitsgericht
Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht Berlin hatte Erfolg. Die Richter urteilten: Nicht die Arbeitnehmerin, sondern der Arbeitgeber habe darlegen und beweisen müssen, dass die Leistungen schlechter als „gut“ waren.
- Ein „Gut“ zählt mittlerweile nicht mehr zu den überdurchschnittlichen Bewertungen - für welche die Arbeitnehmer die Beweislast tragen - ,
- sondern nur noch zu den durchschnittlichen - für die die Arbeitgeber beweispflichtig sind.
Mehr als 86% aller Zeugnisse wiesen mittlerweile die Beurteilung „gut“ auf
Mehr als 86% aller Zeugnisse wiesen mittlerweile die Beurteilung „gut“ auf, so dass diese Note inzwischen Durchschnitt sei. Damit stellt sich das Arbeitsgericht gegen die geltende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht, nach dessen Auffassung ein „Gut“ überdurchschnittlich ist und ein „Befriedigend“ der Durchschnitt.
Es bleibt abzuwarten, ob sich andere Gerichte an die Meinung der Berliner Richter anschließen. Zwar spricht die Empirie für sie, der schlichte Wortlaut der Noten „Gut“ und „Befriedigend“ führt jedoch zum Ergebnis des BAG. Der Prozess ist noch nicht beendet, seitens des Arbeitgebers wurde Berufung eingelegt.
(ArbG Berlin, Urteil v. 26.10.2012, 28 Ca 18230/11).
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