Ehrenamtliche Richter müssen ihre Einkünfte versteuern
Ein angestellter Steuerberater und Wirtschaftsprüfer war im Jahr 2010 als ehrenamtlicher Richter (Schöffe) am LG tätig. Das Land gewährte ihm für diese Tätigkeiten folgende Leistungen nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG):
- Reisekostenerstattung
- Entschädigung für Verdienstausfall, maximal 20 Euro pro Stunde, in zeitintensiven Fällen 39 Euro pro Stunde,
- eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von 5 Euro pro Stunde.
Den hieraus dem Schöffen zugeflossene Gesamtbetrag hielt dieser nicht für einkommensteuerpflichtig, da es sich nach seiner Auffassung weder um einen Verdienst noch um eine Einnahme aus Erwerbstätigkeit, sondern um eine Entschädigung für die Ausübung eines Ehrenamtes handelte
Das Finanzamt bestand auf der Steuerpflicht
Das Finanzamt erkannte die Auffassung des Steuerberaters lediglich für die erhaltene Reisekostenerstattung an, ansonsten stufte die Finanzverwaltung das Einkommen des Steuerberaters als zu versteuerndes Einkommen ein. Den Einwand des Ehrenamtlers, auch die Justizbehörden selbst bezeichneten die erbrachten Zahlungen als Entschädigung, ließ die Finanzbehörde nicht gelten. Auf die Bezeichnung komme es nicht an, entscheidend sei, als was der Geldzufluss sich steuerrechtlich darstelle.
Einkünfte aus ehrenamtlicher Tätigkeit sind Einkünfte aus selbstständiger Arbeit
Das mit der Entscheidung befasste FG stellte klar:
- Gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3, 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG sind Einkünfte aus selbstständiger Arbeit zu versteuern. Diese Vorschriften enthalten aber keine abschließende Aufzählung der in Betracht kommenden Einkünfte.
- Zu versteuern sind auch Einkünfte, die den Einkünften aus selbstständiger Arbeit ähnlich sind.
- Nach Auffassung des Senats können zu diesen Einkünften auch Einkünfte aus ehrenamtlicher Tätigkeit gehören.
Die Gewinnerzielungsabsicht ist ein wichtiges Entscheidungskriterium
Eine korrekte Einordnung der Einkünfte aus einem Ehrenamt ist nach Auffassung des Senats nur dann möglich, wenn der Charakter der ehrenamtlichen Tätigkeit im Einzelfall exakt definiert wird. Dabei soll die Gewinnerzielungsabsicht ein entscheidendes Kriterium sein. Das Ehrenamt eines Schöffen werde zwar regelmäßig nicht wegen der zu erwartenden finanziellen Leistungen übernommen, jedoch müsse eine solche Gewinnerzielungsabsicht auch nicht im Vordergrund stehen. Es reiche aus, wenn die Gewinnerzielungsabsicht ein Nebenzweck sei. Als Nebenzweck schließe die Ausübung eines Ehrenamtes eine Gewinnerzielungsabsicht aber nicht aus.
Ausübung des Ehrenamts ist selbstständige Arbeit
Auch die übrigen Voraussetzungen für die Einordnung der ehrenamtlichen Tätigkeit als selbstständige Arbeit sind nach Auffassung des FG erfüllt:
- Das Ehrenamt als Schöffe wird höchstpersönlich ausgeführt,
- die Ausübung untersteht nicht der Leitungsfunktion eines „Arbeitgebers“,
- der Schöffe unterliegt keinen inhaltlichen Weisungen
- und muss keine bestimmte Arbeitszeit ableisten.
Ehrenamtliche Richter schulden keine Arbeitskraft, sondern einen Arbeitserfolg
Entgegen der Auffassung des Ehrenamtlers kann die Tätigkeit nach Ansicht des Senats auch nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit wie Gehältern, Löhnen und Gratifikationen gerechnet werden. Solche Einkünfte setzten ein Dienstverhältnis voraus, innerhalb dessen ein Beschäftigter dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schulde. Daran fehle es bei einem Richter im Ehrenamt. Dieser schulde nämlich nicht seine Arbeitskraft, sondern einen Arbeitserfolg, der in der Mitwirkung an einer Entscheidung bestehe. Hierfür erhalte der Richter im Ehrenamt weder eine feste Vergütung, noch habe er Ansprüche auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall oder Ansprüche auf Sozialleistungen. Auch unter diesen Gesichtspunkten leiste der Richter im Ehrenamt eine selbstständige Arbeit und keine abhängige.
Vergütungen für Richter im Ehrenamt sind keine Aufwandsentschädigungen
Schließlich verneinte das FG auch die Steuerfreiheit der Einkünfte nach § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG. Hiernach sind Aufwandsentschädigungen steuerfrei. Auch wenn die an den Kläger ausgezahlte Vergütung nach dem JVEG als Entschädigung bezeichnet werde, so sei dies nicht die Begrifflichkeit, die steuerrechtlich relevant sei. Tatsächlich gehe es bei der an den Kläger ausgezahlten Vergütung mit Ausnahme der Reisekosten nicht um den Ausgleich für einen dem Kläger entstandenen Aufwand, der mit Kosten verbunden sei, sondern um eine Vergütung für die geleistete Mitwirkung bei einer gerichtlichen Entscheidungsfindung.
Ehrenamtliche Richter müssen die erhaltene Vergütung versteuern
Im Ergebnis blieb es somit bei der ursprünglichen Entscheidung der Finanzverwaltung. Der Kläger muss die an ihn geleistete Vergütung für die Ausübung des Richteramtes versteuern.
(FG Baden-Württemberg, Urteil v. 10.2.2016, 12 K 1205/14)
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