Zulässige Abmahnungen sind auch in größerer Anzahl kein Mobbing
Die Verpflichtung des Arbeitgebers, das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu schützen, entspricht gefestigter Rechtsprechung des BAG (vgl. BAG, Urteil v. 16.5.2007, 8 AZR 709/06). Der Arbeitgeber hat im Rahmen seiner Fürsorgepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Das Persönlichkeitsrecht umfasst dabei auch den Anspruch auf Unterlassung der Herabwürdigung und Missachtung und damit der Belästigung durch andere.
Abmahnungen als schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Ob und inwieweit der Ausspruch zahlreicher Abmahnungen eine hinreichend schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts und damit Mobbing darstellt, hatte das LAG Köln in einer Entscheidung vom 10. Juli 2020 zu beurteilen. In dem dortigen Fall hatte der Kläger von seinem Arbeitgeber über einen Zeitraum von acht Jahren 14 Abmahnungen erhalten. Diese wurden im Laufe der Zeit auf Grund arbeitsgerichtlicher Entscheidungen oder Vergleiche wieder aus der Personalakte entfernt.
Neben acht Abmahnungen weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen
Daneben kam es seitens des Arbeitgebers in diesem Zeitraum zu verschiedenen weiteren Maßnahmen, wie u. a.
- einer verhaltensbedingten Kündigung,
- zwei erfolglosen Anhörungsverfahren beim Integrationsamt wegen des mittlerweile einem Schwerbehinderten gleichgestellten Klägers
- und einem Entgeltrechtsstreit.
Mit seiner Klage forderte der Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 53.000 EUR u. a. wegen der Verletzung des allgemeinem Persönlichkeitsrechts aufgrund Mobbings.
Arbeitsrechtliche Maßnahmen waren mangels Persönlichkeitsrechtsverletzung kein Mobbing
Das LAG Köln stellte in seiner Entscheidung fest, dass sowohl die Abmahnungen als auch die sonstigen Maßnahmen keine Persönlichkeitsrechtsverletzung im Rechtssinne beim Kläger hervorgerufen hätten, auch nicht in ihrer Gesamtschau. Bei Ausspruch rechtlich zulässiger Abmahnungen, so das LAG, begehe der Arbeitgeber in der Regel keinen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, so dass dann auch kein Mobbing vorliegen könne.
Berechtigung der Abmahnung zum Zeitpunkt ihres Ausspruchs
Dies gelte grundsätzlich auch, wenn sich eine Abmahnung nachträglich als unberechtigt herausstelle. Entscheidend sei, ob sich eine Abmahnung im Zeitpunkt ihres Ausspruchs (ex-ante) aus Sicht eines verständigen Arbeitgebers als berechtigt darstelle.
Ausnahme: Schikanöse Tendenz der Abmahnung
Anderes sei aber dann anzunehmen, wenn der Arbeitgeber die Abmahnung mutwillig und ohne jeden Anlass ausspreche. Für einen Schadensersatzanspruch wegen Mobbings komme es nicht darauf an, ob eine Abmahnung formal und inhaltlich in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen entspreche. Entscheidend sei vielmehr, ob die Abmahnungen mit der Zielrichtung erfolgten, den Kläger zu schikanieren. Erforderlich sei eine schikanöse Tendenz. Dabei komme es allerdings nicht darauf an, ob sich der Kläger schikaniert gefühlt habe. Vielmehr müsse die Schikane objektiv erkennbar sein. Diese hänge nicht vom subjektiven Empfinden ab. Einen derartigen Schikanecharakter vermochte das LAG Köln in dem zur Entscheidung stehenden Fall nicht zu erkennen.
Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen
Bei der Zusammenarbeit im Rahmen von Arbeitsverhältnissen komme es vielmehr, so das LAG schließlich, typischer Weise zu Konflikten und Meinungsverschiedenheiten. Daher stelle nicht jede Auseinandersetzung, Meinungsverschiedenheit oder nicht gerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers (z. B. Abmahnung, Versetzung, Kündigung) eine rechtwidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter dar. Im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, auch wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstreckten, seien nicht geeignet, den Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen.
(LAG Köln, Urteil v. 10.7.2020, 4 Sa 118/20).
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Hintergrund: BAG zu Mobbing
Die Frage, ob eine rechtswidrige und vorwerfbare Verletzung der Rechtsgüter des Arbeitnehmers vorliegt oder eine im Arbeitsleben übliche Konfliktsituation mit noch sozial- und rechtsadäquatem Verhalten, ist durch objektive Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, zu ermitteln (BAG, Urteil v. 15.09.2016, 8 AZR 351/15).
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