Verfahrensgang
AG Nauen (Entscheidung vom 27.04.2007; Aktenzeichen 21 F 234/06) |
Tenor
Der Antrag des Beklagten vom 4.6.2007 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Dem Beklagten kann die begehrte Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.
Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag nur dann Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). Das vom Beklagten beabsichtigte Rechtsmittel hat jedoch nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand keine hinreichende Erfolgsaussicht.
Der Beklagte beabsichtigt, nach einer Bewilligung von Prozesskostenhilfe Berufung mit dem Antrag einzulegen, unter Abänderung des am 27.4.2007 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Nauen - Familiengericht - die Klage abzuweisen.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht jedoch zu Recht der Klage stattgegeben, weil der Beklagte dem im Sinne des § 1602 BGB bedürftigen Kläger - seinem minderjährigen Sohn - gemäß §§ 1601, 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB in der zuerkannten Höhe Unterhalt schulde. Der Senat folgt den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die in vollem Umfang Bezug genommen wird. Das Amtsgericht hat den entscheidungserheblichen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht fehlerfrei gewürdigt und in tatsächlicher Hinsicht zutreffend festgestellt. Die hiergegen gerichteten Angriffe des Beklagten vermögen nicht zu überzeugen. Auch sein weiteres Vorbringen im Schriftsatz vom 4.6.2007 rechtfertigt eine anderweitige Entscheidung nicht. Dem minderjährigen bedürftigen Kläger stehen gegenüber seinem leistungsfähigen Vater - dem Beklagten - die zuerkannten Unterhaltsansprüche gemäß §§ 1601, 1602, 1603 Abs. 1 und 2 BGB zu. Der Beklagte kann sich infolge einer unterlassenen zumutbaren Erwerbstätigkeit nicht auf eine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen.
Dem Unterhaltspflichtigen trifft die Obliegenheit, im Interesse des Unterhaltsberechtigten seine Arbeitskraft so gut wie möglich einzusetzen. Tut er dies nicht, muss er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen, die er durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit erzielen könnte. Die Einkommensfiktion knüpft in erster Linie an die Arbeitslosigkeit bzw. an eine die unterhaltsrechtlich geforderte Leistungsfähigkeit nicht voll gewährleistende Erwerbstätigkeit des Unterhaltspflichtigen an. Bei unterhaltsrechtlich unzureichenden Erwerbseinkünften ist gegebenenfalls eine Nebentätigkeit aufzunehmen. Bei Arbeitslosigkeit muss der Unterhaltspflichtige alles Zumutbare unternehmen, um durch Finden eines Arbeitsplatzes seine Leistungsfähigkeit wieder herzustellen. Der bloße Hinweis auf den Bezug von Arbeitslosengeld II reicht ebenso wenig aus wie die Meldung beim Arbeitsamt. Vom Unterhaltsschuldner müssen die unternommenen Anstrengungen nicht nur konkretisiert werden, sondern er trägt für die Erfolglosigkeit seiner Bemühungen die Darlegungs- und Beweislast. Zur Konkretisierung bedarf es der Auflistung der Bewerbungen sowie des nachprüfbaren Vortrages der im Einzelnen berufsspezifisch unternommenen Schritte. Unter Berücksichtigung eines Umgangsrechtes hat der Unterhaltsverpflichtete auch überregionale Anstrengungen zu unternehmen, um einen Arbeitsplatz zu erlangen. Insoweit kann auch ein Wohnortwechsel zumutbar sein (vgl. Palandt-Diederichsen, BGB, 67. Aufl., § 1603, Rdnr. 35 ff., m.w.N.).
Gegenüber dem Kläger als minderjährigem Kind gilt zudem eine gesteigerte Unterhaltsobliegenheit. Den Beklagten als Vater trifft die Pflicht, alle verfügbaren Mittel heranzuziehen, um für den angemessenen Unterhalt seines minderjährigen Kindes aufzukommen. Seine Leistungsfähigkeit als Unterhaltsschuldner bestimmt sich nicht nach seinem tatsächlichen Einkommen, sondern nach den in zumutbarer Weise erzielbaren Einkünften. Der gesteigerte Unterhaltspflichtige muss zusätzliche Zugeständnisse bei den Arbeitsmodalitäten machen und zum Beispiel bereit sein, auch zu ungünstigen Zeiten, wie nachts, in den frühen Morgenstunden sowie an Wochenenden zu arbeiten. Die gesteigerte Arbeitspflicht verlangt eine Tätigkeit, deren Zeitaufwand den einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit entspricht. Auch die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Nebentätigkeit trägt der Unterhaltspflichtige. Seine Arbeitslosigkeit zwingt zu besonders intensiven Bemühungen um einen Arbeitsplatz. Hierbei kann für die Anstrengungen die Zeit aufzuwenden sein, die ein Erwerbstätiger für seinen Beruf aufbringt. Der Schuldner muss gegebenenfalls einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf nehmen und notfalls auch Beschäftigungen annehm...