Stillhalteklausel: Türkische Angehörige können ohne Sprachtest nachziehen
Eine türkische Staatsangehörige begehrte ein Visum zum Nachzug ihres in Deutschland lebenden Ehegatten. Nach § 30 Abs. 1 S.1 Nr. 2 AufenthG müssen nachzugswillige Ehegatten für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nachweisen, dass sie sich zumindest in einfacher Sprache auf Deutsch verständigen können.
Förderung der Integration durch Sprachtests?
Dieser im Jahr 2007 eingeführte Sprachnachweis sollte nach dem Willen des Gesetzgebers Zwangsverheiratungen bekämpfen und die Integration fördern. Doch gilt er auch für Türken?
Vorschrift wurde erst nach Inkrafttreten des Abkommens eingeführt
Nach dem kürzlich ergangenen Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Berlin ist dieses Spracherfordernis auf türkische Staatsangehörige nicht anwendbar. Das Gericht verwies dabei auf die sogenannte „Stillhalteklausel“, welche 1980 im Rahmen des Assoziationsratsbeschlusses mit der Türkei vereinbart wurde (Art. 13 ARB 1/80).
Diese Klausel verbietet die Einführung neuer Bestimmungen, welche nach deren Inkrafttreten die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie die Arbeitnehmerfreizügigkeit türkischer Staatsangehöriger beschränkt.
Härtefallregelung per Ministerialerlass unwirksam
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Juli 2014 (Urteil v. 10.07.2014, C-138/13) entschieden, dass der Sprachnachweis gegen die „Stillhalteklausel“ verstoße, wenn bei Nichterfüllung der Anforderungen das Visum automatisch versagt werde. Aufgrund dessen hatte das Auswärtige Amt im Wege eines Erlasses die Durchführung von Einzel- und Härtefallprüfungen angeordnet. Diese stehen nach Ansicht des Gerichts jedoch nicht im Einklang mit der strikten Regelung im Aufenthaltsgesetz. Eine Änderung könne daher, wenn überhaupt, nur durch Gesetz erfolgen. Das Gericht hatte es diesbezüglich offengelassen, ob der deutsche Gesetzgeber einen Sprachnachweis mit Härtefallregelung wirksam hätte treffen können.
(OVG Berlin- Brandenburg, Urteil vom 30.01.2015, OVG 7 B 22.14).
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