„Dr.“ im Leben, aber nicht im Tod
Es gibt viele Arten einen Doktortitel zu verlieren, es muss nicht immer ein Plagiat sein, ein Standesbeamter tut es auch. "Das war einmal" sagte das OLG Karlsruhe und wies das Begehren einer trauernden Witwe kühl zurück:
Nachdem ihr Ehemann im April 2009 in Karlsruhe verstorben war, mühte sie sich vergeblich um Eintragung des akademischen Dr.-Grades ihres Ehemanns im Sterberegister.
Gewohnheitsrecht auf Nennung der 2 Buchstaben?
Das angerufenen AG hatte allerdings zunächst ein Einsehen und verurteilte das Standesamt in Karlsruhe antragsgemäß zu einer Berichtigung des Sterbebuchs. Ebenso sah es das LG als Berufungsinstanz und begründete die Entscheidung so: Bei der Übernahme des akademischen Grades in das Sterbebuch handle es sich um eine zum Gewohnheitsrecht erstarkte ständige Übung der Standesämter.
Standesamt bleibt stur: Titel sind Schall und Rauch
Aber die Witwe hatte die Hartnäckigkeit des Standesamtes in dieser bedeutungsvollen Grundsatzfrage unterschätzt. Dieses bestand auf einer weiteren Klärung und legte Revision gegen die Entscheidung des LG ein.
Neuerungen im Personenstandsgesetz
Der OLG-Senat verwies zunächst auf die zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Neuerungen des Personenstandsgesetztes (PStG). Dieses sieht in § 31 PStG im Sterberegister nur noch die Eintragung der Kerndaten vor: Name, Ort und Tag der Geburt, Religionsgemeinschaft (auf Wunsch), letzter Wohnsitz, Familienstand, Todeszeitpunkt. Sinn der gesetzlichen Neuregelung ist nach Auffassung des OLG eine
- deutliche Straffung der Eintragungsdaten sowie
- ein erhöhter Schutz personenbezogener Daten.
Titel ist nicht Teil des Namens
Das Gericht verwies weiter auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1962, wonach der akademische Grad einer Person weder Bestandteil des Namens noch Bestandteil der Berufsbezeichnung ist (BGH, Beschluss v. 19.12.1962, IV ZB 282/62). In dieser Entscheidung hatte der BGH allerdings die Eintragung akademischer Grade in Personenstandsurkunden als Gewohnheitsrecht anerkannt.
Gewohnheitsrecht außer Kraft gesetzt
Diesem Gewohnheitsrecht wurde aber nach Auffassung des OLG-Senats durch das Personenstandsrechtsreformgesetz seit dem 1.1.2009 die Grundlage entzogen. Das Ziel des Gesetzes, die Eintragung in Personenstandsregistern auf die Kerndaten zu beschränken, würde nach Auffassung des OLG ausgehöhlt, wenn durch die Hintertür des Gewohnheitsrechts die Eintragung im Gesetz nicht vorgesehener Daten verfügt würde.
Dass der Gesetzgeber selbst diese Frage nicht ausdrücklich geregelt habe, ändere an dieser Auslegung nichts. Insoweit handle es sich um ein „beredtes Schweigen“ des Gesetzgebers, der das Ziel der Straffung und des Datenschutzes vornan gestellt habe.
Keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Diese Auslegung ist nach Auffassung der Richter auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Das im Hinblick auf Art. 12 GG geschützte Recht der freien beruflichen Außendarstellung werde nicht berührt, denn den Erben sei es unbenommen, den akademischen Grad dem Namen des Verstorbenen weiterhin hinzuzufügen.
Das Gleiche gelte für das durch Art. 2 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen. Das Sterberegister diene nämlich im wesentlichen dem behördeninternen Gebrauch bzw. zu Beweiszwecken im Rechtsverkehr. Dem akademischen Grad des Verstorbenen komme insoweit keine personenstandsbezogene Relevanz zu.
Widerspruch zu OLG Nürnberg: mit Doktortitel im Heiratsregister
Die OLG-Richter verkannten nicht, dass sie sich mit ihrer Entscheidung in Widerspruch zu einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung der Richterkollegen am OLG Nürnberg setzten. Diese hatten auch unter Berücksichtigung der Reform des Personenstandsgesetzes in zwei Fällen den Standesbeamten angewiesen, dem Namen des jeweiligen Antragstellers den akademischen Grad „Dr.“ im Heiratsregister voranzustellen (OLG Nürnberg Beschlüsse v. 17.03.2010, 11 W 229/10 u. v. 08.08.2012, 11 W 1282/12).
Das OLG Nürnberg hat nach Auffassung der Karlsruher Kollegen Sinn und Tragweite der Personenstandsrechtsreform verkannt. Da die dortigen Entscheidungen im übrigen das Heirats- und nicht das Sterberegister beträfen, müsse die Frage nicht nach § 28 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt werden. Der trauernden Witwe blieb jedenfalls ihr Wunsch auf Eintragung des akademischen Grades ihres verstorbenen Mannes ins Sterberegister versagt.
(OLG Karlsruhe, Beschluss v. 11.12.2012, 11 Wx 42/10).
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