Rechte von Samenspendern gestärkt

Biologisch gesehen sind Samenspender die Väter der mit Hilfe ihres Samens gezeugten Kinder. Dies hat nach einer Entscheidung des BGH auch rechtliche Konsequenzen, wenn der Samenspender Rechte als Vater geltend machen will.

Ein schwuler Samenspender aus Köln hat erfolgreich bis zum BGH um seine Vaterschaft gekämpft. Die lesbische Mutter und ihrer Lebenspartnerin wünschten sich ein Kind. Hierzu wollten sie aber nicht auf eine anonyme Samenspende zurückgreifen, vielmehr suchten sie den Vater, einen schwulen Mann, aus Ihrem Bekanntenkreis selbst aus. Dieser übergab der Mutter sein Samenmaterial in einem Gefäß. Die Insemination nahm die Mutter selbst vor und hatte hiermit Erfolg. Nach der Geburt des Jungen im Jahre 2008 suchte das lesbische Paar wiederum in seinem engeren Freundeskreis einen Mann aus, der die Rolle des gesetzlichen Vaters übernehmen sollte. Dieser erkannte die Vaterschaft an. Nunmehr überkamen jedoch den Erzeuger seinerseits Vatergefühle. Er focht die Vaterschaft des rechtlichen Vaters an.

Anfechtungsrecht ist an "Beiwohnung" gebunden

Das vom Kläger angerufene Familiengericht wies sein Begehren ab. Beim OLG war der Kläger jedoch erfolgreich. Der BGH bestätigte die zweitinstanzliche OLG-Entscheidung. Der Senat stellte auf die Vorschrift des § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ab. Hiernach steht dem Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter in der Empfängniszeit „beigewohnt“ zu haben, das Recht zu, die Vaterschaft des rechtlichen Vaters anzufechten. Der althergebrachte Begriff des „Beiwohnens“ bezeichnet zwar nach Auslegung der BGH-Richter einen konventionellen Geschlechtsakt, nach deren Auffassung ist aber eine Insemination auf andere Weise in den Begriff des Beiwohnens einzubeziehen. 

Verfassungskonforme Auslegung erforderlich

Der BGH verwies auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach dem biologischen Vater nicht grundsätzlich der Zugang zur rechtlichen Vaterschaft verwehrt werden darf. (BVerfG, Beschluss v. 9.4.2003, 1 BvR 1493/96 u. 1 BvR 1724/01). Daher dürfe nicht willkürlich danach unterschieden werden, ob der biologische Vater der Ehefrau in einem Geschlechtsakt beigewohnt habe oder ob die Insemination mit Hilfe einer Samenspende vorgenommen wurde. Eine unterschiedliche Behandlung dieser beiden Sachverhalte sei sachlich nicht gerechtfertigt. 

Ausschluss des Anfechtungsrechtes nur bei einvernehmlicher Regelung

Die Ausnahmeregel des § 1600 Abs. 5 BGB hielt der BGH-Senat im vorliegenden Fall nicht für einschlägig. Hiernach ist die Anfechtung der Vaterschaft ausgeschlossen, wenn das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt wurde. Maßgeblich ist in diesem Fall die Übereinkunft zwischen allen Beteiligten, dass die Mutter gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten bzw. Ehemann die Elternschaft für das Kind übernehmen soll. Ein solches Einvernehmen sei im anhängigen Fall aber gerade nicht gegeben. Bemerkenswert ist insoweit, dass § 1600 Abs. 5 BGB ein Einvernehmen zwischen gleichgeschlechtlichen „Eltern“ und dem Samenspender nicht vorsieht. 

In „Eigenregie“ durchgeführte Inseminationen kommen häufig vor

Die Entscheidung des BGH dürfte erhebliche praktische Auswirkungen haben. Wie seitens des Lesben- und Schwulenverbandes mitgeteilt wurde, ist die hier vorgenommene Art der Befruchtung bei schwulen und lesbischen Paaren nicht unüblich. Insoweit könnte es durchaus noch zu einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung der Frage kommen, ob der durch Einvernehmen mögliche Ausschluss des Anfechtungsrechts des biologischen Vaters bei heterosexuellen Paaren auch gleichgeschlechtlichen Paaren eingeräumt werden muss. Erst mit zunehmendem Alter des Kindes verliert die Anfechtungsmöglichkeit an Bedeutung, da gemäß § 1600 Abs. 3, 4 BGB das Anfechtungsrecht entfällt, wenn zwischen dem Kind und demjenigen, der die Vaterschaft anerkannt hat, eine familiär-soziale Beziehung entstanden ist.

(BGH, Urteil v. 15.5.2013, VII ZR 49/11)


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