OLG zur Teilnahme des Umgangsberechtigten an Einschulungsfeier
Das OLG Zweibrücken hat entschieden, dass der umgangsberechtigte Elternteil zur Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes nicht berechtigt ist, wenn im Fall des Aufeinandertreffens beider Elternteile auf der Einschulungsfeier mit dem Ausbruch von Feindseligkeiten unter Einbeziehung des Kindes gerechnet werden muss.
Trennung der Eltern mit erheblichen Konfliktpotenzial
Die Parteien des Umgangsstreits sind die miteinander verheirateten aber getrennt lebenden Kindeseltern. Die Trennung der Eltern war mit erheblichen Konflikten und einer daraus resultierenden Vielzahl von familiengerichtlichen Verfahren verbunden. Das Familiengericht hatte die elterliche Sorge für das Kind auf die Kindesmutter übertragen. Dem Vater wurde ein Umgangsrecht von 2 Stunden wöchentlich in Begleitung eines Mitglieds des Kinderschutzbundes zugesprochen. Sämtliche getroffenen Entscheidungen sind nicht rechtskräftig, sondern in diversen Beschwerdeverfahren anhängig.
Kindesvater will Teilnahme an Einschulungsfeier gerichtlich erzwingen
Im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens hatte der Vater den Wunsch geäußert, an der Einschulungsfeier seines Kindes teilnehmen zu dürfen. Die Kindesmutter lehnte ab und kündigte die Zuhilfenahme der Polizei an, sollte der Vater ohne Erlaubnis zur Einschulungsfeier erscheinen. Mit einem am 27.8.2021 beim OLG eingereichten Eilantrag beantragte der Kindesvater den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Inhalt, am 31.8.2021 an der Einschulung Feier seines Kindes teilnehmen zu dürfen.
Familiengericht kann Art und Umfang des Umgangsrechts Regeln
Das OLG lehnten den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. Der Senat stützte seine Entscheidung auf § 1684 Abs. 1 BGB. Im Rahmen des dort geregelten Umgangsrechts habe der Umgangsberechtigte zwar grundsätzlich das Recht zur Teilnahme an besonderen Ereignissen wie dem einer Einschulungsfeier des Kindes, gemäß § 1684 Abs. 3 und Abs. 2 BGB könne das Familiengericht Art und Umfang des Umgangsrechts aber näher regeln und gegebenenfalls einschränken, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich sei.
Feindseligkeiten der Eltern torpedieren das Kindeswohl
Dem Wohl des Kindes nicht dienlich wäre im konkreten Fall nach Auffassung des Senats ein Zusammentreffen der Eltern im Rahmen einer Einschulungsfeier, da diese Begegnung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Eltern führen würde. Eine solche Auseinandersetzung auf offener Bühne vor den anderen Schülern und deren Eltern sowie dem Lehrpersonal habe das Potenzial, sich zu einem traumatischen Ereignis für das Kind zu entwickeln. In früheren Verfahren habe der Kindesvater den Vorwurf erhoben, die Kindesmutter habe ihre Kinder sexuell missbraucht. Seither sei eine vernünftige Kommunikation zwischen den Kindeseltern nicht mehr möglich. Das Gericht selbst habe die Erfahrung gemacht, dass ein Aufeinandertreffen der Parteien zu sofortigen unkontrollierten verbalen Auseinandersetzungen führe.
Einschulung ist ein besonderes Ereignis im Leben eines Kindes
Das Gericht berücksichtigte aus Sicht des Kindes die Bedeutung einer Einschulung. Die Einschulung sei für jedes Kind ein besonderes Ereignis, das mit hohen Erwartungen verknüpft sei. Die besondere Gefühlslage eines Kindes sei in dieser Situation mit starken Emotionen wie Stolz, Vorfreude, Aufregung und Respekt verbunden. Eine Eskalation zwischen den Eltern auf einer solchen Feier mache die familiäre Belastungssituation für das Kind in dieser Situation besonders spürbar und könne zu erheblichen negativen psychischen Folgen für das Kind führen. Angesichts dieser begründeten Befürchtungen entspräche die Teilnahme des umgangsberechtigten Elternteils an der Einschulungsfeier nicht dem Wohl des Kindes und sei daher zu unterlassen.
(OLG Zweibrücken, Beschluss v. 30.8.2021, 2 UFH 2/21)
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