Versicherungsvermittler haften eher, wenn sie ihre Beratung nicht dokumentieren
Es ist einer der Klassiker der unseriösen Praktiken, die im Versicherungsbetrieb leider nach wie vor vorkommen: Einen Kunden zur Kündigung eines Lebensversicherungsvertrags zu bringen, um ihm eine neue Police bei einem anderen Versicherer zu verkaufen.
Wann müssen Vermittler ihren Kunden Schadensersatz leisten?
Dem Vermittler winken bei Kündigung von Altverträgen und anschließenden Abschluss von Neuverträgen dicke Provisionen. Dem Kunden drohen dagegen dicke Überraschungen in Form von wesentlich schlechteren Konditionen und hohen Kosten.
Günstigere Lebensversicherung gekündigt
Genau so ein Fall ist vor dem BGH verhandelt worden. Beklagter war ein selbstständiger Versicherungsvermittler, der für den Strukturvertrieb DVAG tätig war. Im Rahmen der Überprüfung des Versicherungsschutzes – einer gern verwendeten Formel von Vertriebsorganisationen – kam es zu folgender Konstellation:
- Der Kläger kündigte eine Lebensversicherung, die er 2004 abgeschlossen hatte und die bis 2034 laufen sollte.
- Stattdessen schloss er über die DVAG neue Versicherungen inklusive einer Lebensversicherung ab.
Kunde wollte vom schlechten Vertrag zurücktreten
Als der Kläger dann letztlich doch noch bemerkte, dass die neuen Versicherungen viel ungünstiger für ihn waren als die bisherigen, widerrief er die Verträge. Begründung: Er sei falsch beraten worden. So sei er vor dem Abschluss der neuen Lebensversicherung nicht auf folgende Nachteile hingewiesen worden:
- Wegfall der Steuerfreiheit
- höhere Versicherungsprämien wegen höheren Eintrittsalters
- erneut anfallende Abschlusskosten für den Versicherungsvertrag
- niedrigerer Garantiezins des neuen Versicherungsvertrags
Der BGH beschäftigte sich jetzt mit der Frage der Beweislast. Grundsätzlich ist das Berufungsgericht, das OLG Stuttgart, zutreffend davon ausgegangen, dass der Schadensersatz begehrende Kunde darlegen und beweisen muss, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflicht verletzt hat.
Vertreter hatte Beratung nicht dokumentiert
Der konkrete Fall weist jedoch eine Besonderheit auf: Der Vermittler hatte die Beratung nicht dokumentiert, so wie es § 61 Abs. 1 Satz 2, § 62 VVG vorschreibt. Dies könne zu einer Umkehr der Beweislast führen.
Gesetzgeber schreibt Beratung und Dokumentation vor
Durch die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Beratungs- und Dokumentationspflicht sollen dem Kunden die wesentlichen Inhalte der Beratung vor Augen geführt werden. Zudem soll er mit dem Protokoll in die Lage versetzt werden, seine Entscheidung zu überprüfen und den ihm sonst kaum möglichen Nachweis über den Inhalt der Beratung zu führen.
Vermittler muss Aufklärung beweisen
Fehlt die Dokumentation, muss der Versicherungsvermittler beweisen, dass er die notwendigen Hinweise zu den Folgen einer Kündigung und eines Neuabschlusses erbracht hat. Gelingt dem Vermittler der Beweis nicht, ist zu Gunsten des Versicherungsnehmers davon auszugehen, dass der Vermittler die Hinweise nicht erbracht hat und somit ein Beratungsfehler vorliegt. Dann haftet er.
(BGH, Urteil v. 13.11.2014, III ZR 544/13).
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