In Zeiten von Corona ist eine verlängerte Räumungsfrist zu gewähren
Das Amtsgericht Berlin-Mitte verurteilte den beklagten Mieter am 11. Dezember 2019 zur Räumung seiner Mietwohnung und setzte hierfür eine Frist bis zum 31. März 2020. Während des laufenden Berufungsverfahrens beantragte der Mieter eine Verlängerung der Räumungsfrist bis zum 30.06.2020, da er insbesondere aufgrund der Corona-Pandemie keine Ersatzwohnung anmieten konnte. Das Landgericht Berlin gab dem Antrag statt.
Angespannter Wohnungsmarkt und Corona - Mieter konnte keine Ersatzwohnung finden
Für den Erfolg des Verlängerungsantrages nach § 721 Abs. 3 S. 1 Alt. 1 ZPO sei es wesentlich, ob die im Urteil festgesetzte Räumungsfrist hinreichend lang bemessen sei, um dem Mieter die Anmietung einer Ersatzwohnung zu ermöglichen. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Es komme hinzu, dass der Senat von Berlin kürzlich Verordnungen zur Eindämmung des Corona-Virus in Berlin erlassen hat,
„die das öffentliche Leben in Berlin weitgehend beschränken und zum Erliegen gebracht haben“,
so die zuständige Kammer. Vor diesem Hintergrund sei es derzeit – zusätzlich zu dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Berlin- für einen zur Räumung verpflichteten Mieter überwiegend unwahrscheinlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen, einen Ersatzwohnraum zu finden. Wann dies wieder erfolgreich sein werde, sei ungewiss, für den zu entscheidenden Fall jedoch unerheblich, da die Verlängerung lediglich bis zum 30.06.2020 beantragt wurde.
Räumungsfrist wurde bis zum 30.06.2020 verlängert
Aufgrund der Beschränkung des öffentlichen Lebens seien gerichtliche Räumungsfristen nach § 721 ZPO derzeit grundsätzlich bis zum genannten Zeitpunkt zu erstrecken oder zu verlängern. Etwas Anderes könne nur ausnahmsweise dann gelten, wenn der Verbleib des Mieters in der Mietsache eine Gefahr für Leib und Leben begründen würde oder gleichrangige Interessen des Vermieters oder Dritter eine umgehende Räumung der Mietsache verlangen würden. Dies sei vorliegend jedoch nicht gegeben.
(LG Berlin, Beschluss v. 26.03.2020, I ZR 5/19).
Hintergrund: Corona-Sonderregelungen für Wohnraum und Gewerbemietverhältnisse
Deutliche Einschränkung des Kündigungsrechts für Miet- und Pachtverhältnisse: Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen wird empfindlich eingeschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Ursachenzusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung muss der Mieter glaubhaft machen. Von dieser Regelung kann nicht durch eine Individualabsprache zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Ausgeschlossen sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder Geschäftsraum handelt. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.9.2022.
Wichtig: Wegen Zahlungsrückständen, die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 eingetreten sind und die bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden.
Hinweis: Die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über Fälligkeit und Verzug werden hierdurch nicht berührt, auch nicht die allgemeinen Vorschriften zur Kündigung beispielsweise aus wichtigem Grund.
Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum 1.7.2020 bis längstens 30.9.2020 entstanden sind.
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