Revisionsbegründung unzulässig, weil in Vertretung vom Anwaltskollegen unterschrieben
Der Angeklagte war vom Amtsgericht / Schöffengericht Bielefeld wegen gewerbsmäßiger Untreue in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt worden. Die hiergegen vom Angeklagten eingelegte Berufung hat das Landgericht Bielefeld verworfen. Gegen das Berufungsurteil hat der Angeklagte zunächst mit Schriftsatz seines Verteidigers fristgerecht Revision eingelegt.
Gerade noch die Frist gewahrt
Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe war die Revisionsbegründung zwar rechtzeitig beim Landgericht Bielefeld eingegangen. Die Revisionsbegründung, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, war allerdings nicht vom Verteidiger Rechtsanwalt S, sondern von Rechtsanwalt D unterschrieben worden. In einem Zusatz zur Unterschrift heißt es:
„D Rechtsanwalt
für RA S, nach Diktat verreist“
Wer trägt die Verantwortung für den juristischen Inhalt?
Das OLG Hamm hielt die Revision für formunwirksam. Der Grund: Nach § 345 Abs. 2 StPO kann die Revision – abgesehen vom Fall der Erklärung zu Protokoll – nur durch eine von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichnete Schrift begründet werden. Dies ist zwar formal geschehen, indem die Revisionsbegründung von Rechtsanwalt D unterzeichnet wurde; jedoch muss aus der sprachlichen Fassung der Revisionsbegründungsschrift auch hervorgehen, dass der unterzeichnende Verteidiger oder Rechtsanwalt die volle Verantwortung für den Inhalt übernimmt.
Wer steht für die Begründung gerade?
Aus der Formulierung „für RA S, nach Diktat verreist“ ergibt sich laut Richterspruch zunächst eindeutig, dass Verfasser der Revisionsbegründung der Verteidiger Rechtsanwalt S und nicht der unterzeichnende Rechtsanwalt D gewesen ist.
Die Formulierung „für Rechtsanwalt S“ könne nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur dahin verstanden werden, dass Rechtsanwalt D als Vertreter unterzeichnet hat und die volle Verantwortung für den Inhalt der Revisionsbegründung gerade nicht übernehmen wollte, meinte das Gericht. Jedenfalls bestünden hieran erhebliche Zweifel. Deshalb verwarf es die Revision als unzulässig.
(OLG Hamm, Beschluss v. 26. September 2014, 3 RVs 72/14).
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