Über 5 Jahre zu Unrecht in Haft – Wiedergutmachung nicht mehr möglich
Horst Arnold war Biologielehrer an einer Schule in Reichelsheim im Odenwald. Er hatte offensichtlich Alkoholprobleme und verhielt sich gelegentlich „unangemessen“ - so der Vorsitzende Richter Dr. Christoph Trapp, der ihn damals verurteilte. Die Kollegin, die ihn der Vergewaltigung beschuldigt hatte, stand jetzt selbst vor Gericht und erhielt eine ähnlich hohe Freiheitsstrafe wie der von ihr zu Unrecht beschuldigte Lehrer.
Verhängung einer Freiheitsstrafe gegenüber einem Kollegen erwirkt
Nach Auffassung des Gerichts leidet sie unter einem „Hang zum Drama“ und hat mit erheblicher krimineller Energie durch erfundene Erzählungen die Verhängung der schweren Freiheitsstrafe gegenüber ihrem ehemaligen Kollegen erwirkt. Hierdurch habe sie sich der schweren Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft schuldig gemacht.
Abstruse Lebensgeschichten
Die Angeklagte war mehrfach verheiratet und ist nach ihren Äußerungen von sämtlichen Ehemännern misshandelt worden. Nach eigenen Angaben hat sie eine Fehlgeburt erlitten und ein Kind bei einem Autounfall verloren. Sie leidet angeblich wegen einer Krebserkrankung unter einem Hirntumor. Zusammen mit einem Freund hatte sie einen Pornoring aufgedeckt, worauf der Freund ermordet wurde. Ein weiterer Verlobter, der einen Kopfschuss erlitten hat, hat sie lange gepflegt bis er gestorben ist. Alles Geschichten, die die Angeklagte vor Gericht erzählte und für die es keine Belege gibt.
Für den psychologischen Gutachter zeigt sich hierin eine histrionische Persönlichkeitsstörung erheblichen Ausmaßes, eine Art Münchhausen-Syndrom. Hierdurch hat sie schon einigen Personen geschadet, allerdings keinem so wie dem verurteilten Lehrerkollegen.
Kurz nach der Rehabilitierung gestorben
Trotz Freispruchs im Juli 2011 konnte dieser eine Wiedereinstellung bei den Schulbehörden nicht erreichen und musste sein Leben als Hartz-IV Empfängern in einer Sozialwohnung fristen. Einem ehemaligen Kollegen hat er berichtet, mehrfach dem Suizid nahe gewesen zu sein. Für die Gefängnisstrafe erhielt er eine Entschädigung von 25 EUR pro Tag. Kurz nach Bestätigung seiner Unschuld durch das Landgericht Kassel im Juli 2011 fiel er im Alter von 53 Jahren mit einem Herzinfarkt tot vom Fahrrad.
Gericht bittet um Entschuldigung und zeigt viel Verständnis für fehlurteilende Richter
In ungewöhnlicher Deutlichkeit hat die Vorsitzende Richterin Bunk sich für das Fehlurteil bei den Angehörigen des Opfers entschuldigt. Angesichts der damaligen Beweislage, habe das Gericht seinerzeit aber nicht anders entscheiden können.
Diese Auffassung des Gerichts ist allerdings nicht unumstritten, da die Angeklagte auch damals schon als Zeugin bis ins Abstruse gesteigerte Belastungstendenzen gezeigt hat und der angebliche Tatort – das Biologiezimmer - stets für alle Lehrer frei zugänglich gewesen ist.
Kann so nicht stimmen
Obwohl die Angeklagte bis heute ihre Märchenerzählungen aufrecht erhält, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Vergewaltigung frei erfunden war. Die angeblich erlittene Analfissur sei eine glatte „Lüge“ gewesen, da sie erst Wochen nach der angeblichen Vergewaltigung auftauchte.
Wegen schwerer Freiheitsberaubung hielt das Gericht eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten für angemessen. Das Gericht betonte allerdings, es gehe hier nicht darum, mit einer ähnlich hohen Freiheitsstrafe wie im damaligen Prozess Rache an der Angeklagten zu üben. Die Höhe der Strafe stelle vielmehr eine tat- und schuldangemessene Reaktion der Rechtsordnung auf das seitens der Angeklagten verursachte Unrecht dar. Eine Wiedergutmachung sei nicht möglich, da dem inzwischen toten Lehrer die verlorenen Jahre nicht zurückgegeben werden könnten.
(LG Darmstadt, Urteil v.13.09.2013, 331 Js 7379/08).
Mittlerweile hat die verurteilte Lehrerin Revision eingelegt und gerät auch von anderer Seite unter Druck.Arnolds Tochter fordert von der Verurteilten 80 000 Euro: Sie hat am Landgericht Osnabrück eine entsprechende Schmerzensgeldklage eingereicht. Das Verfahren soll am 11. Oktober beginnen.
Hintergrund: Frauenbeauftragte leitet Wende ein
Eine leichte Ironie der Geschichte besteht darin, dass es ausgerechnet die Frauenbeauftragte des zuständigen Schulamtes war, die durch Einschaltung eines Berliner Rechtsanwalts, ihres Bruders, die Wiederaufnahme des Verfahrens die Wende zugunsten von Horst Arnold in dem Fall eingeleitet hatte.
Ihr war aufgefallen, dass die Angeklagte auch in anderen Fällen immer wieder Lügen aufgetischt und hierdurch andere Personen zu Unrecht in Misskredit gebracht hat. Die 77-jährige Mutter des Opfers bedankte sich besonders bei dem Rechtsanwalt Hartmut Lierow, der mit seiner Ausdauer die Rehabilitation ihres Sohnes erwirkt hat.
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