Kita-Kids werfen Steine auf parkendes Fahrzeug - Stadt haftet
Im Juni 2010 parkte der Inhaber einer ortsansässigen Firma sein Fahrzeug am Rande des Außenbereichs einer Kindertagesstätte und ging dann in das anliegende Gebäude. Auf dem Freigelände der Kita hielt sich u.a. eine Gruppe von acht Kindern auf, die von einer Erzieherin betreut wurden.
Folgenschweres Parken in der Nähe der Kindertagesstätte
Drei Kinder verließen die Gruppe und begaben sich in Richtung des Außenzaunes, der zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche durchlässig ist. Sie nahmen Steine in die Hand und warfen diese gegen das parkende Auto des Unternehmers. Dieser stellte dann nach Rückkehr insgesamt 21 Dellen am Fahrzeug fest.
Lückenlose Überwachung „auf Schritt und Tritt“ ist nicht möglich und nicht erforderlich...
Laut der Richter des OLG Koblenz in der mündlichen Urteilsbegründung, kann eine permanenten und lückenlose Überwachung der Kinder „auf Schritt und Tritt“ in einer Kita nicht gewährleisten werden. Diese sei auch nicht geboten.
...Einzelfall entscheidet über das Ausmaß der Aufsichtspflicht
Für die Frage der Aufsichtspflichtverletzung müssen immer die Besonderheiten des einzelnen Falles in den Blick genommen werden: Dazu gehören die
Eigenheiten der jeweiligen Kinder,
örtlichen Gegebenheiten und
Aufsichtssituation.
Die Beschaffenheit des Freigeländes (lockere große Kieselsteine, durchlässiger Zaun zur unmittelbar angrenzenden Parkfläche) stellten im speziellen Fall ein konkretes Gefahrenpotenzial für fremdes Eigentum dar.
Erzieherinnen haben „maschinengewehrartiges“ Prasseln der Steine nicht gehört
Wenn sich dann drei spielende Kinder aus ihrer Gruppe eigenmächtig in Richtung Zaun entfernen, dürfen diese nicht länger andauernd unbeobachtet bleiben. Ein Zeuge hatte angegeben, die Steine seien „wie bei einem Maschinengewehr“ auf das Auto geprallt. Die Erzieherinnen auf dem Außengelände hingegen hatten ausgesagt, nichts von alledem mitbekommen zu haben.
OLG sieht eine Verletzung der Aufsichtspflicht und verurteilte die Stadt zum Ersatz des Schadens – Beweislast ist in der Rechtsprechung umstritten
Zudem hat das OLG entschieden, dass in einem solchen Fall der Amtshaftung grundsätzlich die Kommune beweisen muss, dass die Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht erfüllt haben. Diese rechtliche Frage ist in der deutschen Rechtsprechung umstritten. Andere Obergerichte sehen den Geschädigten in der Pflicht, auch die Verletzung der Aufsichtspflicht beweisen zu müssen.
Das OLG hat wegen dieser Rechtsfrage die Revision gegen das Urteil zugelassen. Die Stadt Bitburg kann daher entscheiden, ob sie die Sache vor dem Bundesgerichtshof nochmals in der Revision überprüfen lassen will.
(OLG Koblenz, Urteil vom 21.6.2012, 1 U 1086/11).
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