Anspruch auf Behördenauskünfte nach neuem Vollstreckungsrecht für Altfälle?
Mit guten und aktuellen Auskünften über den Schuldner hat eine Zwangsvollstreckung deutlich mehr Aussicht auf Erfolg. Nach dem neuen Zwangsvollstreckungsrecht haben ein Gläubiger und auch der beauftragte Gerichtsvollzieher hier wesentlich "bessere Karten". Doch wie sieht es mit den nach altem Recht anhängigen Fällen aus?
Verbesserte Informationsansprüche
Gemäß dem durch das Zwangsvollstreckungsänderungsgesetz neu eingefügten § 802 l ZPO ist der Gläubiger berechtigt,
- beim Rentenversicherungsträger,
- beim Bundeszentralamt für Steuern oder
- beim Kraftfahrtbundesamt
Informationen zur Vermögenssituation des Schuldners einzuholen, wenn dieser entweder die Abgabe der Vermögensauskunft verweigert hat oder die im Vermögensverzeichnis angegebenen Vermögensgegenstände nicht geeignet sind, den Gläubiger zu befriedigen.
Eidesstattliche Versicherung nach altem Recht abgegeben
Nun stellt sich die Frage, ob diese für den Gläubiger vorteilhafte Regelung auch dann Anwendung findet, wenn der Schuldner keine Vermögensauskunft nach neuem Recht, sondern noch vor der Gesetzesänderung die eidesstattliche Versicherung nach altem Recht abgegeben hat und sich aus dem dortigen Vermögensverzeichnis keine Vollstreckungsmöglichkeiten für den Gläubiger ergeben. Kann der Gläubiger dann auf der Grundlage dieser eidesstattlichen Versicherung die Einholung von Drittauskünften verlangen?
Kann die eidesstattliche Versicherung nach altem Recht der Vermögensauskunft im Sinne des § 802 l ZPO gleichgestellt werden?
Dafür spricht, dass auch die eidesstattliche Versicherung nach altem Recht dem Auffinden von Vermögenswerten des Schuldners dient. Inhaltlich unterscheiden sich eidesstattliche Versicherung und Vermögensauskunft nicht. Lediglich die Voraussetzungen, unter denen die Abnahme der Vermögensauskunft verlangt werden kann, sind im Gegensatz zum alten Recht vereinfacht und reduziert worden. Es bedarf keines vorherigen Sachpfändungsversuchs mehr. Der Gesetzgeber hatte mit dem Reformgesetz das Ziel, die Informationsgewinnung für den Gläubiger zu optimieren.
Vor diesem Hintergrund ist nicht einzusehen, dass ein Schuldner, der kurz vor dem Inkrafttreten des Reformgesetzes noch nach altem Recht die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat in Bezug auf die Einholung von Drittauskünften besser gestellt wird als ein Schuldner, der nach dem 01.01.2013 die Vermögensauskunft nach neuem Recht abgegeben hat.
Gerichtsvollzieher sind zurückhaltend
Gleichwohl lehnen die Gerichtsvollzieher die Durchführung eines Vollstreckungsauftrages zur Einholung von Drittauskünften regelmäßig ab, wenn lediglich eine eidesstattliche Versicherung nach altem Recht vorliegt, die für den Gläubiger keine Vollstreckungsmöglichkeiten bietet. Gegen eine solche Ablehnung des Gerichtsvollziehers ist die Erinnerung nach § 766 Abs. 2 ZPO statthafter Rechtsbehelf. Vereinzelte Amtsgerichte, die bislang mit einer solchen Konstellation befasst waren, gaben den Gerichtsvollziehern jedoch Recht. Sie vertreten die Auffassung, dass eine frühere eidesstattliche Versicherung der Vermögensauskunft nicht in jedem Fall gleichgestellt werden kann.
Informationelles Selbstbestimmungsrecht des Schuldners zu beachten!
Nach Ansicht der Amtsrichter greifen Drittauskünfte erheblich in die geschützte Rechtsphäre des Schuldners ein. Insoweit wird darauf abgestellt, dass die Schuldner des alten Rechts anders als die des neuen Rechts nicht vorab auf die Möglichkeit der Einholung von Drittauskünften hingewiesen worden sind.
Zudem wird auf die Übergangsvorschrift in § 39 Nr. 4 EGZPO Bezug genommen. Durch diese Vorschrift wird für die Sperrfrist des § 802 d Abs. 1 ZPO die Gleichstellung einer eidesstattlichen Versicherung mit der Vermögensauskunft normiert. Für § 802 l ZPO wurde hingegen keine entsprechende Übergangsvorschrift geschaffen. Nach Auffassung der Amtsrichter liegt hier keine planwidrige Regelungslücke vor. Vielmehr habe der Gesetzgeber bewusst von einer Gleichstellung abgesehen, denn ansonsten wären zahllose alte Vermögensverzeichnisse nachträglich durch Drittauskünfte auf den Prüfstand gestellt worden. Dies sei nicht gewollt. Drittauskünfte sollen vielmehr nur im Zusammenhang mit einer aktuell geschuldeten Vermögensauskunft eingeholt werden können.
(AG Osnabrück, Beschluss v. 20.02.2013, 60 M 49/13; AG Bad Dürkheim, Beschluss v. 05.03.2013, M 306/13).
Hintergrund: Formulare des Bundesjustizministerium - ab 1.3. verbindlich
Das Bundesjustizministerium wurde ermächtigt, verbindliche Formulare für den Vollstreckungsauftrag einzuführen, auch für elektronisch übermittelte Aufträge. Das Bundesjustizministerium hat mit der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung vom 23.08.2012 (BGBl. 2012 Teil I Nr. 40, S. 1822) zunächst auf der Grundlage von § 758 a Abs. 6 und § 829 Abs. 4 ZPO folgende Formulare herausgegeben, die ab dem 01.03.2013 verbindlich zu verwenden sind:
- Antrag auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung,
- Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen gewöhnlicher Geldforderungen,
- Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen Unterhaltsforderungen.
Übergangsrecht
§ 39 EGZPO regelt die Bestimmungen für den Übergang vom alten auf das neue Recht. Ob altes oder neues Recht anzuwenden ist, entscheidet sich danach, wann der Vollstreckungsauftrag beim Gerichtsvollzieher eingegangen ist. Als Grundsatz gilt:
- Eingang beim Gerichtsvollzieher vor dem 01.01.2013: altes Recht
- Eingang beim Gerichtsvollzieher ab dem 01.01.2013: neues Recht
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