BVerwG zur gerichtlichen Überprüfung einzelner Klausurbewertungen
Durchgefallen – Was nun?
Viel Lärm hilft manchmal auch viel: Eine Studentin war in der ersten juristischen Staatsprüfung durchgefallen. Daraufhin legte sie Widerspruch gegen die Bewertung einer Hausarbeit und verschiedener Klausuren ein. Das Prüfungsamt gab diesem Rechtsmittel nur hinsichtlich der Hausarbeit statt; die Studentin bekam die Chance, eine neue Arbeit abzuliefern.
Aber auch diese bewerteten die Prüfer nur mit „mangelhaft“. Gegen den endgültigen Prüfungsbescheid wendete sich die hartnäckige Studentin wiederum mit einem Widerspruch und erhob schließlich Klage zum Verwaltungsgericht. Sie griff im Gerichtsverfahren nicht nur die Bewertung ihrer Hausarbeit, sondern auch die Bewertung ihrer alten Klausuren an.
Schlauer Schachzug
Ein schlauer Schachzug der für mangelhaft befundenen und damit verhinderten Juristin:
Nachdem Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof es abgelehnt hatten, die Klausurbewertungen zu überprüfen, bekam sie vor dem Bundesverwaltungsgericht Recht: Es teilte die Meinung der Vorinstanzen nicht. Die hatten es abgelehnt, die Klausurbewertungen zu überprüfen: Die Klägerin hätte gleich gegen den ersten Widerspruchsbescheid klagen müssen, anstatt erst das Ergebnis ihrer zweiten Hausarbeit abzuwarten. Der Widerspruchsbescheid sei damit bestandskräftig geworden. Und das verhindere die erneute Überprüfung der Klausurbewertungen.
Alles was gerügt wird, ist vom Gericht zu prüfen
Das Bundesverwaltungsgericht erteilte dieser Rechtsmeinung eine klare Absage: Einzelne Klausurbewertungen sind keine behördlichen Regelungen, die für sich genommen Bestandskraft erlangen können. Sie sind nur die rechtlich unselbstständige Basis für den verfahrensabschließenden Prüfungsbescheid, entschieden die Bundesrichter.
Daraus folgt: Wird der Prüfungsbescheid angefochten, muss das Gericht all diejenigen Klausurbewertungen prüfen, die der Prüfling rügt. Eine Entscheidung ohne Hintertürchen: Die Richter stellten klar, dass das auch gilt, wenn das Prüfungsamt die Änderung der in Rede stehenden Bewertungen in einem Widerspruchsbescheid bereits abgelehnt hat.
(BVerwG, Urteil v. 23.05.2012, 6 C 8.11),
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