Corona-Soforthilfe ist laut BGH-Beschluss nicht pfändbar

Bei der Corona-Soforthilfe handelt es sich um eine nicht pfändbare Forderung. Um den mit der Soforthilfe verbundenen Zweck zu erfüllen, ist der Freibetrag auf einem Pfändungsschutzkonto entsprechend zu erhöhen.

Die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Selbstständige hat bei den Vollstreckungsgerichten neue Fragen aufgeworfen.

Vollstreckungsregelungen im Gesetz nehmen keinen Bezug auf eine Corona-Soforthilfe

Im Gesetz ist beim Pfändungsschutz nur von Sozialleistungen und Arbeitseinkommen die Rede. Es muss daher zunächst einmal eingeordnet werden, um was es sich bei der Corona-Soforthilfe handelt. Ausweislich der Bewilligungsbescheide unterliegt die Soforthilfe einer Zweckbindung: Sie erfolgt ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie.

Die Soforthilfe dient insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 01.03.2020 im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie entstanden sind. Nicht umfasst sind vor diesem Zeitpunkt entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten. Ferner besteht ein Aufrechnungsverbot. Die Soforthilfe darf nicht mit bereits bestehenden Forderungen des Kreditinstituts verrechnet werden. Sollte am Ende des Bewilligungszeitraums festgestellt werden, dass die Finanzhilfe höher ist als der Umsatzausfall, dann ist der Berechtigte verpflichtet, die zu viel gezahlten Mittel zu erstatten.

Der Fall:

Ungeachtet dieser Zweckbindung konnte eine Empfängerin auf die ihr gewährte Soforthilfe nicht zugreifen, da ihr Konto mit einer Pfändung belastet war und die Bank die Auszahlung ablehnte. Ihr Antrag beim Vollstreckungsgericht, die bewilligte Soforthilfe vom Konto auszuzahlen, war in drei Instanzen erfolgreich. Der BGH stellte klar, dass es sich bei der Corona-Soforthilfe um eine nach § 851 Abs. 1 ZPO nicht pfändbare Forderung handelt.

BGH sieht die Corona-Soforthilfe als schutzwürdige zweckgebundene Forderung 

Danach ist eine Forderung nur pfändbar, wenn sie übertragbar ist. Dies ist gemäß § 399 BGB nicht der Fall, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann. Die Vorschrift erfasst u.a. zweckgebundene Forderungen, soweit der Zweckbindung ein schutzwürdiges Interesse zugrunde liegt.

Corona-Soforthilfe soll pandemiebedingte Liquiditätsengpässe überbrücken

Diese Voraussetzungen hat der BGH für die Corona-Soforthilfe bejaht, da es sich um eine freiwillige Leistung handelt, auf die kein Rechtsanspruch besteht und die der Abmilderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie dienen soll. Sie soll gerade nicht laufende Lebenshaltungskosten abdecken, sondern Liquiditätsengpässe überbrücken, die wegen der Covid-19-Pandemie entstanden sind. Der Empfänger der Soforthilfe hat die zweckentsprechende Verwendung zu verantworten und kann daher selbst entscheiden, welche Ausgaben in welcher Reihenfolge getätigt werden.

Corona-Soforthilfe einer Sozialleistung beim Pfändungsschutz gleichzustellen

Aufgrund dieser besonderen Zweckbindung ist es gerechtfertigt, die Corona-Soforthilfe einer Sozialleistung gleichzustellen und in entsprechender Anwendung des § 850k Abs. 4 ZPO den pfändungsfreien Betrag auf einem Pfändungsschutzkonto um den Betrag der gewährten Soforthilfe zu erhöhen.

Ob die Corona-Soforthilfe zu Recht gewährt wurde, ist irrelevant

Irrelevant ist, ob die Corona-Soforthilfe zu Recht gewährt wurde, denn eine unberechtigte Beihilfegewährung lässt die Zweckbindung nicht entfallen. Gegebenenfalls ist der Empfänger zur Erstattung der Soforthilfe verpflichtet. Keineswegs kann jedoch angenommen werden, dass ein Gläubiger auf eine unberechtigt gewährte Beihilfeleistung im Wege der Pfändung zugreifen kann.

(BGH, Beschluss v.10.3.2021, VII ZB 24/20).


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