Hamburger Maskenpflicht beim Joggen ist rechtmäßig
Ein joggender Hamburger Rechtsanwalt hat sich gegen das in der Freien und Hansestadt geltende Gebot, beim Joggen an Elbe, Alster und im Jenischpark an Wochenenden und Feiertagen eine Mundnasenbedeckung zu tragen, gerichtlich zur Wehr gesetzt und ist gescheitert.
Hamburger Anwalt möchte ohne Maske joggen
Gemäß §§ 8, 10b Abs. 1 der Coronaeindämmungsverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg (HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO) in der derzeit geltenden Fassung vom 26.3.2021 gilt in der Hansestadt u.a. für die Bereiche Alster, Elbe und Jenischpark sonnabends, sonntags und an Feiertagen in der Zeit von 10 bis 18:00 Uhr die Pflicht zum Tragen einer Mundnasenbedeckung. Ein Hamburger Rechtsanwalt fand die Bestimmung unverhältnismäßig und stellte bei Gericht einen Eilantrag auf Außervollzugsetzung.
Jogger rügt Verletzung von Freiheitsrechten
Der Anwalt machte geltend, infolge hohen Arbeitsdruckes komme er nur an Wochenenden und Feiertagen dazu, sich sportlich durch Joggen zu betätigen. Das Tragen einer Maske erschwere die Sauerstoffaufnahme beim Sport erheblich. Auch sein Blickfeld werde von der Maske erheblich eingeengt. Durch die in Hamburg geltenden Einschränkungen werde er in seinen Rechten aus Art 1 Abs. 1, 3, 11 und 12 GG verletzt.
- Die Maßnahme wirke sich negativ auf seine Berufsausübung aus, da er sich nicht mehr beim Laufsport uneingeschränkt entspannen könne.
- Außerdem beschränke die Maßnahme seine grundgesetzlich garantierte allgemeine Handlungsfreiheit.
- Auch sein Recht auf Gleichbehandlung werde verletzt, da die Maskenpflicht nicht für Fahrradfahrer, aus sachlich nicht gerechtfertigten Gründen aber für Jogger gelte.
Eilantrag beim VG erfolgreich
Vor dem VG hatte der Anwalt mit seinem Eilantrag zunächst Erfolg. Das VG bewertete die pauschale Maskenpflicht der §§ 8, 10b Abs. 1 HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO unabhängig von Wetter und der Zahl der Besucher in Grünanlagen als unverhältnismäßig und die entsprechende Bestimmung daher als rechtswidrig.
Hohe 7-Tage-Inzidenz in Hamburg
Das OVG kassierte den Beschluss des VG im Beschwerdeverfahren. Gemäß § 28 a Abs. 3 Satz 10 IfSG sei der landesrechtliche Verordnungsgeber bundeseinheitlich verpflichtet, bei einer landesweiten Überschreitung eines Schwellenwertes von über 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von 7 Tagen landesweit abgestimmte, umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Der Schwellenwert sei in Hamburg mit einer 7-Tage-Inzidenz von 141 bezogen auf den 31.3.2021 eindeutig überschritten. Hierauf habe der Verordnungsgeber zu Recht mit zusätzlichen Maßnahmen reagiert
OVG bewertet Maskengebot als voraussichtlich verfassungsgemäß
In Erfüllung der infektionsrechtlichen Verpflichtung zur Eindämmung der Pandemie ist nach Auffassung des OVG das Hamburger Maskengebot nach summarischer Prüfung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aller Voraussicht nach verfassungsgemäß. Das Gebot diene dem legitimen Zweck, innerhalb des dem Verordnungsgebers zustehenden Einschätzungsspielraums, das ihm Mögliche zu tun, die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen. Das gesetzgeberische Ziel, Leben und Gesundheit der Bevölkerung sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu schützen, rechtfertige die Einschränkung der vom Antragsteller geltend gemachten Grundrechtspositionen.
Maskenpflicht als geeignetes Mittel der Pandemiebekämpfung
Nach Auffassung des OVG ist die Maskenpflicht auch geeignet, zum gewünschten Erfolg der Pandemieeindämmung beizutragen. An Wochenenden und an Feiertagen seien Alster, Elbe und Jenischpark in Hamburg attraktive Orte der Freizeitbeschäftigung. Auch im Freien könnten sich nach Einschätzung des RKI gerade bei einer erhöhten Atemfrequenz infolge sportlicher Betätigung Aerosole über längere Zeit in der Luft halten. Ein Mund-Nasen-Schutz könne das Risiko einer Übertragung von Partikeln jeglicher Größe im unmittelbaren Umfeld einer infizierten Person deutlich reduzieren.
Maskengebot ist verhältnismäßig
Angesichts der zurzeit grassierenden besonders gefährlichen Virusmutationen ist nach Einschätzung des OVG die Einhaltung des Abstandsgebots allein nicht ausreichend, um eine Virusübertragung mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Aus diesem Grunde sei das zusätzliche Gebot einer Maskenpflicht an Orten und in Zeiten hoher Publikumsfrequenz ein probates zusätzliches Mittel zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr. Demgemäß sei das Maskengebot gemäß §§ 8, 10b Abs. 1, HmbSARS-CoV-2-EindämmungsVO im Ergebnis zumutbar und verhältnismäßig.
Ungleichbehandlung gegenüber Radfahrern ist gerechtfertigt
Eine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung gegenüber Fahrradfahrern besteht nach Auffassung des OVG nicht. Radfahrer bewegten sich typischerweise schneller als Jogger ohne vergleichbar schwer ein- und auszuatmen. Die Gefahr des Einatmens von durch Fahrradfahrer ausgestoßenen Aerosolen durch Dritte sei daher ungleich geringer als bei Joggern. Die Ungleichbehandlung sei daher sachlich gerechtfertigt.
Eilantrag zurückgewiesen
Im Ergebnis hob das OVG mit diesen Argumenten die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies den Eilantrag des Rechtsanwalts zurück.
(Hamburgisches OVG, Beschluss v. 1.4.2021, 5 Bs 54/21)
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