Trotz grober Hygienemängel in Restaurant keine Warnung an Bevölkerung zulässig?
Wer erinnert sich nicht mehr mit Schaudern an die Skandale mit Dioxineiern, Gammelfleisch und Analogkäse?
Sind wir durch damals gegen solche Schauerspeisen geforderte und umgesetzte Rechtsänderungen nun als Verbraucher und Verzehrer auf der sicheren Seite?
Der Gesetzgeber hat diese Lebensmittelpfuschereien zum Anlass genommen, eine Vorschrift ins Leben zu rufen, mithilfe derer die Behörden die Öffentlichkeit schnell und relativ unbürokratisch vor solchen gruseligen und vor allem gesundheitsschädlichen Lebensmitteln warnen kann: § 40 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs, kurz: LFBG.
Kontrolle in bayerischem Restaurant verschlug den Prüfern den Appetit
Doch wie weit geht das durch diese Norm gedeckte Veröffentlichungsrecht der Behörden? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich das Verwaltungsgericht Würzburg. Im Rahmen einer Kontrolle zur Lebensmittelüberwachung in einem bayerischen Restaurant stellten die Prüfer etliche Mängel in der Küche fest: So fanden sie schimmelige Himbeeren, eine ungenießbare inzwischen saure Pfifferlingsuppe, einen verschimmelten Ventilator, schmutzige verkrustete Töpfe und Pfannen, im Gemüseregal ein Gebilde, das aussah wie eine Wollsocke und viele weitere Ekligkeiten.
Auf Internetplattform des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit veröffentlichen?
Die zuständige Behörde leitete ein Bußgeldverfahren ein und teilte dem Restaurantinhaber mit, dass sie die Ergebnisse der Prüfung auf der Internetplattform des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit veröffentlichen werde. Sie berief sich dabei auf den oben genannten Paragrafen.
Der Inhaber habe gegen die Vorschriften der Lebensmittelhygieneverordnung verstoßen. Da deswegen ein Bußgeld von mehr als 350 EUR zu erwarten sei, sei sie verpflichtet, die Öffentlichkeit mit folgendem Text zu informieren:
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„Geplante Veröffentlichung: ...
Einstellende Behörde: Landratsamt …
Beanstandungen:
Mängel bei der Betriebshygiene/Reinigungsmängel, Inverkehrbringen von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln ...
Grund der Beanstandungen:
1. Mängel in der Betriebshygiene:
Kühlraum: Gemeinsame Lagerung von verdorbenen Lebensmitteln mit anderen zum Verzehr geeigneten, leicht verderblichen Lebensmitteln, Lagerung von offenen Behältnissen mit vorgekochten Lebensmitteln direkt auf dem Fußboden, unsachgemäße Lagerung von Frischfleisch im Fleischsaft in geöffneten Vakuumverpackungen,
Küche: Verschmutzte Speisetruhe, Lagerung von betriebsfremden Gegenständen (Wollsocke im Gewürzregal), altverunreinigte Töpfe und Pfannen
2. Vorrätighalten von nicht zum Verzehr geeigneten Lebensmitteln (verschimmelte Himbeersauce, sauere Nudeln und Pilzgerichte).
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Nur bei Bezug zu einem bestimmten Lebensmittel
Der Wirt wehrte sich mittels Einstweiliger Verfügung dagegen – mit Erfolg. Sowohl der Wortlaut des § 40a als auch die Gesetzesbegründung sprächen gegen dessen Anwendung in Fällen wie diesen: Ausgangspunkt und zentrales Element einer Veröffentlichung ist nach Wortlaut, Historie sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ein beanstandetes Lebensmittel (oder Futtermittel), auf das sich der hinreichende Verdacht eines Gesetzesverstoßes beziehen muss. Es besteht kein Anlass für die Annahme, dass die Norm darüber hinaus Veröffentlichungen über bestimmte Betriebe zulässt, bei denen allgemein Verstöße gegen hygienische Anforderungen festgestellt worden sind, solange und soweit kein Bezug zu einem konkreten Lebensmittel oder zu konkreten Lebensmitteln hergestellt ist. Und genau diesen Bezug hatte die Behörde im Veröffentlichungstext nicht hergestellt, urteilten die Würzburger Richter. Sie hatte neben den Hygieneverstößen nur allgemein auch Lebensmittel genannt.
Bayern muss Veröffentlichungspraxis überdenken
Die Richter rügten darüber hinaus generell die bayerische Veröffentlichungspraxis. Es entspreche nicht den gesetzlichen Vorgaben in § 40 LFGB, wenn auf der Internetseite des Landesamtes und in den amtlichen Hinweisen zum Vollzug der Vorschrift die Info steht, dass der Produktname nur gegebenenfalls anzugeben sei.
(VG Würzburg, Beschluss v. 12.12.2012, W 6 E 12.994).
Anmerkung: Für einen Verbraucher, der von den Folgen des Hygienemangels ernsthaft betroffen ist, mag diese feinsinnige Unterscheidung des Gerichts u.U. spitzfindig rüberkommen.
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