Gesetz zum Schutz der Prostituierten bringt Kondompflicht für Freier
Als Meilenstein in der Geschichte der Prostitution feierte die damalige Bundesregierung die Liberalisierung der Prostitution im Jahre 2002. Theoretisch wurden mit diesem Gesetz die Rechte der Frauen, insbesondere durch die neuen sozialversicherungsrechtlichen Möglichkeiten, gestärkt.
Missglückte Reform öffnete Verrohung des Rotlicht-Milieus Tür und Tor
Praktisch stiegen durch die Liberalisierung Zwangs- und Elendsprostitution sprunghaft an. Unter Insidern gilt Deutschland inzwischen als das größte Bordell Europas. Der Anteil der Prostituierten, die unter Zwang insbesondere aus dem osteuropäischen Ausland nach Deutschland verbracht werden, ist ebenfalls enorm gestiegen. Die Ermittlung genauer Zahlen ist allerdings schwierig.
Zuverlässigkeitsprüfung für Bordellbetreiber
Zum Schutz der Prostituierten sollen Bordellbetreiber sich künftig einer Zuverlässigkeitsprüfung unterziehen müssen. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig weist darauf hin, dass nur solche Bordellbetreiber zugelassen werden sollen, die nicht wegen schwerer Gewalt- und Menschenhandelsdelikte vorbestraft sind. Damit sollen die Frauen besser gegen körperliche Gewalt durch die Bordellbetreiber geschützt werden.
Kondompflicht für Freier
Für Freier soll eine Kondompflicht eingeführt werden. Bei Verstoß droht eine Strafe für den Freier. Eine Kondompflicht existierte bisher nur in Bayern und im Saarland. In Bayern führte dies dazu, dass bei einem Verstoß häufig die Sexarbeiterinnen mit einem Bußgeld belegt wurden, nicht aber die Freier. In Zukunft soll es umgekehrt sein und der Freier bestraft werden.
Damit will die Regierung das Selbstbestimmungsrecht der Prostituierten stärken und ihnen die Möglichkeit geben, ungeschützten Geschlechtsverkehr abzulehnen. Ob dies in der Praxis tatsächlich zu vermehrter Kondomnutzung führen wird, erscheint fraglich, denn die polizeiliche Überprüfung dürfte schwierig sein.
Würdeloser Flatrate-Sex wird verboten
Insgesamt soll das Prostitutionsgesetz dazu beitragen, die Würde der Sexarbeiterinnen zu stärken. Der in vielen Bordellen und Saunaclubs übliche Flatrate-Sex, der die Frauen in besonders erniedrigender Weise zum Objekt der männlichen Wünsche degradiert, soll verboten und der Verstoß hiergegen unter Strafe gestellt werden.
Medizinische Beratungspflicht aber kein Mindestalter
Der Union ist es nicht gelungen, sich mit ihrer Forderung durchzusetzen, ein Mindestalter von 21 Jahren für Prostituierte einzuführen. Der Koalitionspartner befürchtete, dass hierdurch unter einundzwanzig Jahre alte Prostituierte in die Illegalität gedrängt werden könnten. Im Gegenzug müssen Prostituierte, die noch nicht 21 Jahre alt sind, sich künftig halbjährlich medizinisch untersuchen und beraten lassen. Für über einundzwanzigjährige Prostituierte wird eine jährliche medizinische Beratungspflicht eingeführt.
Anmeldepflicht für Prostituierte
Nach dem Willen der Familienministerin sollen Prostituierte künftig verpflichtet sein, sich anzumelden. Die Anmeldung soll jeweils für ein Jahr gültig sein, so dass die Anmeldepflicht sich jährlich wiederholt. Voraussetzung für die Anmeldung ist die Vorlage einer Bescheinigung eines niedergelassenen Arztes oder des Gesundheitsamtes über die erfolgte medizinische Untersuchung und Beratung.
Die Zahl der betroffenen Sexarbeiterinnen ist unklar
Betroffen von dem neuen Gesetz wird eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Bevölkerungsgruppe sein. Nach Schätzungen der Frauenrechtlerin Alice Schwarzer sollen in Deutschland 700.000 Prostituierte tätig sein, andere Schätzungen gehen von 400.000 und 1.000.000 Sexualkontakten pro Tag aus. Diese Zahl legt auch das Statistische Bundesamt zu Grunde. Belastbare statistische Erhebungen existieren aber nicht. Die Soziologinnen Barbara Kavemann und Elfriede Steffan halten die Zahlen, die schon seit den 1980er Jahren kursierten, für völlig überzogen. Die tatsächliche Zahl sei deutlich geringer. Statistisch belastbar erforscht hat die Zahlen noch keiner.
Heftige Kritik von den betroffenen Prostituierten
Bei den Verbänden der Sexarbeiterinnen ebenso wie bei der Opposition stößt das Gesetzesvorhaben auf heftige Kritik. Das Gesetz enthalte viel zu viel Zwang. Die Meldepflicht für Prostituierte wird als datenschutzrechtlich problematisch angesehen und löse für die Betroffenen neue Gefahren aus. Der Berliner Sexarbeiterinnenverein „Hydra“ moniert, die vielfältigen rechtlichen Verpflichtungen nach dem neuen Gesetz würden eine große Zahl von Prostituierten zusätzlich in die Illegalität treiben. Das Gesetz bewirke damit das Gegenteil dessen, was die Politiker beabsichtigten. Der rechtliche Schutz für die Sexarbeiterinnen, der mit dem Gesetz bezweckt werde, würde im Verhältnis zur Ist-Situation geringer anstatt höher.
Profitieren erneut die Zuhälter?
Wie schon nach der Liberalisierung 2002 würden im Ergebnis die besonders zwielichtigen Geschäftemacher im Rotlichtmilieu profitieren und nicht die Prostituierten. Im März soll der Gesetzentwurf fertig sein.
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